Die Berufsgruppen müssen mit ins Boot
der Referentenentwurf zum neuen Präventionsgesetz liegt vor. Soviel steht schon fest: Die im Vorfeld viel beschworene gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Prävention als vierte Säule im Gesundheitswesen zu etablieren, läuft trotz hoffnungsvoller Ansätze weitgehend auf eine im Bund-Länder-Konsens ausgehandelte Mittelbeschaffung über die Sozialversicherungsträger hinaus (siehe Titelgeschichte).
Ein Tiger, der als Bettvorleger endete? Nicht wirklich. Zwar ist konstruktive Kritik auf jeden Fall berechtigt, doch im Gesetz gibt es – zumindest was unsere zahnärztliche Sichtweise betrifft – auch positive Ansätze. So ist zum Beispiel sehr zu begrüßen, dass die Eigenverantwortung des Einzelnen mehr Spielraum bekommt. Diesem Punkt haben wir in all unseren Präventionskonzepten im Rahmen der „Prophylaxe ein Leben lang“ immer einen besonderen Stellenwert zugeschrieben.
Unterstützenswert ist auch die gesetzliche Forderung nach Präventionszielen. Die deutsche Zahnärzteschaft hat sich selbstbewusst hierzu bereits deutlich gesundheitspolitisch positioniert. Im Juni 2004 hat die Bundeszahnärztekammer entsprechende Mundgesundheitsziele verabschiedet. Getreu der Maßgabe von globalem Denken und lokalem Handeln hat sie Konzepte für die Gesundheitspolitik auf verschiedenen Ebenen entwickelt und Handlungsrahmen gesteckt.
Qualitätssicherung ist ein Bereich, der jetzt auch in das Präventionsgesetz mit aufgenommen ist: Für die Zahnärzteschaft bedeutet dies eine kontinuierliche innerprofessionelle Aufgabe, die nicht nur aufgrund von gesetzgeberischen Initiativen relevant ist. Erst vor kurzem hat die BZÄK zusammen mit der KZBV ihre neue „Agenda Qualitätsförderung“ vorgestellt. Dabei kommen Struktur- und Prozessqualität genauso zum Tragen wie Ergebnisqualität.
Was die Ergebnisqualität angeht, haben wir uns beispielsweise in der Gesundheitsberichterstattung sehr stark gemacht. Über das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) sind drei große bevölkerungsrepräsentative Mundgesundheitsstudien (DMS I bis III) durchgeführt worden, die mit eindrucksvollen Zahlen belegen, wie sich die Mundgesundheit der Deutschen, vor allem der Kinder und Jugendlichen, kontinuierlich verbessert hat – ein Faktum, das uns auch seitens der Politik immer wieder betont wird. Eine neue, vierte Mundgesundheitsstudie ist gerade ins Feld gegangen.
Oft wird von der Politik bescheinigt, dass gerade von der Zahnmedizin starke Impulse für eine erfolgreiche Prävention ausgegangen sind. In der Tat sind wir gut aufgestellt und können mit Selbstbewusstsein agieren. Wichtige Felder haben wir neu besetzt: Ich erinnere an Veranstaltungen wie das Symposium zur Alters- und Behindertenzahnheilkunde oder den Workshop über Prävention im Alter und versorgungspolitische Konsequenzen. Die Bundeszahnärztekammer hat, basierend auf den Beratungen im Ausschuss Präventive Zahnheilkunde, immer Vordenkerarbeit geleistet und wird dies auch künftig unter verstärkter Einbindung weiteren wissenschaftlichen Sachverstandes tun.
Prävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der alle an einem Strang ziehen müssen. Dazu gehört, dass auch die ambulant tätigen Berufsgruppen an Zielen und Maßnahmen zur Prävention beteiligt werden, da sie nun mal an vorderster Front in Sachen Prävention aktiv sind. Umso unbefriedigender ist es, dass beim Präventionsgesetz gerade diese Berufsgruppen außen vor bleiben. Eine Mitwirkung in den Gremien wie auch in der Stiftung ist für sie nicht vorgesehen. Das wird sachlich wie auch professionspolitisch dem Präventionsanspruch nicht gerecht. Mit Vehemenz fordern wir deswegen eine Mitgliedschaft der BZÄK im Stiftungskuratorium.
Noch ist nichts entschieden, aber die Weichen scheinen gestellt. Wir Zahnärzte werden auf jeden Fall das Gesetzvorhaben weiterhin konstruktiv, aber mit begründeter Kritik begleiten. Unabhängig davon werden wir den eingeschlagenen Weg fortsetzten.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Dr. Dietmar OesterreichVizepräsident der Bundeszahnärztekammer