Mit Stiftungen Steuern sparen und Gutes tun

Gehen Sie stiften

Knapp 13 000 Stiftungen arbeiten in Deutschland zum Wohle der Allgemeinheit. Es sind längst nicht mehr die alten Reichen, die freiwillig auf Vermögen verzichten. Viele jüngere gut situierte Bürger besinnen sich immer mehr auf ihre persönliche Verantwortung und betrachten den Staat nicht mehr als Alleinversorger.

Knapp 20 Jahre ist es her, dass Jürgen Ziegler mit seinem Freund Erwin Roeder, Professor für Werkstoffkunde und Mechanische Technologie an der Universität zu Kaiserslautern, beim Essen saß. Ziegler, der promovierte Zahnarzt, freute sich darüber, wie der Professor von seinen Studenten schwärmte.

Gedankenblitz für ein Geschenk

Bei dem Zuhörer riefen diese Worte gute Erinnerungen wach. Er selbst hatte für seine Dissertation 1973 viel Lob erfahren und sogar einen mit 300 Mark dotierten Ehrenpreis bekommen. Das hatte er nicht vergessen. Spontan wandte er sich an den Professor und versprach ihm 5 000 Mark für „seine“ Studenten.

Aus dem Gedankenblitz entwickelte sich die Idee einer Stiftung. Der Grund: Der Kanzler der Uni wusste nicht, wie er das großzügige Geldgeschenk verbuchen sollte. Nachdem alle Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt waren, nahm die „Familie Dr. Ziegler Stiftung“ 1988 ihre Arbeit auf. Seitdem freut sich jedes Sommersemester ein junger Diplom-Ingenieur, wenn er für sein gutes Examen im Fachbereich Maschinenbau den Preis bekommt. Was er (oder sie) mit dem Geld dann anfängt – ob er es beispielsweise für Druckkosten oder auch für Urlaub ausgibt – bleibt dem Gewinner überlassen.

Auf ewig Sein

Wie Dr. Ziegler denken inzwischen viele Menschen, die ihr Geld für einen guten Zweck zur Verfügung stellen wollen. Im letzten Jahr wurden bundesweit 850 neue Stiftungen bürgerlichen Rechts gegründet. Den Grund für diesen Sinneswandel erklärt Hans Fleisch, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen gegenüber der Financial Times: „In der Bevölkerung herrscht heute das Gefühl vor, dass man Dinge selbst in die Hand nehmen muss, bei denen man sich früher auf den Staat verlassen hat.“ Aber auch für den Geldgeber hat die Einrichtung einer Stiftung gute Seiten. So verpufft die Wirkung einer Spende schnell. Wandert das Geld hingegen in eine Stiftung, bleiben Idee und Andenken an den Stifter erhalten. Eine Stiftung ist immer auf ewig ausgelegt.

Das eingezahlte Kapital bleibt unangetastet. Für den Stiftungszweck dürfen nur die Erträge daraus benutzt werden. Diese Vorschrift setzt dem Gründungskapital nach unten natürliche Grenzen. Dr. Karsten Timmer, Autor einer Studie zu diesem Thema für die Bertelsmann Stiftung, nennt den Mindestbetrag von 50 000 Euro.

Geht man von einer Verzinsung von fünf Prozent pro Jahr aus, bleiben 2 500 Euro für den eigentlichen Zweck und für die Verwaltung. Das reicht zum Beispiel für einen jährlichen Zuschuss an einen Kindergarten. Der kann mit diesem Geld seinen Außenbereich attraktiver gestalten und das lang ersehnte Klettergerüst kaufen.

Für die Idee des Mega-Stifters Bill Gates und seiner Frau Melinda, die Polio-Erkrankung weltweit auszurotten, reichen diese Beträge naturgemäß nicht. Da liegt der Amerikaner mit einem Stiftungskapital von 25 Milliarden Dollar schon realistischer.

Soviel Geld haben die Wenigsten übrig. Doch auch mit einem deutlich geringeren Einsatz lässt sich viel Gutes tun. Das kann zum Beispiel der wunderschöne alte Brunnen um die Ecke sein, für dessen Erhaltung die Stadt kein Geld mehr aufbringen kann. Oder die Kinderstation im örtlichen Krankenhaus kann den kleinen Patienten den einen oder anderen Wunsch erfüllen.

Mit Fantasie und Sorgfalt

Der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt, nur gemeinnützig sollte die Idee sein und sie muss der Prüfung der jeweiligen Landesbehörde (meist sind es die Regierungspräsidenten) standhalten.

Unter die Lupe nimmt die Behörde etwa, ob die Erträge aus dem Kapital reichen, um den Zweck der Stiftung zu finanzieren. Das kostete Jürgen Ziegler viel Überredungskunst, als er mit einem Startkapital von damals 30 000 Mark seine Stiftung ins Leben rief. Er versprach, das Kapital so schnell wie möglich auf 100 000 Mark aufzustocken. Inzwischen zahlt er jährlich rund 15 000 Euro ein. Die Gesamtsumme beläuft sich mittlerweile auf rund 110 000 Euro. Auf dieses Geld verzichten Ziegler und seine Familie für immer. Denn eine Stiftung aufzulösen, ist ein beinahe unmögliches Unterfangen.

Das Kapital der Stiftung sollte möglichst sicher und dennoch rentabel angelegt sein. Mündelsicher wie noch bis vor einigen Jahren müssen die Anlagen nicht mehr sein. In Aktien – auch wenn es Dax-Papiere sind – sollten maximal 30 Prozent investiert sein, empfiehlt Timmer.

