Rund ums Handicap
Das erste Symposium zum Thema "Zahnärztliche Behandlung von Behinderten" setzte ein Zeichen. Unter der Schirmherrschaft von Kardinal Lehmann referierten namhafte Wissenschafter zu dieser Thematik und beleuchteten die derzeitige Situation auf nationaler sowie internationaler Ebene. Es wurde nicht nur der Istzustand verhandelt, sondern auch über verschiedene Formen von Behinderungen berichtet sowie richtungweisende Konzepte entwickelt.
Die Verbesserung der Mundgesundheit zum Ziel: (v.l.n.r.) Dr. Volker Holthaus, Prof. Dr. Dr. Egbert Machtens, Dr. Dietmar Oesterreich (BZÄK), Karl Kardinal Lehmann als Schirmherr, Prof. Dr. Peter Cichon, Dr. Dr. Jürgen Weitkamp (BZÄK).
Trotz fortgeschrittener prädiagnostischer Verfahren, wie der Genanalyse sowie verbesserten Ultraschallverfahren und mehr, werden heute immer noch 50 von 1 000 Kindern mit pränatalen oder perinatalen Schädigungen geboren. Das macht allerdings nur etwa fünf Prozent aller behinderten Patienten aus. Etwa 95 Prozent der Betroffenen haben ihre Behinderung erst im Laufe ihres Lebens durch Traumata, schwere Allgemeinkrankheiten (Meningitis und Ähnliches) oder andere iatrogene Einflüsse (wie Narkosekomplikation) erworben. Seit der Einführung des Pflegeversicherungsgesetzes (1995) ist gerade in der familiären Pflege etwas finanzielle Erleichterung eingetreten.
Dabei trägt ein Betrag von etwa 1 300 Euro (Höchststufe) eine Rundumpflege zwar nicht einmal ansatzweise, liefert jedoch einen Anteil an Anerkennung für dringend erforderlichen Mehraufwand und Materialien. Behinderte Patienten empfinden Schmerzen im Zahn-, Mund- und Kieferbereich genauso wie ein ansonsten gesunder Patient. Da aber ein Teil der Behinderten aufgrund ihrer motorischen Problematik nicht in der Lage ist, die orale Prophylaxe in dem erforderlichen Ausmaß zu betreiben, sind sie besonders für Zahnerkrankungen jeglicher Art anfällig. Insgesamt betrifft das etwa zwei Millionen Menschen, wobei die Datenlage schwierig ist.
BZÄK packt das Problem am Schopf
Dass eine zahnärztliche Behandlung auch bei eingangs nicht kooperativen Patienten durchaus möglich ist, beweisen heute immer wieder Zahnärzte, die sich auf die Behandlung Behinderter spezialisiert haben. Jeder zehnte Zahnarzt (in Deutschland etwa 6 000) beschäftigt sich intensiv mit der Behandlung der in der oben beschriebenen Form behinderten Menschen. Das sind einerseits viele, andererseits aber immer noch zu wenige Kollegen, die bereit sind, sich dieser Patientengruppe anzunehmen. Den aktuellen Handlungsbedarf sieht auch die Bundeszahnärztekammer, die aktuell zusammen mit der Universität Witten-Herdecke, der Berliner Charité und dem Bundesverband Deutscher Oralchirurgen ein umfangreiches Symposium in Berlin organisiert hat. Über 200 Teilnehmer aus der gesamten Bundesrepublik und den angrenzenden Nachbarstaaten kamen, um sich fachlich zu informieren, zu diskutieren und sich konstruktiv für die Umsetzung der Forderung nach mehr Verständnis und Engagement für die Mundgesundheit Behinderter einzusetzen.
So kann das Gebiss einer behinderten Patientin aussehen. Sie kommt seit 25 Jahren mindestens vier mal im Jahr zum Recall.
In direkter Folge zum Europäischen Jahr der Behinderten (2003) hatte Karl Kardinal Lehmann, Bischof von Mainz und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, die Schirmherrschaft der Veranstaltung übernommen, die damit nicht nur in politischer und standespolitischer, sondern auch in kirchlicher Hinsicht ein Zeichen setzte.
