Die Einnahme-Überschuss-Rechnung: Dieses Jahr wird einiges anders

Auf auf, zur fröhlichen Bürokratie

Es sind „nur“ vier DIN A4 Seiten, aber die haben es in sich! Der Vordruck für die Einnahmeüberschussrechnung „Anlage EÜR“ kommt auf den ersten Blick harmlos daher. Aber Zahnärzte, die ihren Gewinn per Einnahme-Überschuss- Rechnung ermitteln, sollten genau hinsehen.

Die meisten Zahnärzte ermitteln ihren Gewinn nach der Einnahme-Überschuss-Rechnung (EÜR). Bisher konnten diese Zahnärzte, beziehungsweise deren Steuerberater, Umfang und Form der EÜR und damit der Buchführung selbst bestimmen.

Genormt, geprüft, gedruckt

Diese gestalterische Freiheit war der Finanzverwaltung aber schon lange ein Dorn im Auge. Der Sachbearbeiter des Finanzamtes musste sich in jede eingereichte Steuererklärung erst mühsam einarbeiten und eindenken. Zudem vereitelte die Individualität einen Vergleich innerhalb der Branche oder erschwerte ihn zumindest deutlich. Dabei arbeitet der Fiskus gerne mit einem solchen „Branchenvergleich“, lässt sich damit die Steuerehrlichkeit des Bürgers doch so flugs überprüfen. Also musste ein einheitlicher Vordruck her. Dieser sollte bereits Mitte 2003 eingeführt werden und für die EÜR 2004 gelten. Da damals die Wirtschaftsverbände gegen den unverständlichen und bürokratischen Ballast protestierten, musste die Finanzverwaltung das erste Formular zurückziehen.

Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Der zweite, amtlich vorgeschriebene Vordruck liegt jetzt auf dem Tisch. Das Beste daran: Er gilt bereits jetzt für das gesamte Jahr 2005, also rückwirkend ab 1. Januar. Der standardisierte Vordruck „Anlage EÜR“ muss ausgefüllt und zusammen mit der Einkommensteuererklärung für das Veranlagungsjahr 2005 abgegeben werden. Verschont bleiben nur Praxen mit Einnahmen von weniger als 17 500 Euro jährlich. Diese können statt des Vordrucks eine formlose Gewinnermittlung – wie bisher – abgeben. Alle anderen Zahnärzte, die ihren Gewinn per EÜR ermitteln, kommen jetzt in das zweifelhafte Vergnügen, sich mit EÜR auseinander zu setzen.

X-Ray beim Fiskus

Der neue Vordruck hat seine Licht- und Schattenseiten. Bisher konnte das Finanzamt bestimmte Einnahmen und Kosten nur schwer miteinander vergleichen. In Zukunft fällt das leicht. Ein Knopfdruck auf die EDV genügt, und die Entwicklung bestimmter Einnahmen und Ausgaben einer Praxis lassen sich über Jahre hinweg gegenüberstellen. Ein Vergleich zwischen verschiedenen Praxen mit vergleichbaren Kennziffern – etwa den Umsatzgrößen – liegt Ruck-Zuck vor.

Der neue Vordruck mit der vorgegebenen Erfassung der Praxiseinnahmen und Betriebsausgaben macht den Zahnarzt transparenter. Ein Vorteil, den sowohl die Finanzverwaltung aber auch Banken zu schätzen wissen.

In Reih’ und Glied

Die Finanzverwaltung erhält durch den Vordruck eine noch effektivere Kontrollmöglichkeit an die Hand. Wie in anderen Branchen bereits üblich, wird sie nun auch bei den Zahnärzten die beliebten Reihenvergleiche – sowohl intern als auch extern – durchführen.

In einem so genannten internen Reihenvergleich – bei dem die EÜRen mehrerer Jahre eines Zahnarztes verglichen werden – fallen dann Ausreißer und Auffälligkeiten für eine weitere intensive Nachprüfung eher auf.

Mit den EÜRen anderer Zahnärzte der gleichen Rechtsform und Einnahmegruppe abgeglichen werden die Daten der Praxis bei einem externen Reihenvergleich. Zeigt die Praxis Abweichungen gegenüber der Vergleichsgruppe, darf der Zahnarzt dann in nächster Zeit mit einer Betriebsprüfung rechnen. Fazit: Kommt es bei der Praxis zu Abweichungen gegenüber Durchschnittswerten, stehen Rückfragen beziehungsweise Prüfungen ins Haus.

