Europawahl 2004

Zehn auf einen Streich

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Ein echter Superlativ steht an: Die sechsten Wahlen zum Europäischen Parlament am 13. Juni 2004 werden die bisher größten in der europäischen Geschichte. Die erweiterte Europäische Union hat 25 Mitgliedstaaten mit 455 Millionen Einwohnern. 342 Millionen davon sind wahlberechtigt. Für das Europaparlament in Straßburg werden 732 Mandate vergeben. Dafür werden 99 Abgeordnete in Deutschland gewählt. Deutschland bestimmt mit 18 Prozent der Bevölkerung 12,2 Prozent der EUMandate. Allein in unserem Land sind 63,3 Millionen Bürger wahlberechtigt (zwei Millionen EU-Bürger und 61,6 Millionen Bundesbürger). 4,1 Millionen davon sind Erstwähler. Über 20 Sprachen werden im Parlament nach der Erweiterung gesprochen.

Viele Bürger sind sich zwar bewusst, dass aus den europäischen Institutionen wichtige Entscheidungen kommen, aber wie sich diese letztlich gestalten und welche Ausmaße dahinter stecken, bleibt vielmals unklar. Europäische Politik besteht in der öffentlichen Wahrnehmung aus Regulierungsvorschlägen der EU-Kommission und medienwirksamen Gipfeltreffen der nationalen Regierungschefs, wie die Stiftung Marktwirtschaft kürzlich trefflich formulierte (Argument Nr. 85, April 2004).

Die Europawahl und die fast zum Abschluss gebrachte Arbeit des Europäischen Konvents an dem neuen europäischen Verfassungsentwurf werden der Entwicklung eine neue Dynamik bringen.

Der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Dr. Dr. Jürgen Weitkamp, begrüßt diese Dynamik sehr (siehe dazu auch den Leitartikel im Heft). „Das erweiterte Europa ist ein historisches Ereignis erster Güte. Und mit der Wahl sowie mit der neuen Verfassung werden wir neue Impulse für den europäischen Einigungsprozess bekommen. Liberalität, mehr Marktwirtschaft und mehr Wettbewerb – dies alles sind Prozesse, die für uns als Heilberufler große Chancen beinhalten.“ Dennoch sieht der Präsident neben den Chancen auch Risiken und vor allem viele offene Fragen. „Wir Zahnärzte müssen darauf gefasst sein, uns auf Veränderungen einzulassen – in unserem Berufsstand genauso wie im Gesundheitswesen allgemein. Tradierte Strukturen stehen auf dem Prüfstand.“ Ganz aktuell wird zum Beispiel auf europäischer Ebene der Sinn des Kammerwesens einer Prüfung unterzogen. Hier zeigt sich Weitkamp zuversichtlich: „Das deutsche Kammersystem hat Vorbild-Charakter für Europa“. In einem Schreiben zum 1. Mai hieß der BZÄK-Präsident die Präsidenten der Zahnärztekammern der EU-Beitrittsländer willkommen: „Ich hoffe, dass wir die guten Beziehungen zwischen unseren Ländern und Organisationen durch die gemeinsame Zugehörigkeit zur jetzt großen EU noch vertiefen werden. Ich bin mir sicher, dass wir uns auf beiden Seiten auch der großen Verantwortung bewusst sind, die zahnärztliche Versorgung der jeweiligen Bevölkerung in guter Qualität und auf hohem Niveau sicherzustellen und weiter zu fördern.“

Der Bereich des Gesundheitswesens insgesamt wird sich also auf neue Entwicklungen einstellen müssen. Es ist damit zu rechnen, dass sich die sozialen Sicherungssysteme immer weiter angleichen. Mit diesen Fragen beschäftigt sich auch Dr. Andreas Bergner, Zahnarzt aus Koblenz, in seiner politischen Arbeit. Er ist Spitzenkandidat der CDU Koblenz und anlässlich der Europawahl auf der Landesliste Rheinland-Pfalz aufgestellt. Er rechnet für das deutsche System langfristig mit Veränderungen.

Offene Methode der Koordinierung

Die Europäische Kommission macht von Brüssel aus zunehmend Druck. Ziel ist es, Europa bis zum Jahr 2010 zur wettbewerbsstärksten Region der Welt zu entwickeln. Zur Umsetzung muss unter anderem der Binnenmarkt liberalisiert werden. Als zusätzliche Maßnahme hat der Europäische Rat von Lissabon im März 2000 die so genannte Offene Methode der Koordinierung (OMK) eingeführt (siehe Bericht in zm 9/2004, Seiten 24 bis 25), zunächst im Bereich Beschäftigung und seit kurzem im Bereich Sozialpolitik.