Konkrete Solidarität und Verantwortung gefordert
Der Kardinal berichtete, dass bereits im 19. Jahrhundert aufgrund staatlicher und kirchlicher Initiativen Anstalten für Behinderte gegründet wurden, um räumliche und organisatorische Strukturen zu bündeln. Diese einerseits positive Maßnahme hatte allerdings zur Folge, so der Kirchenvertreter weiter in seinem Statement anlässlich der Berliner Tagung, dass eine Isolierung der Patienten nicht ausblieb und damit für die Bevölkerung diese Patienten "nicht existierten". Es sei denn, der eine oder andere war in irgend einer Weise familiär betroffen. Ausgehend von den skandinavischen Ländern habe sich dann langsam eine Normalisierung vollzogen, so dass Menschen mit Handicap in vielen Ländern, zum Beispiel auch den Niederlanden, inzwischen zum Alltagsbild gehören. In Deutschland bilden integrative Kindergärten und Schulen jedoch heute immer noch Ausnahmekonzepte, die nur wenigen Privilegierten offen stehen. Mit der Berliner Veranstaltung wird, so Kardinal Lehmann, sicherlich das erste Mal in Deutschland ein bislang wohl zu sehr tabuisiertes Thema angesprochen und stellt die Probe aufs Exempel dar. Die Reformen im Gesundheitswesen geben dieser Thematik eine besondere Aktualität und Brisanz, wie sich auch anlässlich der Pressekonferenz, die von Vertretern der Tageszeitungen, von Rundfunk und Fernsehen sowie von diversen Behindertenverbänden besucht wurde, deutlich zeigte. "Warum werden wir immer diskriminiert?", stellt eine Teilnehmerin, selbst an den Rollstuhl gefesselt, ihre Frage an Dr. Hans-Jürgen Ahrens, Vertreter des AOK-Bundesverbandes aus Bonn. Sie berichtet, welche Schwierigkeiten heute ein Behinderter hat, die vom Zahnarzt geforderten Prophylaxetermine bezahlt zu bekommen. Prof. Dr. Peter Cichon, Mitinhaber der Borkener Praxis und Ordinarius der Abteilung für Behindertenbehandlung in Witten-Herdecke, dazu: "Ein stark behinderter Patient braucht seine vier Termine für die professionelle Zahnreinigung pro Jahr... dann können wir mit seinem Zahnzustand zufrieden sein!" Ralf, inzwischen 35 Jahre alt, strahlt in die Kamera und zeigt seine Zähne. Er hat gut Lachen, denn er hat ein tadelloses, kariesfreies Gebiss. Bei ihm wurde aber auch dieser enge Recall durchgeführt. "Wir bestellen unsere Patienten trotzdem weiterhin ein, wie sollen wir ihnen denn erklären, dass wir bei dem Verfahren drauflegen... wir können doch nicht jetzt das kaputt machen, wofür wir uns jahrelang eingesetzt haben!", argumentieren Cichon und Craword gegenüber den zm. Ahrens sieht das anders. Seiner Auffassung nach sichert die gesetzliche Regelung eine ausreichende Finanzierung gerade für die Behinderten-Zahn-Prophylaxe. Dass das aber nicht so ist, muss sich der Krankenkassenvertreter hier in Berlin von den Betroffenen und den anwesenden Zahnärzten sagen lassen. Er lenkt ein:
"Lassen Sie uns an anderer Stelle gemeinsam darüber reden... wir werden eine Lösung finden!" Ganz so zufrieden scheint Dr. Dr. Jürgen Weitkamp als Standesoberhaupt der Zahnärzteschaft nicht zu sein: "Worum es hier wirklich geht, ist doch, dass die Behindertenbehandlung aus der Gesamtvergütung herausgenommen werden muss!... Geben Sie uns mehr Leistung für unsere Behandlung frei, aber außerhalb der Gesamtvergütung!"
