Minderjährige als Privatpatienten und ihre Rechnung

An der richtigen Adresse

Wenn ein Zahnarzt bei Minderjährigen als Privatpatienten nur an Positives denkt, ist er offenbar von einem gravierenden Problem bei der Liquidierung bislang verschont geblieben. Entweder hat er in seiner Praxis alles richtig gemacht oder bisher Glück gehabt.

Gut behandelt, fair berechnet und dennoch bleibt der Zahnarzt auf der Rechnung für die Behandlung sitzen - bei minderjährigen Patienten passiert das immer wieder. Zum einen kann er die familiären Verhältnisse nur bedingt einsehen, zum anderen herrscht oftmals buchhalterische Unsicherheit gegenüber Kindern als Privatpatienten.

Der typische Problemfall beginnt meist damit, dass der Vater der Versicherungsnehmer ist, aber die Mutter das gemeinsame Kind zur Behandlung vorstellt. Stellt sich später heraus, dass die Eltern getrennt oder in Scheidung leben und sich eventuell noch um Sorgerecht oder Unterhalt streiten, wird der Zahnarzt schnell in einen Konflikt involviert, mit dem er gar nichts zu tun hat. Um dies zu vermeiden, sollte man sich möglicher Probleme bewusst sein.

Der sichere Weg

In vielen Praxen wird die Rechnung für die Behandlung grundsätzlich an den Patienten, also an den Minderjährigen, adressiert. Bei Kindern ist das unsinnig. Ein Kind oder Jugendlicher verfügt in der Regel nicht über eigenes Vermögen und kann auch nur in höchst eingeschränkter Weise Vertragspartner des Zahnarztes werden.

Gemäß § 104 BGB sind Kinder, die das siebente Lebensjahr noch nicht vollendet haben, grundsätzlich geschäftsunfähig. Mit ihnen kann der Zahnarzt überhaupt keinen Behandlungsvertrag schließen.

Zwischen dem siebten Lebensjahr und der Volljährigkeit sind Kinder und Jugendliche beschränkt geschäftsfähig. Das bedeutet, dass alle Verträge bis zur Genehmigung des gesetzlichen Vertreters, also im Regelfall der Eltern, schwebend unwirksam sind.

Hiervon ausgenommen bleiben lediglich Geschäfte, die das Kind mit dem Taschengeld finanziert oder die ihm ausschließlich Vorteile bringen. Letzteres ist bei Zahnbehandlungen aufgrund der damit verbundenen Zahlungsverpflichtung aber nie der Fall. § 10 GOZ bestimmt, dass die Vergütung des Zahnarztes erst fällig wird, wenn er dem Zahlungspflichtigen eine dieser Verordnung entsprechende Rechnung erteilt hat. Da der Minderjährige als Vertragspartner ausscheidet, verbleiben nur die Eltern als Adressaten.

Doch welcher von beiden - der Vater als Versicherungsnehmer oder die Mutter vor Ort in der Praxis - ist die beste Wahl?

Meistens adressiert die Abrechnungshelferin die Rechnung automatisch nur an den Versicherungsnehmer und behandelt diesen damit als (alleinigen) Vertragspartner. Das ist rechtlich zwar einwandfrei, denn die Eltern haften beide unabhängig voneinander für die Behandlungskosten ihrer Kinder. Bei der späteren Einforderung der Behandlungskosten kann die alleinige Aufnahme des Vaters als Rechnungsempfänger aber zum Problem werden.

Bei getrennten Paaren versuchen manche Unterhaltspflichtige sich allen Forderungen zu entziehen, indem sie durch Adressenwechsel und unterlassene Ummeldung bei den Behörden Zustellungen erschweren oder als Selbstständige ihr Einkommen in die Nähe des pfändungsfreien Bereiches manipulieren.

Dann geht der Zahnarzt leer aus. Wendet er sich dann mit seiner Forderung an die Mutter, muss er erst einmal erneut eine fällige Rechnung zustellen. Sind inzwischen bereits Jahre verstrichen, kann die Mutter den Einwand der Verwirkung erheben. Zudem haftet sie nicht für bereits aus dem vergeblichen Vorgehen gegen den Vater entstandene Kosten.

Wer Minderjährige als Rechnungsempfänger und somit auch als Vertragspartner betrachtet, ist abhängig von der Genehmigung der Eltern. Wird diese verweigert, wovon im Streitfall auszugehen ist, lässt sich die Forderung nicht durchsetzen. Aber selbst wenn kein Widerstand erfolgt und beispielsweise ein gegen den Minderjährigen erwirkter Mahnbescheid erfolgreich in einen Titel verwandelt wurde, bleibt der Zugriff auf dessen Vermögen beschränkt. Das der Eltern bleibt unangetastet.

Die Rechnung sollte daher immer auf die Eltern und bei gemeinsamem Wohnort auf beide ausgestellt sein. Leben die Eltern getrennt, kann die Rechnung auch auf den Hauptversicherten ausgestellt werden, wenn dieser das Kind nicht selbst vorstellt. Dann aber ist es ratsam, zugleich denjenigen Elternteil eine Kostenübernahmeverpflichtung unterschreiben zu lassen, der vor Ort in der Praxis den Auftrag zur Behandlung des Kindes erteilt.

RA Jost NüßleinDr. Rohde & NüßleinRechtsanwälteArzt- & MedizinrechtInternet- & MedienrechtPetterweilstr. 4460385 Frankfurt am Main

 

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