Nach der Offenen Methode der Koordinierung einigen sich die Mitgliedstaaten auf gemeinsame politische Ziele und Indikatoren und legen in regelmäßigen Abständen Berichte über ihre nationalen Strategien vor, die anschließend von Kommission und Rat ausgewertet werden. Die OMK soll die Mitgliedstaaten unterstützen, ihre jeweilige Sozialpolitik im Licht der vereinbarten Ziele zu bewerten, hieran auszurichten und – falls notwendig – Verbesserungen vorzunehmen (Best-practise-Vergleich anhand von Benchmarks). In absehbarer Zeit soll die OMK auch im Bereich Gesundheitswesen gelten. So sehr dieses Konzept auf den ersten Blick im Bereich Beschäftigung Sinn macht, so sehr steckt aber auch die Tücke im Detail, gerade, was das Gesundheitswesen betrifft. So dürfte es äußerst schwierig sein, sämtliche EU-Länder mit den unterschiedlichen beitrags- und steuerfinanzierten Systemen über einen Kamm zu scheren, da die Versorgung sehr unterschiedlich ist. Das gilt ganz besonders für die Gesundheitssysteme der neuen Beitrittsländer. Die hier auftretenden Probleme dürften zum jetzigen Zeitpunkt vorerst nur schemenhaft zu erkennen sein.

„Die offene Methode der Koordinierung wird die Methode der Zukunft sein“, prognostiziert die CDU-Bundestagsabgeordnete und Europaexpertin Prof. Dr. Susanne Tiemann. „Sie führt einen Paradigmenwechsel in der Gesetzgebungsmethodik ein.“ Überall dort, wo Kompetenzen auf nationaler Ebene fehlten, werde diese Methode greifen. Das hebele längerfristig das Subsidiaritätsprinzip aus. Auch in Deutschland werde man – obwohl man sich anfangs gesperrt habe – diese Entwicklung zähneknirschend akzeptieren müssen, zumal der neue Verfassungsentwurf die OMK vorsehe. Die Auswirkungen für die Freien Berufe seien allerdings nur mittelbar.

Wohlstandsgrenze

Zunächst geht der Blick gen Osten, in die neuen Beitrittsländer. Dort, wo früher der Eiserne Vorhang verlief, liegt heute eine Wohlstandsgrenze. Schätzungsweise 285 000 Ärzte in den zehn neuen EU-Ländern werden auf längere Sicht noch unter teilweise sehr bedrückenden wirtschaftlichen Bedingungen arbeiten müssen, beschreibt zum Beispiel die Ärzte-Zeitung (30. 4. / 1. 5. 2004). Die Folge: Ärzte und Patienten werden mobil und für beide bietet die Migration Chancen und Risiken. Zu rechnen ist mit der Abwanderung von Ärzten aus Osteuropa in die „alten“ EU-Länder, sowie mit der verstärkten Abwanderung von Patienten zu vermeintlich preiswerteren Behandlungen in den Osten.

Beides muss relativiert betrachtet werden, aber die Sorge vor einer vermeintlichen Ärzte- und Patientenschwemme in Deutschland scheint übertrieben. Ärztepräsident Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe erklärte in der Ärzte-Zeitung: „Für ein Bedrohungsszenario, wie es vor der Süderweiterung der EU in den 80er Jahren diskutiert wurde, gibt es keinen Anlass.“ Probleme gebe es eher in den Beitrittsländern. Eine Vielzahl von qualifizierten Ärzten, Krankenschwestern und Therapeuten verließen aus wirtschaftlichen Gründen ihre Heimat. Die Folge: Mangel im eigenen Land. Was dies bedeute, habe das Beispiel Ostdeutschland gezeigt. Der zunehmende Ärztemangel in den neuen Bundesländern stelle die Regionen vor besondere Probleme, und hier werde bereits nach qualifiziertem Personal aus den mittel- und osteuropäischen Ländern gesucht.

Gesundheitstourismus hält sich in Grenzen

Was den so genannten Patiententourismus betrifft, ist noch alles offen. Niemand weiß, wieviele Patienten tatsächlich in die Beitrittsländer fahren werden, um sich dort behandeln zu lassen. Die Entwicklung muss man abwarten. Sicherlich dürften Sprachbarrieren und die vertrauensvolle Arzt-/Patienten-Beziehung vor Ort Gründe sein, keine Massenwanderungen erwarten zu lassen.