Trittbrettfahrer

Ein weiterer Nutznießer des „gläsernen“ Zahnarztes sind die Banken. Diese hatten bisher das gleiche Problem wie die Finanzverwaltung: Die Betriebe der Freiberufler anhand der Branche zu schätzen, bedeutete Äpfel mit Birnen zu vergleichen.

Das ändert sich mit dem neuen Vordruck, nun kann der Bankberater die finanziellen Verhältnisse des Zahnarztes deutlich tiefer durchleuchten. Bei Kreditgesprächen kann der neue Vordruck sich deshalb als Zünglein an der Waage erweisen. Wenn es nämlich um das Für und Wider eines Kreditantrages geht.

Gut Ding will Eile haben

Schnellstmöglich reagieren heißt Kosten sparen, denn der neue Vordruck gilt ja bereits! Zögert ein betroffener Zahnarzt jetzt, muss bei der Erstellung der Gewinnermittlung für das Jahr 2005 jeder Beleg neuerlich überprüft und der jeweiligen Kennziffer des neuen Vordrucks zugeordnet werden. Das kostet Zeit und Geld.

Idealerweise passen Zahnärzte, die bislang ihre Bücher selber führten oder Aufzeichnungen selbst fertigten, schnellstmöglich die Erfassung ihrer Praxiseinnahmen und Betriebsausgaben an das Schema der EÜR-Vorlage an. Erledigt ein Steuerberater die Buchführung, muss dieser schnell mitteilen, wie er die Sortierung der Belege umstellen will.

Die gravierendste Änderung bei dem neuen Vordruck besteht im Einnahmebereich. Hier wird künftig genau zwischen umsatzsteuerfreien und umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen unterschieden. Das bedeutet für die Gewinnermittler auf EÜR-Basis, sich mehr mit der Umsatzsteuer und deren Problematik auseinander zu setzen. Sonst könnte es teuer werden.

Alte Kenntnisse aufgefrischt

Ein kleiner Exkurs zur Erinnerung:

Umsatzsteuerfrei sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Zahnarzt. Die Tätigkeit als Zahnarzt ist die Ausübung der Zahnheilkunde.

Umsatzsteuerpflichtig sind hingegen alle Umsätze, die durch „nicht zahnärztliche“ Tätigkeiten erzielt werden, wie:

Erbringen Zahnärzte nur in einem geringen Maße umsatzsteuerpflichtige Umsätze, können sie die „Kleinunternehmerregelung“ anwenden. Das dürfen sie, wenn die steuerpflichtigen Umsätze nicht über 17 500 Euro im vorangegangenen Jahr und 50 000 Euro im laufenden Jahr liegen.

Zudem kann ein Zahnarzt mit so geringen steuerpflichtigen Umsätzen, dass die Kleinunternehmerregelung greifen würde, freiwillig zur Umsatzsteuer optieren. Er hat also ein Wahlrecht, darf dieses aber nicht nach Belieben ausüben. Denn er ist für fünf Jahre an die einmal gewählte Besteuerung gebunden. Erst nach Ablauf dieser Frist kann er sich für eine andere Besteuerung entscheiden.

Von Umsatzsteuer frei …

Die meisten Zahnärzte zahlen keine Umsatzsteuer. Entweder, weil sie ausschließlich rein zahnärztliche Einnahmen erzielen. Oder, weil sie angesichts ihrer geringen umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen aus nicht zahnärztlichen Tätigkeiten die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen.

Diese Zahnärzte müssen ab diesem Jahr ihre Einnahmen genau aufschlüsseln, in umsatzsteuerfreie Praxiseinnahmen und umsatzsteuerpflichtige Nebentätigkeiten. Wenn der Steuerberater diese Aufteilung also künftig fordert, ist das keine Schikane von ihm. Er benötigt diese Informationen, damit er den Vordruck ausfüllen kann. Die umsatzsteuerfreien Praxiseinnahmen und die Einnahmen als umsatzsteuerbefreiter Kleinunternehmer müssen auf dem neuen Vordruck getrennt auf zwei verschiedenen Konten erfasst werden.

Beispiel: Ein Patient bezahlt eine Rechnung in Höhe von 300 Euro. In dieser sind Eigenlaborleistungen in Höhe von 50 Euro enthalten. Dann muss der Zahnarzt dem Steuerberater angeben, dass es sich bei den 250 Euro um umsatzsteuerfreie Praxiseinnahmen und bei den 50 Euro um umsatzsteuerpflichtige Praxiseinnahmen (für die er aber als Kleinunternehmer umsatzsteuerbefreit ist) handelt.

