Wenn die Fonds geschlossen werden …
Bei den deutschen Fondsgesellschaften hat der Frühjahrsputz begonnen. Das Großreinemachen schreckt professionelle Investoren und private Anleger gleichermaßen auf. Denn vielen Fonds steht die Fusion mit anderen Fonds oder sogar die Schließung bevor. Damit bestätigt sich nur ein Trend, der bereits 1999 begann. Allein in den vergangenen zwei Jahren verzeichneten die Gesellschaften 934 Schließungen. Wie viele es in diesem Jahr werden, steht noch nicht fest. Experten behaupten, dass jeder vierte Publikumsfonds zu klein ist – also zu wenig Volumen hat.
Zwerge an der Börse
Damit ist auch schon der Hauptgrund für die geringen Überlebenschancen mancher Fonds genannt. Denn je kleiner das Volumen eines Fonds ist, desto schwerer wiegen die Fixkosten. Sie senken die Rentabilität und damit die Rendite für den Anleger.
Gerechnet haben auch die Strategen bei den großen Fondsgesellschaften wie Adig/Cominvest von der Commerzbank, Activest von der Hypo Vereinsbank, dit, Fondsgesellschaft der Dresdner bank und somit auch der Allianz und Union Invest, Ableger der Volks- und Raiffeisenbanken. Sie alle klagen über schwindende Anlegergelder und eine ausufernde Anzahl von Fonds. Die Gründe liegen auf der Hand: Die Gesellschaften sind an ihre Mutterhäuser, die Banken, gebunden. Sie beliefern die Bankkunden ausschließlich mit hauseigenen Produkten. Das zwingt die Gesellschaften, ständig alle Varianten von Fonds bereit zu halten. Das Prinzip des Bauchladens aber ist längst überaltert.
Das zeigen ganz klar die Reaktionen der Commerzbank-Kunden. Seitdem das Institut seiner Klientel nicht nur die hauseigenen, sondern möglichst die besten Fonds am Markt anbietet, sehen die eigenen Produkte umso schlechter aus. Denn die aufgeklärte Kundschaft kauft sich lieber bei den gut geführten Fonds ein, die zum großen Teil im Ausland residieren. Die Konsequenz: Von den derzeit 352 Fonds, die Adig managt, soll die Hälfte verschwinden. Sich auf die besten Fonds im Hause konzentrieren will sich auch Activest. Im letzten Jahr wurden bereits elf der 80 Fonds gestrichen. Immer noch nicht beruhigt hat sich die Lage bei dit im Hause der Dresdner Bank seit der Übernahme durch die Allianz. Allein in 2004 zogen die Anleger drei Milliarden Euro Kapital ab. Dabei hatten die fusionierten Unternehmen bereits in der Vergangenheit über 100 Fonds zusammengelegt oder aufgelöst. Wohl oder übel wird man sich bei dit wie bei den Konkurrenten auf die rentablen Fonds konzentrieren müssen, zum Wohl der Kunden und zum eigenen Vorteil.
Ab welcher Größenordnung ein Fonds rentabel arbeiten kann, ist allerdings umstritten. Das private Institut für Fondsanalyse (ifa) setzt die Grenze bei einem Fondsvolumen von zehn bis 15 Millionen Euro fest. Andere Schätzungen gehen sogar von 25 bis 50 Millionen aus. Aber danach kann erst ein Fonds dieser Größe Kosten deckend bewirtschaftet werden. Ab einer Größenordnung von 250 Millionen Euro Volumen mit einer Gesamtkostenbelastung (dem so genannten Total Expense Ratio, kurz TER) von 1,53 arbeitet ein Fonds am günstigsten. Bei weniger als zehn Millionen Euro beträgt die TER 2,67, die Kosten sind zu hoch. Dagegen spricht, dass auch kleine Fonds kostengünstig von Managern größerer Fonds mitverwaltet werden können. Als ein besonders gutes Beispiel dafür, dass aus einem kleinen Fonds ein ganz großer und guter werden kann, präsentiert sich der DWS Vermögensfonds I. Doch dies in einem frühen Stadium zu erkennen, ist für Laien nicht so einfach. Sie bleiben besser auf der sicheren Seite und setzen auf Bewährtes. Um nicht gutes Geld in einen zu kleinen Fonds zu investieren, lohnt sich für den Käufer ein Blick in die Beschreibung des Fonds. Dort ist auch das Fondsvolumen verzeichnet.