Organisation, Aufwand, hohe Kosten ...viel Wärme
Behindertenbehandlung in der normalen Zahnarztpraxis, das ist heute kein Problem. Wenn die organisatorischen Voraussetzungen stimmen, das heißt, eine Mitarbeiterin die Termine koordiniert und den "Draht" zu den Einrichtungen hält. Denn nicht selten werden Termine aufgrund von plötzlichen körperlichen Beschwerden der Patienten verschoben. Da muss schnell koordiniert und umbestellt werden. Der apparative Aufwand kann allerdings höher als in anderen Praxen sein. Einige Zahnärzte, die sich auf die Behandlung von Behinderten und immobilen Patienten spezialisiert haben, haben sich eigens eine mobile Einheit dafür angeschafft. In einigen Bundesländern halten die Kammern diese mobilen Geräte vor - wenn der Einsatz gut geplant ist und die Wege nicht zu weit, dann rentiert sich solch eine Investition auch. Plant ein Zahnarzt die Einrichtung einer Praxis, sollte er mit dem Architekten an die Rollstuhlfähigkeit der Behandlungs- und Sanitärräume denken. Auch ein Aufzug wäre im Haus sinnvoll. Denn "...wir wollen uns nicht immer herumtragen und herumschaukeln lassen...", so die sicherlich berechtigte Äußerung einer behinderten Pressevertreterin in Berlin. Die eigentliche Behandlung dauert immer länger, denn die Pausen, die zwischendurch zur Regeneration eingelegt werden müssen, sind doch anders als bei gesunden Patienten. In einer Universitätsklinik ist das zeitlich selten ein Problem, so haben viele Kliniken spezielle Sprechstunden für die Behindertenbehandlung eingerichtet, wie Dr. Imke Kaschke von der Charité in Berlin berichtete. Sie ist dort zuständig für den Großraum Berlin. Über 20 Patienten werden hier in der Borkener Praxis im Durchschnitt in der Woche zahnärztlich betreut. Die Behandlung reicht vom Milchgebiss bis zur Vollprothese. Der Einzugsbereich umfasst das Gebiet bis zur holländischen Grenze, Patienten aus dem Ruhrgebiet werden in Witten-Herdecke versorgt, die Universität Münster saniert vorwiegend die oralchirurgischen Fälle. Aber dem Pflegepersonal sowie den Angehörigen ist ein Anfahrtsweg von über 50 Kilometern nicht zumutbar. "Vorwiegend wählen wir die Morgen- und die Abendzeiten für die Behandlung", so die nette Dame von der Rezeption. Dann ist das Wartezimmer noch frei, und andere Patienten fühlen sich weniger gestört. Denn, wenn ein Betreuer mit drei oder vier meist geistig und körperlich Behinderten im Kleinbuss zu uns kommt, kann es schon mal laut werden. Viele dieser Patienten haben zusätzlich zu ihren anderen Gebrechen ein reduziertes Hör- und Sehvermögen. "Das macht sich dann in ihrer frequenten Kommunikation bemerkbar", so die Praxismitarbeiterin weiter. "Aber, wenn es einem mit wartenden Patienten dann doch mal zu laut wird, kann er sich bei uns in eine andere Ecke der Praxis zurückziehen. Dafür haben wir vorgesorgt." Auch die Zahnärztin Dr. Silke Donay arbeitet hier. Sie hat an der Universität Witten-Herdecke studiert und ist dort erstmals mit der Behandlung behinderter Menschen in Kontakt gekommen. "Das hat mir gefallen..., so kam ich hierher", strahlt die junge hübsche Zahnärztin im Gespräch mit den zm. Einmal pro Woche im Durchschnitt besucht ein "Stand-by-Anästhesist" die Praxis. Er kommt aus der medizinischen Sektion des Krankenhauses Witten-Herdecke. Dann werden besonders umfangreiche Sanierungen und Implantationen - wenn erforderlich - durchgeführt. Aber die meisten "Durchschnittsversorgungen" erfolgen ohne weitere medikamentöse Behandlung. Hier sedieren die Ruhe und das Einfühlungsvermögen sowie die Ansprache