Nur wenn sich Steuerberater und Zahnarzt genau absprechen, ersparen sie sich unnötigen Verwaltungsaufwand. Am einfachsten dürfte es sein, die einzelnen Rechnungsbeträge auf einer Rechnungskopie nach ihrer jeweiligen Umsatzsteuerpflicht zu kennzeichnen und diese Info dem Steuerberater zwecks Buchung zu überlassen.

Ansonsten bleibt für diese Zahnärzte alles beim Alten. Sie verbuchen ihre Betriebseinnahmen und Praxiskosten wie bisher brutto, das heißt, die in den Rechnungen ausgewiesenen Vorsteuern werden zu Betriebsausgaben.

Zahlt der Zahnarzt keine Umsatzsteuer , hat er künftig in der Steuererklärung also zwei Praxiseinnahmekonten:

• Praxiseinnahmen als umsatzsteuerbefreiter Kleinunternehmer

• umsatzsteuerfreie Praxiseinnahmen.

… oder beladen

Mehr Aufwand haben Zahnärzte, die Umsatzsteuer zahlen. Deren umsatzsteuerpflichtige Einnahmen sind so groß, dass sie nicht mehr unter die Kleinunternehmer-Regelung fallen. Sie müssen allerdings die umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen getrennt buchen. Einmal die „Netto“-Einnahme auf dem Konto „Umsatzsteuerpflichtige Praxiseinnahmen“. Zum anderen wird die Umsatzsteuer separat auf dem Konto „Vereinnahmte Umsatzsteuer“ gebucht. Sie führen künftig in der Steuererklärung mehrere Praxiseinnahmekonten:

• umsatzsteuerpflichtige Praxiseinnahmen

• umsatzsteuerfreie Praxiseinnahmen

• vereinnahmte Umsatzsteuer

• vom Finanzamt erstattete oder verrechnete Umsatzsteuer.

In dem neuen Vordruck fordert das Finanzamt von jedem Zahnarzt, der seinen Gewinn nach der EÜR ermittelt, noch weitere Angaben im Einnahmebereich, wie:

• Veräußerung oder Entnahme von Anlagevermögen

• private Kfz-Nutzung

• sonstige Sach-, Nutzungs- und Leistungsentnahmen (zum Beispiel: private Telefonnutzung)

• Auflösung von Rücklagen und/oder Ansparabschreibungen: Entweder berücksichtigt der Betreffende diese Angaben bereits in der laufenden Buchführung, oder er ermittelt sie bei der Erstellung der EÜR. Insofern hat er keinen sofortigen Handlungsbedarf.

Der Hang zu Details

Der neue Vordruck fordert auch bei den Betriebsausgaben eine detaillierte Aufschlüsselung, wie die folgende Kontenübersicht zeigt:

• Praxismaterial und -bedarf

• Fremdlabor

• Ausgaben für Personal, wie Gehälter, Löhne, Sozialversicherungsbeiträge

• Abschreibungen

• geringwertige Wirtschaftsgüter

• Sonderabschreibungen

• laufende Kfz-Kosten einschließlich der Leasingkosten für PKW

• extra Ausweis der PKW-Kosten, welche auf die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entfallen

• Miete für Praxisräume

• Raumkosten (Heizung, Strom, Wasser und mehr) für Praxisräume

• Schuldzinsen zur Finanzierung von Anlagevermögen

• sonstige Schuldzinsen

• Geschenke an Patienten und Geschäftsfreunde

• Bewirtungskosten aus geschäftlichem Anlass

• Reisekosten (zum Beispiel bei Fortbildung oder Kongressen)

• sonstige beschränkt abzugsfähige Betriebsausgaben (etwa für Repräsentationen

• Porto, Telefon, Bürokosten

• Fachliteratur, Fortbildung

• Rechts- und Steuerberatung, Buchführung

• übrige Praxiskosten, soweit nicht bereits vorher berücksichtigt.

Die meisten Praxisinhaber kennen diese Ausgabenkonten bereits, da sie sich in den bisherigen Steuererklärungen und in jeder betriebswirtschaftlichen Auswertung vom Steuerberater finden.

Der Fiskus allerdings wird im Ausgabenbereich beim Schuldzinsenabzug künftig genauer hinschauen. Denn der neue „Vordruck EÜR“ verlangt nunmehr eine Aufteilung der Schuldzinsen in a) Schuldzinsen zur Finanzierung von Anlagevermögen und b) sonstige Schuldzinsen.