In den grenznahen Bereichen des „alten“ Europas findet in etlichen Regionen bereits eine rege Inanspruchnahme von ärztlichen und zahnärztlichen Dienstleistungen statt, dank der liberalen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur grenzüberschreitenden Kostenerstattung bei ambulanten Behandlungen. Die Zahnärzteschaft stehe dieser Entwicklung grundsätzlich positiv gegenüber, betont Dr. Wolfgang Sprekels, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer. Die BZÄK habe sich immer schon gegen eine Abschottung der Märkte und für die Liberalisierung und Erweiterung des Wettbewerbs ausgesprochen. Der Vorstand der BZÄK habe bereits 1998 Eckpunkte aufgestellt, um die Freizügigkeit der Patienten und die Dienstleistungsfreiheit der Zahnärzte im Sinne der EuGH-Rechtsprechung zu unterstützen. Sprekels weiter: „Wir empfehlen eine koordinierte Weiterentwicklung der nationalen Gesundheitssysteme nach dem Versicherungsprinzip mit Kostenerstattung und Festzuschüssen.“

In punkto Patientenmobilität hat die EUKommission jetzt einen weiteren Schritt getan. Am 21. April hat sie eine Mitteilung zur Verbesserung der Patientenmobilität angenommen. Sie enthält konkrete Vorschläge zur Umsetzung grenzüberschreitender Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen, die von der so genannten Hochrangigen Expertengruppe (Vertreter der Gesundheitsministerien der Mitgliedstaaten) erarbeitet wurden.

Im Rahmen des EU-Beitritts hat in den Medien das Thema „Zahnbehandlung in den neuen EU-Ländern“ aktuell für Schlagzeilen gesorgt. Hier hat die KZBV in ihrem jüngsten Positionspapier vor einem unüberlegten Zahntourismus in die neuen Länder gewarnt (siehe Kasten). Der Kostenvorteil bei aufwändigeren Therapien sei zwar verlockend, aber wenn eine Nachbesserung erforderlich sei, könne die hiesige Nachsorge ganz schnell teuer werden, denn der deutsche Zahnarzt könne diese nicht zum Nulltarif anbieten, betonte der amtierende KZBVVorsitzende Dr. Jürgen Fedderwitz.

Heilberufler auf Trab

Drei Bereiche auf EU-Ebene werden gerade im Rahmen der EU-Erweiterung und nach der Europa-Wahl die Heilberufler auf Trab halten und damit die standespolitische Arbeit in Brüssel prägen. Es handelt sich um:

• die Dienstleistungsrichtlinie,

• die Richtlinie zur Anerkennung von Berufsqualifikationen,

• den Bericht über den Wettbewerb der freiberuflichen Dienstleistungen („Monti-Initiative“).

Prof. Dr. Burkhard Tiemann, Geschäftsführender Direktor des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) und Vorsitzender des Wissenschaftlichen Consiliums der BZÄK, formulierte es anlässlich des Tages des Freien Berufe am 5. Mai in Berlin so (siehe auch den nachfolgenden Bericht): „Sowohl die neue Dienstleistungsrichtlinie als auch der Richtlinienvorschlag zur Anerkennung von Berufsqualifikationen stellen die Freien Berufe und insbesondere die Heilberufe vor neue Herausforderungen. Insbesondere die Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission unterstellt bei den Freien Berufen eine Regelungsdichte, die in keinem Verhältnis zur wirtschaftlichen und technischen Entwicklung steht.“

Am 13. Januar 2004 hatte die Europäische Kommission ihrenRichtlinienvorschlag über Dienstleistungen im Binnenmarktvorgelegt (siehe zm 7/2004, Seite 28). Damit beabsichtigt die Kommission den Abbau administrativer und bürokratischer Hindernisse im Binnenmarkt, um grenzüberschreitende Dienstleistungen und die Gründung von Niederlassungen in anderen Mitgliedstaaten problemlos zu gestalten. Es geht um die Stimulierung des Wettbewerbs, um für die Nutzer der Dienstleistungen eine bessere Qualität, größere Auswahl und niedrigere Preise zu erzielen. Die Richtlinie gilt für sämtliche Dienstleistungen, insbesondere auch für die Heilberufe, und soll ab der nächsten Legislaturperiode in Kraft treten.

Aus Sicht der Zahnärzteschaft und der Freien Berufe gilt der Vorschlag grundsätzlich als positiv. Die Prinzipien der Selbstverwaltung und Selbstregulierung werden anerkannt und die Mitwirkung der Berufsverbände wird festgeschrieben. Das bezieht sich unter anderem auf Maßnahmen zur Qualitätssicherung und die Erarbeitung europäischer Verhaltenskodizes.