des Behandlers mehr als Metaxolam, was als Alternative zur ITN (Intubationsnarkose) bei problematischeren Patienten dann doch auf der Indikationsliste steht. Apropos Sedierung: Häufig reagieren behinderte Patienten paradox auf Benzodiazepine und andere Sedativa - häufiger, als es bei gesunden Patienten beschrieben steht. Das ist für den Zahnarzt eine sehr wichtige Information. Nicht selten muss gerade bei behinderten Patienten eine noch aufwändigere prothetische Versorgung durchgeführt werden, als im Normalfall. So auch bei Hedwig. Sie ist eine der "Stammpatienten" der Borkener Praxis. Die Patientin feiert in diesem Jahr ihren 50sten Geburtstag. Seit ihrer Geburt ist sie aufgrund einer Rhesusunverträglichkeit schwerst geschädigt. Neben einer starken geistigen Behinderung hat sie einen ausgepägten Spasmus, ist taubstumm und so gut wie blind. Durch die liebevolle Pflege in ihrer Großfamilie war auch ihre Mundgesundheit nicht so desolat, wie bei anderen Patienten, die hierher kommen. Vor etwa 15 Jahren wurde bei ihr noch eine Zahnbehandlung mit der Begründung "nicht behandlungsfähig" abgelehnt. Heute verhält sie sich auf dem Zahnarztstuhl fast wie jeder andere Patient. Vor genau zehn Jahren hat Hedwig dann aber doch einen festsitzenden Zahnersatz bekommen. Die zm berichteten darüber (zm 22, 16.11.1993 S. 26). Eine herausnehmbare Lösung wäre für ihre Situation unter Umständen lebensbedrohlich gewesen. Nicht selten aspirieren Patienten eine Klammerversorgung, die sich in Folge der stereotypen Spasmen von M. masseter und Kiefergelenk gelockert und schließlich gelöst hat. Der regelmäßige Recall bei Hedwigs fester Lösung hat nunmehr eines von zwei Implantaten bis heute überleben lassen. Das andere ging durch einen großen Abszess und eine starke Unterkieferatrophie verloren. Heute wird eine Brücke angepasst. "Eine herausnehmbare Lösung wäre bei dieser Patientin nicht angesagt, sie könnte sie verschlucken", so Dr. Craword.
Vorsichtig öffnet er der Patientin den Mund und wirkt mit seiner linken Hand dem Spasmus entgegen, der seine Aktion unwillkürlich verhindern will. Eine Helferin stabilisiert den Kopf der Patientin, die andere streichelt liebevoll ihre Hände. Hedwig weiß, was mit ihr geschieht, und scheint kooperativ. Bis zu dem Punkt, an dem sie nicht mehr kann. Der Zahnarzt bricht ab, lenkt die Patientin ab, spricht langsam und beruhigend auf sie ein. Die Betreuerin kennt das schon, sie weiß, dass Hedwig die Behandlung nicht blockiert, sondern ihre Erkrankung es einfach nicht zulässt, mehrere Minuten lang in derselben Körperhaltung zu verharren.
Dr. Imke Kaschke, Charité, empfiehlt besondere Hilfsmittel, die dem Pflegepersonal bei der Zahnpflege Behinderter und diesen selbst helfen.
Behinderte, egal, ob es sich um geistig, körperlich oder mehrfach behinderte Menschen handelt, sind durchaus in der Lage, zahnärztlich behandelt zu werden. Das erfordert wie in dem oben beschriebenen Fall allerdings großes Einfühlungsvermögen und eine gewisse Portion Geduld. Viele Unterbrechungen und eine Behandlung in kleinen Schritten können dann schließlich zum nachhaltigen Erfolg führen. Ein solches Procedere erfordert erklärlicherweise einen erhöhten Personalaufwand, um den Patienten zu fixieren und spontane Bewegungen auszugleichen, die unweigerlich zur Aspiration von Zahnersatz oder zur Behandlung notwendigen Materials führen könnten. Der Materialaufwand ist nicht selten höher, denn immer mal wieder landet ein Hilfsmittel auf dem Boden, das dann natürlich der Hygiene Willen erneuert werden muss.