Kurzlebig
Getreu der Bauchladendevise halten viele Gesellschaften mehrere Branchenfonds im Angebot, weil diese gerade aktuell sind. Dabei war dieses Segment in der Vergangenheit besonders hart von Schließungen betroffen, weil sich Trends häufig als sehr kurzlebig erweisen. Die ifa hat herausgefunden, dass viele der aufgelösten Fonds nicht älter sind als fünf Jahre. Viele von ihnen stammen aus der Hinterlassenschaft der New Economy-Euphorie, als die Fondsgesellschaften ständig neue Produkte auf den Markt brachten.
Gebannt ist diese Gefahr noch nicht. Denn jetzt werkeln so genannte Fondsdesigner an kreativen Varianten, für die dann wiederum neue Verkaufstrategien entworfen werden müssen. In 2004 standen 310 gestrichenen stolze 436 neue Produkte gegenüber. Die nächsten Schließungen sind also schon programmiert.
Verräterische Indizien
Bis es so weit kommt, weisen bereits vor der offiziellen Bekanntgabe bestimmte Anzeichen auf eine Veränderung zum Negativen hin:
•Rating
Verschlechtert sich das Rating eines Fonds, klingeln die Alarmglocken. Anteilseigner entscheiden dann, ob sie aus der Anlage aussteigen und den Fonds wechseln.
•Mittelabflüsse
Bei vielen Fonds schrumpft das Volumen. Das bedeutet, dass die Gesellschaft mehr Geld an scheidende Anteilseigner auszahlt als sie von neuen Anlegern kassiert. Als Folge davon verteilen sich die Kosten auf weniger Anteile, die Rendite sinkt.
•Managerwechsel
Wie im Fußball glaubt man an dasselbe Rezept, wenn der Erfolg ausbleibt: der Trainer beziehungsweise Manager muss gehen. Anders als im Sport erfährt im Fondsgeschäft der Anleger nicht immer vom Personalwechsel. Die Gesellschaften stellen lieber den Markennamen heraus. Erst allmählich ändert sich das, und einzelne Manager werden aufgrund ihrer guten Leistungen bekannt.
Kehrt der neue Besen nicht so gut wie erwartet und drücken die Kosten zu stark, bleiben noch zwei Möglichkeiten: Schließung oder Fusion mit einem anderen Fonds. Verschmelzen zwei Fonds miteinander, stimmen die Anlagestrategien überein und liegen die Kosten auf keinen Fall höher, kann der Anleger seine Anteile behalten. Manchmal gibt es kleine Änderungen. Dann zeigt eine Überprüfung, ob es sinnvoll ist, den Fonds zu wechseln. Doch grundsätzlich dürfen nur Fonds fusionieren, deren Anlagestrategien übereinstimmen.
Steht die Schließung eines Fonds an, muss dieses Ereignis den Anlegern rechtzeitig mitgeteilt werden. Die Ankündigung finden Interessenten in den Rechenschafts- und Halbjahresberichten der Gesellschaft oder im elektronischen Bundesanzeiger, meist ein Jahr vor dem Ereignis. Die Vorschriften verlangen für Fonds, die vor dem 1. Januar 2004 aufgelegt wurden, eine Frist von drei Monaten, für jüngere Fonds 13 Monate. Wer seine Anteile bei der Fondsgesellschaft in Verwahrung belässt, erfährt von ihr die Veränderung. Liegen die Anteile bei einer Bank oder hat der Anleger sie über eine Direktbank oder einen Fondsvermittler gekauft, benachrichtigen ihn diese Stellen über die bevorstehende Schließung.