Zu diesem Zweck gibt es eine Anlage „Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen“ zusätzlich zur Anlage EÜR. Macht ein Zahnarzt seine Schuldzinsen steuerlich geltend, muss er das Formular „Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen“ ausgefüllt seiner Einkommensteuererklärung beilegen. Damit kein Irrtum entsteht: Auch bisher musste bereits eine Aufteilung der Schuldzinsen erfolgen, sofern die Schuldzinsen im gesamten Jahr über 2 050 Euro lagen. Machte ein Zahnarzt Schuldzinsen über 2 050 Euro im Jahr geltend, wollte der Fiskus den Zweck der Kreditaufnahme wissen. Wurde keine Aufteilung vorgenommen, hakte der Fiskus in letzter Zeit bereits konsequent nach. Diese Rückfragen werden sich aufgrund des neuen Vordrucks EÜR verstärken: Ab 2005 ist die Aufteilung der Schuldzinsen verpflichtend.

Bezüglich des Schuldzinsabzugs gibt es folgende steuerliche Regelung:

Hat der Zahnarzt seine Praxis gekauft und den Kaufpreis finanziert, sind die dafür gezahlten Zinsen voll abzugsfähig (Finanzierung von Anlagevermögen). Gleiches gilt, wenn er eine Praxisausstattung erworben und finanziert hat.

Vorsicht ist jedoch geboten, wenn zum Beispiel ein Kontokorrent zur Finanzierung von laufenden Praxisausgaben gewährt wurde. Denn diese Zinsen können nur dann voll steuerlich geltend gemacht werden, wenn der Praxisgewinn zuzüglich eventuell eingelegter Privatgelder höher ist, als die im laufenden Jahr zur privaten Lebensführung entnommenen Beträge. Aber gerade in wirtschaftlich schlechteren Zeiten kann es leicht passieren, dass die Privatausgaben Praxisgewinn und Einlagen überschreiten. Dann erkennt der Fiskus Teile der gezahlten Zinsen steuerlich nicht mehr als Ausgaben an.

In der Pflicht

Ab 2005 ist hier der Zahnarzt selber in der Pflicht und muss die Zinsen in einen „abziehbaren“ und einen „nicht abziehbaren“ Anteil aufteilen. Spätestens jetzt können sich Probleme auftun, wie ein Beispiel aus der Praxis zeigt:

Ein Zahnarzt kauft 1996 eine Praxis für 250 000 Euro und nimmt hierfür einen Kredit auf. Die Bank ist großzügig und bietet ein Darlehen über 350 000 Euro an, damit auch alle laufenden Kosten problemlos von Anfang an finanziert werden können. Die Darlehensauszahlung erfolgte im Jahr 1996 in voller Höhe. In den Jahren 1996 und 1997 und auch in den Folgejahren wird kontinuierlich weiteres Praxisinventar angeschafft. Die Zinsen werden in allen Jahren pünktlich gezahlt.

In 2003 und 2004 gehen die Einnahmen aus der Praxis zurück und die privaten Ausgaben übersteigen den Praxisgewinn. Privates Geld wurde nicht in die Praxis eingelegt. Jetzt fordert das Finanzamt eine Aufteilung der Schuldzinsen für die Jahre 2003 und 2004.

Bei unserem Zahnarzt kommt jetzt hektische Betriebsamkeit auf: Die Finanzierung liegt ja schon einige Jahre zurück; wen hat es damals interessiert, was genau finanziert wurde. Und wo sind gleich noch die Unterlagen der Jahre 1996 und folgende?

Sofern er nicht mehr klären kann, was wie finanziert wurde, wird die Finanzverwaltung großzügig schätzen – in ihrem Sinne!

Bleibt zu hoffen, dass der Zahnarzt oder sein Steuerberater den Überblick behalten hat.

Für die Zukunft lautet die Devise für jeden Zahnarzt: Im Kreditantrag auf die eindeutige Zuordnung der Posten achten und gegebenenfalls zwei separate Darlehen machen statt einem.

Ein Lichtblick dank EDV

Da der Fiskus – unter anderem für die Berechnung des Schuldzinsabzuges – Angaben bezüglich der privaten Entnahmen und Einlagen benötigt, müssen diese in dem Vordruck Anlage EÜR separat ausgewiesen werden. Wenn Zahnärzte ihre Bücher mittels EDV führen, machen sie dies bereits automatisch, da nur so eine Abstimmung zwischen Buchführung und Bankkonto/ -konten möglich ist.

Dr. Sigrid Olbertz, MBAZahnärztin, Master of Business AdministrationIm Hesterkamp 12a45768 Marl

Stefanie Hambloch-StolzSteuerberaterinHattinger Str. 34844795 Bochum

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