Deutscher Zahnärztetag 2004 in Frankfurt
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
„Freiheit kann man mir zwar lassen aber nicht geben”. Diese Worte Friedrich Schillers geraten – auf schmalem Grat zwischen schwindendem Wohlstand und künftig zu erwartendem Mangel – in unserer Gesellschaft zunehmend in Vergessenheit.
Der nächste Deutsche Zahnärztetag findet in Frankfurt und dort mit seiner zentralen Veranstaltung in der Paulskirche statt, einem symbolträchtigen Ort für Freiheit und Verantwortung in diesem Lande. Wir haben allen Grund, die Öffentlichkeit in unsere Überlegungen zur Fortentwicklung eines Heilberufes und in unsere Sicht einer langfristig sinnvollen Gesundheitspolitik einzubeziehen. Das gelingt uns am ehesten, wenn wir uns nicht nur deutlich artikulieren, sondern dies auch in einer eindrucksvollen Gemeinschaft tun.
In der Zeit vom 10. bis 13. November dieses Jahres werden Bundeszahnärztekammer, Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung in Frankfurt am Main – mit der Landeszahnärztekammer Hessen als diesjährigem Gastgeber – gemeinsam aufzeigen, dass ZahnMedizinische Versorgung, zahnärztliche Ethik und gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein deutlich mehr erfordern als nur passives Umsetzen immer wieder neuer Gesetze und Verordnungen. Deutschlands Zahnärzteschaft hat in den zurückliegenden Jahren wiederholt bewiesen, dass sie aktiv und kontinuierlich an der Gestaltung des deutschen Gesundheitswesens mitwirkt. Hier liegt unsere gemeinsame ständige Herausforderung, der wir gerecht werden können. Und wir sind hier – trotz schwerer Zeiten – durchaus erfolgreich. Ob freiwillige Fortbildung, offensive Qualitätsförderung, Verbesserung der Mundgesundheit in der Bevölkerung, ob Neubeschreibung der präventionsorientierten Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde oder diagnoseorientiertes Festzuschusskonzept in Verbindung mit Kostenerstattung: Es sind in erster Linie Initiativen der Zahnärzteschaft, der Mut zum Durchdenken und Konzeptionieren neuer Wege, die im politischen Entwicklungsprozess von Ablehnung über kontrovers geführte Debatten bis zur Akzeptanz letztendlich zur Bewegung in der Gesundheitspolitik geführt haben. Diese Bewegung gilt es durch neue, der aktuellen Entwicklung anzupassende Maßgaben, aber auch durch konstruktive und kontinuierliche Beharrlichkeit voranzutreiben.
Was für unsere Patienten selbstverständlich ist – das Vertrauen in die intakte Beziehung zu ihrem Zahnarzt –, muss im gesellschaftspolitischen Entwicklungsprozess ständig wieder neu erarbeitet werden. Wer sich Freiheiten erhalten will, braucht das Vertrauen der Gesellschaft, in der er sich bewegt. Es sind unser Auftreten, unsere Seriosität, unser Beitrag für die Gesellschaft, die uns die gewünschten Freiräume ermöglichen, die unsere Freiheit als Freiberufler verteidigen.
Ganz bewusst findet der zentrale Festakt des diesjährigen Zahnärztetages in der Frankfurter Paulskirche statt. Der Ort, an dem 1848 die erste Deutsche Nationalver- sammlung durchgeführt wurde, die Kirche, in der die erste frei gewählte Volksvertretung zusammenfand, gilt heute als „Wiege“ unserer Demokratie. Der damalige Sitz der oft als „Professoren-Parlament“ bezeichneten ersten demokratischen Versammlung vor über 150 Jahren bietet Zusammenkünften freiheitlich und demokratisch motivierter Menschen eine passende Tradition.
Deutschlands Zahnärzteschaft wird in diesem Jahr in der Frankfurter Paulskirche inmitten der gesundheitspolitisch bewegten Zeiten Zeichen zu setzen versuchen. Deutschlands Zahnärzteschaft sieht sich mit allen Aktivitäten dieses deutschen Zahnärztetages in der Tradition demokratisch freiheitlichen Denkens.
Ob Bundesversammlung, Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, oder das Angebot von Fortbildungsaktivitäten – der Zahnärztetag zeigt auf, dass sich Zahnärzte verantwortlich fühlen, nicht nur für ihre Patienten, nicht nur für den eigenen Berufsstand, sondern in Anlehnung an Friedrich Schillers Worte auch für die Freiheit des Einzelnen in unserer Gesellschaft.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich lade Sie alle zum diesjährigen Deutschen Zahnärztetag in Frankfurt am Main herzlich ein.
Ich hoffe, dass – neben den von Ihnen gewählten Delegierten und offiziellen Vertretern zahnärztlicher Organisationen – möglichst viele von Ihnen den Weg nach Frankfurt finden. Nicht nur um sich fortzubilden, nicht nur um zu debattieren, sondern auch, um nach außen zu zeigen, welchen Wert wir auf diese Freiheit legen und was wir dafür zu tun bereit sind.
Mit freundlichem Gruß Ihr
Dr. Dr. Jürgen WeitkampPräsident der Bundeszahnärztekammer