Die Zeit läuft
In den meisten Fällen bietet die Gesellschaft einen Ersatzfonds an, in den die Kunden kostenlos umsteigen können. Oder die Anleger entscheiden sich für einen anderen Fonds. Allzu lange überlegen sollten sie allerdings nicht. Denn je länger sie warten und je mehr Anteilseigner sich verabschieden, desto mehr reduziert sich das Anlagevolumen.
Zu diesem Zeitpunkt haben die Manager ihre Fonds schon abgehakt. Um die Kunden zu befriedigen, sind sie gezwungen, Aktien aus dem Fonds zu verkaufen und das häufig zu einem schlechten Kurs. Aufmerksame Anleger nehmen sich leise Ankündigungen der Gesellschaft, in absehbarer Zeit müsse sie Fonds schließen, zu Herzen, und steigen so schnell wie möglich aus.
Bevor der Kunde sich für das Angebot der Gesellschaft entscheidet und in den Ersatzfonds investiert, überprüft er, ob der neue Fonds die gleichen Ziele verfolgt. Vielleicht macht es ja Sinn, in einen anderen Fonds der Gesellschaft umzusteigen. Der Wechsel ist fast immer kostenlos. Führt der Kunde sein Depot nicht bei der Gesellschaft, sondern bei einer Bank, verlangt diese möglicherweise erneut einen Ausgabeaufschlag. Dann kann es sich lohnen, das Angebot anderer Anbieter zu prüfen.
Für manchen Sparer erweist sich die Fondsschließung als gute Gelegenheit, seine persönliche Anlagestrategie zu überprüfen. Vielleicht braucht das Vermögen eine neue Struktur.
Das Finanzamt hält in jedem Fall die Hand auf, wenn zwischen Kauf und Verkauf der Anteile weniger als ein Jahr vergangen ist. Dann kassiert es Spekulationssteuer.
Wer sich also für den Ausstieg aus dem alten Fonds entschieden hat, der hat nun die Qual der Wahl. Er darf sich für einen oder mehrere Fonds unter Tausenden entscheiden.
Hilfreich dabei ist sicher die Lektüre der einschlägigen Anlagemagazine wie Börse online, Focus Money, Capital oder Finanztest. Letzteres pflegt eine Liste der Wertentwicklung der 170 besten Fonds. Die Beratung bei einer Bank oder Sparkasse ist aus genannten Gründen mit Vorsicht zu genießen. Nur wenige bieten wie die Commerzbank außer den hauseigenen auch Konkurrenzprodukte an. Gute und übersichtliche Informationen finden sich auch im Internet (siehe Kasten).
Steht eine größere Summe zur Verfügung, lohnt es sich vielleicht, das Honorar für einen professionellen und unabhängigen Anlageberater auszugeben. Auf jeden Fall zahlt es sich aus, sich vor dem Kauf bereits eine Strategie zurecht zu legen. Hat der Anleger sich auch schon für ein Produkt entschieden bringt ihm die Vorarbeit einen sehr lukrativen Vorteil: Er kann sich den preisgünstigsten Anbieter aussuchen. Die richtige Entscheidung bringt bares Geld. Denn die Kosten steigen und steigen. Allein im vergangenen Jahr legten Ausgabeaufschlag und Managementgebühren bei Aktien- und Rentenfonds um mehr als zehn Prozent zu. Um herauszufinden, wer was wie teuer verkauft, lohnt sich ein Vergleich. Dann kann der Anleger wenigstens bei den direkten Kosten – der Ausgabeaufschlag – sparen. Auf die indirekten Kosten wie Verwaltungsgebühren hat er leider keinen Einfluss.
•Hausbank
Die höchsten Gebühren verlangt wahrscheinlich die Hausbank. Hier kaufen die meisten Anleger, die noch Beratung brauchen. Diesen Service lassen sich die Institute meist mit dem vollen Ausgabeaufschlag zwischen drei Prozent für Renten- und fünf Prozent für Aktienfonds bezahlen. Zudem bieten sie fast nur eigene Produkte an.