Einige Punkte bleiben jedoch problematisch. Dazu gehört vor allem das so genannten Herkunftslandprinzip als Ausgangsbasis für Regelungen zur vorübergehenden grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen. Danach sollen für den Anbieter allein die Vorschriften desjenigen Landes gelten, in dem er niedergelassen ist. Mit anderen Worten: Man nimmt die Regeln aus dem Land mit, aus dem man kommt.

Das werde von den Vertretern der Heilberufler unisono als inakzeptabel erachtet, da dies die Belange der Ärzte und ihrer Patienten nicht genügend berücksichtige, erklärt Dr. Wolfgang Sprekels. Käme die neue Regelung, so bliebe es dem Patienten überlassen, sich über die Qualifikation des Arztes aus dem Ausland ein Bild zu machen. Dies schade letztlich dem Vertrauen in den Berufsstand. Als besonders erfolgreich sieht Sprekels die gemeinsame und koordinierte Vorgehensweise aller Freien Berufe und der europäischen und nationalen Heilberufler in Brüssel an. „Synergieeffekte zu erzielen ist wichtig, um gemeinsame Ziele umzusetzen”, erklärt er. Die Bundeszahnärztekammer ist über ihr Brüsseler Büro ständig am Puls des Geschehens und eingebunden in alle wichtigen Prozesse und Entscheidungsfindungen. So wird zum Beispiel Dr. Véronique Pellegrain, die Rechtsberaterin des französischen Zahnärzteverbandes CNSD, den Zahnärztlichen Verbindungsausschuss zur EU (ZÄV) anlässlich der Anhörung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur Dienstleistungsrichtlinie vertreten. Berichterstatter für den Ausschuss ist Arno Metzler, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Freien Berufe (BFB). Beim ZÄV handelt es sich im Übrigen um den Dachverband der nationalen Zahnärzteorganisationen aus den EU-Mitgliedstaaten plus der Beitrittsländer. Die BZÄK ist dort als Mitglied eingebunden.

DerRichtlinienvorschlag zur Anerkennung von Berufsqualifikationenhat zum Ziel, die bestehenden Verfahren zur Berufsanerkennung ausländischer Diplome in allen Mitgliedstaaten durch Annahme einer einzigen horizontalen Richtlinie zu bündeln, die für alle Berufe gilt. Sie soll die derzeit bestehenden 15 sektoralen Richtlinien für die einzelnen Berufsgruppen ersetzen. Das Ganze soll dazu dienen, die Freizügigkeit zu erleichtern. Der Vorschlag ist im Februar 2004 vom Europäischen Parlament in erster Lesung verabschiedet worden. Die Richtlinie soll ab 2006 in Kraft treten.

Im Großen und Ganzen seien die dort geplanten Regelungen für die Zahnärzteschaft praktikabel, erklärt Dr. Sprekels: „Wir vermerken eine positive Entwicklung in die richtige Richtung auf Grund des gemeinsamen Vorgehens der Freien Berufe.“ Dennoch gebe es Nachbesserungsbedarf.

Angenommen wurde im Parlament der Bericht zu besagtem Richtlinienvorschlag. Dabei sind eine Reihe von Ausnahmeregelungen für Heilberufler aufgenommen worden, darunter die Pflichtregistrierung im Aufnahmestaat (mit den dort geltenden Berufsregeln). Dies steht natürlich in krassem Widerspruch zu den Regelungen der Dienstleistungsrichtlinie, die das Herkunftslandprinzip verankern will. In Brüssel hofft man deshalb, dass die Herkunftslandregelung im neuen Entwurf der Dienstleistungsrichtlinie nicht mehr lange aufrechterhalten wird.

