Plädoyer pro ZahnMedizin
Sehr verehrte Frau Kollegin,sehr geehrter Herr Kollege,
gut getan – der Wissenschaftsrat hat am 31. Januar Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Zahnmedizin an den Universitäten in Deutschland veröffentlicht (mehr dazu siehe Bericht Seite 10). Eine erste Betrachtung zeigt: Die Kernaussagen sind für uns Zahnärzte positiv. Forschung und Lehre sollen erheblich verstärkt werden, die Forschungsleistung im Vergleich zum Ausland soll gesteigert werden.
Das neue Papier ist ein eindeutiges Plädoyer dafür, die Zahnmedizin weiter an den Hochschulen zu belassen und nicht in den Fachhochschulbereich abdriften zu lassen – damit wird die akademische Kultur in unserem Fach stark unterstrichen. In diesem Zusammenhang hatten wir bereits nach Bekanntwerden des Beschlusses der Karlsruher Verfassungsrichter über die Zuständigkeit von Studiengebühren gefordert, die aus den Gebühren gezielten Einnahmen fachbezogen der Ausbildung zur Verfügung zu stellen.
Aus berufspolitischer Sicht zu bejahen ist die dringliche Forderung der Wissenschaftsratsexperten, die Approbationsordnung zu erneuern, damit sie der fachlichen Weiterentwicklung und den Anforderungen an eine moderne, interdisziplinär ausgerichtete Lehre Genüge tut. Wir Zahnärzte haben bereits einen novellierten, mit der Wissenschaft abgestimmten Entwurf zu einer Approbationsordnung erarbeitet, den wir in Kürze der Politik übergeben werden.
Zu begrüßen ist der bekundete Wille des Wissenschaftsrates hin zu einer stärkeren Verzahnung von Human- und Zahnmedizin. Synergien in diesem Bereichen tragen der schnellen Weiterentwicklung der Fächer, dem medizinischen Fortschritt, der Demographie und der damit verbundenen Morbiditätsentwicklungen Rechnung. Auch die Forderung nach postgradualen Masterstudiengängen können wir sehr unterstützen.
Vorsichtige Zustimmung geben die Experten auch der Prognoseschätzung von Zahnärztezahlen bis zum Jahr 2020 und berufen sich auf die jüngste Studie des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ), wonach mit nennenswerten Umbrüchen im Vergleich zu heute nicht zu rechnen ist. Der Rat geht (wie auch das IDZ) von einer Feminisierung des Berufsstandes aus und hält allenfalls eine, wie er betont, maßvolle Absenkung von Studienanfängerzahlen für vertretbar.
Doch es gibt auch Wermutstropfen im Gutachten. Dazu gehört die sehr bedenkliche Forderung, die Einheit des Berufsstandes aufzusplittern und stattdessen die Anzahl der Gebiete, in denen Fachzahnärzte in Deutschland tätig werden, zu erhöhen. Auf starke Kritik stößt auch das Bestreben des Wissenschaftsrates, die Dentalhygieneausbildung an Fachschulen anzusiedeln, die an universitäre Standorte der Zahnmedizin gekoppelt sein sollten. Es gibt keinen Grund, die bereits bestens positionierte und etablierte bundeseinheitliche DH-Aufstiegsfortbildung zur Dentalhygienikerin an den Kammern in Frage zu stellen, die sich durch Praxisnähe, Bedarfsorientierung und Flexibilität auszeichnet und mit dem Zahnheilkundegesetz kompatibel ist.
Mit Nachdruck wehren wir uns gegen die Empfehlung des Wissenschaftsrates, dass Zahnmedizinabsolventen mit ihrer Approbation – in Anlehnung an das angelsächsische Modell – die Berufsbezeichnung „Dentalmedizinischer Doctor (DMD)“ tragen sollen und dass damit die Bezeichnung „Zahnarzt“ ganz unter den Tisch fallen soll. Mit dem Zahnheilkundegesetz von 1952 wurde das zahnmedizinische Studium als eine wissenschaftliche Disziplin verankert. Die damit verbundene Etablierung des Berufsbildes „Zahnarzt“ würde durch die Einführung der neuen Bezeichnung ohne Not aufgeweicht. Wenn überhaupt, so käme die Einführung eines „MD/DMD“ aus unserer Sicht allenfalls als akademischer Grad in Betracht. Dabei ist eine Nivellierung nach unten vorprogrammiert. Im Übrigen ist auch fraglich, ob die neue Bezeichnung mit der EUZahnärzterichtlinie zur Anerkennung von Diplomen vereinbar ist.
Auf die Empfehlung des Wissenschaftsrates hin hat sich die Kultusministerkonferenz eingeklinkt und eine Arbeitsgruppe mit der Bewertung beauftragt. Die Bundeszahnärztekammer hat bereits reagiert und unmissverständlich klar gemacht, dass die Berufsbezeichnung „Zahnarzt“ erhalten bleiben muss. Soweit eine erste Kurzbewertung des Gutachtens. In den BZÄK-Fachgremien wird das Papier des Wissenschaftsrates derzeit gründlich analysiert – wir werden die Empfehlungen der Experten kritisch, aber konstruktiv durchleuchten und für die weitere Politik- und Wissenschaftsberatung zur Verfügung stehen.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Dr. Dr. Jürgen WeitkampPräsident der Bundeszahnärztekammer