•Fondsgesellschaft
Kommt als Kaufadresse nur in Frage, wenn der Fonds, in den investiert wird, schon feststeht. Der Vorteil: Der Kunde zahlt keine Depotgebühren, dafür aber den vollen Ausgabeaufschlag. Rabatte gibt es kaum. Ein Fondswechsel innerhalb der Gesellschaft ist dagegen meist kostenlos.
•Discountbroker und Direktbanken
Anleger, die genau wissen, was sie wollen, können bei einem Internetanbieter viel Geld sparen. Beratung und Service gibt es nicht, dafür aber viele Rabatte. 50 Prozent sind durchaus möglich. Statt der sonst üblichen fünf Prozent fallen dann nur noch 2,5 Prozent an. Das macht bei einer Investition von 20 000 Euro immer noch 500 Euro aus. Die Unterschiede bei den Discountbrokern sind erheblich, so dass jeder den für ihn besten Anbieter herausfinden muss. Die Kommunikation findet ausschließlich über Internet, Fax oder Telefon statt.
•Freie Investmentfondsvermittler
Sie leben von den Provisionen, die die Fondsgesellschaften zahlen. Ihren Kunden bieten sie Beratung und eine Auswahl verschiedener Fonds an. Manche geben die Rabatte, die sie selbst von den Fondsgesellschaften bekommen, an ihre Kunden weiter. Die Gesellschaft verwahrt die Anteile zu ihren Konditionen. Nicht jeder Vermittler arbeitet seriös. Vorsicht ist geboten, wenn er sofort zur Zahlung auffordert, schnell zum Abschluss drängelt oder sogar eine Vollmacht für das Konto des Kunden verlangt.
Einige Fondsvermittler, wie Happy Fonds, AAV oder Fit4Fonds, können zum Teil ganz auf Verkaufsgebühren verzichten. Dafür beraten sie nicht. Sie nutzen die günstigen Konditionen beim Vertrieb über das Internet. Der Kunde profitiert davon beim Kauf von Anteilen und sogar bei Sparplänen. Die Vermittler arbeiten mit speziellen Fondsbanken, wie der Commerzbank-Tochter Ebase (European Bank für Fund Services) und der Augsburger Aktienbank. Bei einem dieser Institute führen die Kunden dann ihr Depot. Die günstigen Angebote werden zwar nicht als Geheimtipp gehandelt. Doch die Anleger müssen sie selbst herausfinden. Denn Werbung betreiben dürfen die Vermittler nicht. Die Auswahl bei den Fonds ist riesig. Lediglich die Fondsgesellschaften Deka (Sparkassen) und Union Investment (Volks- und Raiffeisenbanken) verweigern ihre Teilnahme an diesem Geschäftsmodell.
•Börse
Anleger können viele Fonds inzwischen direkt an der Börse kaufen. Dort brauchen sie keine Mindestanlagesummen zu beachten und auf Ausgabeaufschläge verzichtet man dort auch. Dafür verlangen Börsenmakler Gebühren in Höhe von 0,08 Prozent der angelegten Summe. Den gleichen Abschlag kassieren sie dann wieder beim Verkauf der Anteile. Spezialisiert auf dieses Geschäft haben sich die Börsen Berlin-Bremen und Hamburg-Hannover.
Die Fondslandschaft verändert sich. Die deutschen Gesellschaften spüren die oft sehr gute Konkurrenz aus dem Ausland inzwischen deutlich. Dazu gehören Angebote der Gesellschaften Threadneedle, Templeton, Banque de Luxembourg oder Fidelity. Denn die aufgeklärten Kunden geben sich mit den oftmals enttäuschenden Empfehlungen ihrer Hausbank oder Sparkasse nicht mehr zufrieden. Sie verlangen Qualität zu moderaten Preisen. Beides ist mit eigener Recherche auch zu haben.