Mit dem Beitritt der zehn neuen Länder in die EU stellt sich auch ganz konkret die Frage nach der Anerkennung von Diplomen und nach dem Niederlassungsrecht. Selbstständig tätige Zahnärzte können jetzt grundsätzlich ohne Prüfung zur Ausübung der Zahnheilkunde in Deutschland tätig sein (siehe zm 9/2004, Seiten 22 und 23). Gute deutsche Sprachkenntnisse sind jedoch zwingend notwendig. Übergangsregelungen gibt es nur für angestellte Zahnärzte. Für eine dauerhafte Berufsausübung in Deutschland muss die Approbation beantragt werden. Diese wird erteilt, wenn die Ausbildung derjenigen der deutschen Zahnärzte gleichwertig ist. Dies gilt für Abschlüsse, die in der Anlage zum Zahnheilkundegesetz aufgeführt sind. Bei einem anderen als dem dort aufgeführten Abschluss muss die Gleichwertigkeit im Einzelfall nachzmgewiesen werden. Wer sich als Zahnarzt in Deutschland niederlassen will, muss außerdem – wie der deutsche Zahnarzt auch – eine Reihe von gesetzlichen Vorgaben beachten, deren Einhaltung durch die zuständigen Behörden und durch die Zahnärztekammern überwacht wird. Die Bundeszahnärztekammer wird hierzu in Kürze Informationen auf ihrer Internetseite bereit halten.

Für viel Wirbel sorgt in Brüssel die so genannte„Monti-Initiative“. Die Kommission hat unter der Leitung von Wettbewerbskommissar Mario Monti am 9. Februar 2004 einen Bericht veröffentlicht, in dem sie die Abschaffung wettbewerbseinschränkender Hindernisse im Bereich der Freien Berufe fordert („Bericht über den Wettbewerb der freiberuflichen Dienstleistungen“). Die Mitgliedstaaten, Berufsverbände und Regulierungsgremien sollen Gebührenordnungen und andere Wettbewerbsbeschränkungen überprüfen und aufheben, sofern sie nicht aus Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind. Nach Meinung der Kommission werden dadurch der Dienstleistungsaustausch und der freie Wettbewerb behindert. Bestehende Hindernisse sollen auf nationaler Ebene beseitigt werden, da dies dem Subsidiaritätsprinzip und der Verordnung über die dezentralisierte Durchsetzung der EU-Wettbewerbsregeln entspreche. Die Kommission beruft sich mit ihrem Vorgehen auf den Europäischen Rat von Lissabon mit seinem Ziel, Europa bis 2010 zum wettbewerbsstärksten Wirtschaftsraum Welt zu machen.

Ziel soll sein, den Wettbewerb in den Freien Berufen zu fördern, ohne die Funktion der Freien Berufe zu gefährden. Die Generaldirektion Wettbewerb ist nun damit beschäftigt, im Ländervergleich die einzelnen Branchen systematisch nach wettbewerbsbeschränkenden Vorschriften zu untersuchen. Ausgangspunkt hierfür war das Gutachten des österreichischen Instituts für Höhere Studien (IHS) über die Regulierung der Freien Berufe in den Mitgliedstaaten. Darauf aufbauend hatte die Kommission besagten Bericht verfasst.

Die Monti-Initiative wird von vielen Seiten beanstandet, vor allem auch hinsichtlich Montis scharfer Kritik an den Berufsverbänden. Anfangs wurde auch befürchtet, Monti wolle das Kammerwesen komplett abschaffen. Montis Vorstoß steht zudem in krassem Widerspruch zur Dienstleistungsrichtlinie, die ja ausdrücklich die Bedeutung und den Wert von Berufskammern hervorhebt.

Ball bei den Mitgliedstaaten

„Der Ball ist jetzt ins Lager der Mitgliedstaaten gespielt“, kommentiert BZÄK-Vize Dr. Wolfgang Sprekels. Nationale Entscheidungsträger seien jetzt gefragt. Es gehe darum, das Berufsrecht in den Ländern auf den Prüfstand zu stellen und Berufs- und Gebührenordnungen europatauglich zu machen. „Verstaubte Strukturen gehören weg, wir müssen mehr in Richtung Europa denken“, betont er. Er weist auf die Arbeiten der Bundeszahnärztekammer zur Änderung der Musterberufsordnung hin. Außerdem seien alle Mitglieder des ZÄV dazu aufgefordert worden, mit ihren nationalen Ministerien und Kartellbehörden Kontakt aufzunehmen, um zu eruieren, wie der Monti-Bericht dort bewertet werde und welche weiteren Schritte man einleiten wolle.

Im Fokus des Interesses

Dass die Freien Berufe in Brüssel ein zentrales Thema sind, zeigte nicht zuletzt auch die Entschließung des Europäischen Parlaments vom vergangenen Dezember. Dort hatte man sich mit großer Mehrheit für die Bedeutung der Freien Berufe, ihre speziellen berufsständischen Regeln, ihre Kompetenz und Integrität ausgesprochen. Auch nach der Europawahl darf man sich einer Sache sicher sein: Die Freien Berufe werden in Europa weiter im Fokus des Interesses stehen.

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