Witten-Herdecke lehrt die Behandlung Behinderter
Die Behindertenbehandlung ist heute leider immer noch ein Stiefkind der Zahnheilkunde, wie sich auch der Präsident der Bundeszahnärztekammer Dr. Dr. Jürgen Weitkamp in Berlin ausdrückte. Trotz diverser Aktivitäten unterschiedlicher Organisationen und Initiatoren - vorbildliche Arbeit leistet hier seit Jahrzehnten die Konrad-Morgenroth-Fördergemeinschaft in Westfalen-Lippe -, die entweder durch einzelne stark engagierte Zahnärzte ins Leben gerufen wurden, oder aufgrund intensiver Bemühungen der einzelnen Zahnärztekammern der verschiedenen Bundesländer, wird der Zahnarzt in seiner Ausbildung nicht ausreichend auf die Behandlung von Patienten mit Behinderungen vorbereitet. Defizite in der Kenntnis der verschiedenen Erkrankungen (wie Gen-Defekte und mehr) sowie bei der psychologischen Ausbildung des Zahnarztes und seines Teams stellen für manchen Zahnarzt ein hohes Stresspotential dar. Hier muss schlichtweg in der Ausbildung ein Wandel vollzogen werden, denn es gibt heute und in naher Zukunft mehr behinderte Erwachsene denn je, deren Mundgesundheit doch ein wesentlicher Bestandteil für ihre allgemeine gesundheitliche Situation darstellen wird, darüber waren sich die Referenten in Berlin einig. Anders an der Privatuniversität Witten-Herdecke. Seit dem Wintersemester 92/93 fester Bestandteil im Curriculum, werden angehende Zahnmediziner umfangreich auf die Behandlung körperlich und geistig behinderter Patienten vorbereitet. Hierzu besuchen sie im siebten und achten Semester von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr jeden Samstag eine Vorlesung mit anschließendem Praktikum. Der Lehrplan umfasst sämtliche Aspekte der Behindertenbehandlung, wie Prothetik, Chirurgie, Konservierende Zahnheilkunde, Implantologie und die Kieferorthopädie. Und das alles unter besonderer Berücksichtigung der bei diesen Patienten besonders schwierigen hygienischen Aspekten und der damit verbundenen parodontalen Situation. Auch leiden diese Patienten nicht selten unter einer veränderten Immunsituation, was die Ausprägung von parodontalen Situationen erheblich verstärken kann. In einigen anderen Universitäten werden Studierende der klinischen Semester zur Assistenz bei der Behandlung behinderter Patienten herangezogen, meistens jedoch handelt es sich dabei dann um Sanierungen unter ITN. Wer hier in Witten-Herdecke als fertiger Zahnmediziner die Universität verlässt, ist gerüstet für die Situationen in der Praxis. ZA Leslie Craword berichtet aus seiner Klinikzeit: "Ich habe mich gewundert, dass in unserer Behindertensprechstunde, zu der Patienten aus dem gesamten Ruhrgebiet kamen, immer wieder einige Patienten nicht mehr erschienen. Bis ich auf einer Fortbildung einen ehemaligen Studenten traf. Er berichtete mir mit Freuden, dass er all diese Patienten aus unserer Sprechstunde in seine neue Praxis 'abgezogen' hatte. So etwas hören wir natürlich gerne!"
Packen wir es an
Dieses Vorbild begeisterte die anwesenden Teilnehmer. Denn, nachdem auch die Referenten aus den Niederlanden (hier führen Zahnärzte nach einer Zusatzausbildung eine Lachgasnarkose durch), Belgien und Skandinavien präsentiert hatten, wie in ihren Ländern die zahnmedizinische Versorgung vonstatten geht, wurde der Ruf laut, möglichst schnell auch in der Bundesrepublik veränderte Bedingungen zu schaffen. "Die Medizinische und zahnmedizinische Versorgung der betroffenen Patienten muss in die Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung nicht nur der Zahnärzte, sondern auch aller medizinischen Berufe integriert werden", so Dr. Dietmar Oesterreich in seinem Statement. "Wenn das Pflegepersonal unsere Bemühungen in der oralen Prophylaxe unterstützt, dann haben wir 'die halbe Miete'. Aber wer derzeit als Zahnarzt unter den aktuellen Bedingungen des budgetierten GKV-Systems Menschen mit Behinderungen zahnärztlich betreut, muss wegen des hohen Aufwandes mit Einkommenseinbußen rechnen. Das kann es doch nicht sein." Dieses bestätigt auch Dr. Volker Holthaus, Bad Segeberg. Er behandelt schon seit vielen Jahren in seiner Praxis behinderte Patienten, ursächlich motiviert durch seine Frau Maren, sie ist Sonderschulpädagogin. Er ist international mit diesem Ziel tätig und setzt sich als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für zahnärztliche Behindertenbehandlung im Berufsverband Deutscher Oralchirurgen für diese Belange ein. Bernhard und Ralf sind für heute fertig. Bernhard muss zum Ende der Woche noch einmal wiederkommen. Dann ist der Anästhesist da, unter Vollnarkose bekommt er dann seine neuen Zähne. Heute ist alles prima verlaufen. Beide machen beim Hinausgehen ihre Späßchen mit dem Praxispersonal.