Wem es zu schwierig erscheint, das Vermögen zu verwalten, kann eine Bank damit beauftragen. Viele Groß- und Privatbanken sowie die Bank für Sozialwirtschaft haben sich auf diese Arbeit spezialisiert. Bevor jedoch die Entscheidung für einen Verwalter fällt, lohnt es sich, die Angebote einer genauen Prüfung zu unterziehen. Abgesehen vom Know-how bestehen gerade bei den Kosten große Unterschiede.

Grundsätzlich steht am Anfang des Vorhabens die Frage: Was soll mit dem eingesetzten Geld geschehen? Ist die Idee finanzierbar? Oder beschäftigt sich vielleicht eine andere Stiftung bereits mit diesem Thema und freut sich über eine Zustiftung? Dann kann der neue Geldgeber seine Stiftung so unter deren Dach stellen. Das spart Kosten und steigert die Effizienz bei der Umsetzung der Idee.

Gemeinsamkeit schafft Effizienz

Auf diese Weise hat der Unternehmer Alexander Brochier die Kinderfondsstiftung ins Leben gerufen. Statt einem Kind 1 000 Euro zu geben, hat er sein Kapital erst einmal dazu genutzt, andere – mittlerweile hundert – Stifter zu gewinnen, die wiederum 1 000 oder mehr Euro gaben. Jedem Euro, den Brochier eingebracht hat, stehen 40 Euro gegenüber, die für Kinderprojekte ausgegeben werden. Er möchte Kindern in Deutschland und im Ausland, die in Not geraten sind, ein Zuhause und eine Familie schenken.

Mit anderen zusammen etwas Großes erreichen lässt sich auch mit einer Gemeinschaftsstiftung. In diesem Fall schließen sich mehrere Personen mit derselben Idee zu einem großen Projekt zusammen. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Unter diesem Dach können Geldgeber in Form einer unselbständigen Stiftung so etwas wie eine Pflegeversicherung für ein bestimmtes Denkmal übernehmen. Ähnlich funktionieren auch die in den USA so beliebten Bürgerstiftungen. Sie unterstützen meist einen gemeinnützigen Zweck in einem regional begrenzten Raum, zum Beispiel einer Stadt.

Alle Stiftungsformen funktionieren nach zwei Grundprinzipien: die selbständige oder die treuhänderische Stiftung.

Die Selbständige

Typische Merkmale für die selbständige Stiftung sind:

• Sie ist eine selbständige juristische Person mit eigenem Vermögen sowie Rechten und Pflichten. Das Stiftungsvermögen gehört ausschließlich der Stiftung. Der Vorstand verwaltet es gemäß der Satzung.

• Die selbständige Stiftung unterliegt der staatlichen Aufsicht und muss zu ihrer Gründung von der Stiftungsbehörde anerkannt worden sein.

• Die Stiftungsbehörde erwartet ein Mindestvermögen von 25 000 Euro. Je nach Bundesland können es auch 60 000 Euro sein. Eine selbständige Stiftung lohnt sich, wenn

• ein größeres Vermögen zur Verfügung steht

• die Stiftung eigene Projekte verfolgen will

• der Stifter Grundbesitz, Immobilien oder eine Sammlung auf die Stiftung übertragen will

• der Stifter davon ausgeht, dass die staatliche Kontrolle seinen Willen gewährleistet.

In treuen Händen

Die treuhänderische Stiftungsform zeichnet sich durch größere Flexibilität aus.

• Sie ist rechtlich nicht selbständig. Zwischen dem Stifter und dem Treuhänder gibt es einen Vertrag, der die Satzung enthält. Das Vermögen der Stiftung wird auf den Treuhänder übertragen. Dieser handelt für die Stiftung.

• Die treuhänderische Stiftung unterliegt nicht der Stiftungsaufsicht und muss nicht anerkannt werden.

• Es gibt kein Mindestvermögen.

Diese Form eignet sich dann, wenn der Aufwand besonders klein gehalten werden, das Projekt nur für eine bestimmte Zeit bestehen und das eingesetzte Kapital aufgebraucht werden soll. Als Treuhänder kann jeder eine Stiftung vertreten, ausgenommen der Stifter selbst. Am besten sucht er sich einen professionellen Dienstleister – eine Bank oder ein spezielles Institut. Gilt der Zweck einer Kommune, kann er diese als Treuhänder einsetzen. Informationen über mögliche Treuhänder bietet eine Broschüre von „Stiftungszentrum. info“.

Alle weiteren Arten, wie die erwähnten Bürgerstiftungen oder die Stiftungsfonds, leiten sich aus diesen beiden Grundformen ab.

Mehr Mittel für den guten Zweck

Jürgen Ziegler entschied sich für die selbständige Form. Im Vorstand sitzen neben dem Vizekanzler der Universität Kaiserslautern er, seine Frau und inzwischen zwei seiner Kinder. Er gründete sein Projekt mit Mitte 40. Damit gehört er zu den 80 Prozent der Stifter, die bereits zu Lebzeiten aktiv werden.

Der größte Vorteil besteht darin, dass der Initiator seine Ideen selbst verwirklichen und ihren Bestand prüfen kann. Wie Ziegler kann er im Freundeskreis für seine Idee werben und Zustifter gewinnen.

Ebenso der Zahnarzt Walter Körner und seine Frau Anna. Die beiden gründeten eine Stiftung, die ihren Namen trägt. Sie zielt auf die Unterstützung der wissenschaftlichen und forschenden Arbeit von Studenten oder Assistenten der Zahnheilkunde durch jährliche Vergabe von Stipendien zur Weiterbildung im westlichen Ausland. Eine Findungskommission wählte aus ersten Stipendiaten in diesem Jahr den Zahnmediziner Dr. Stefan Lachmann aus. Er wird dank diesem – mit 25 000 Euro ausgelobten – Preis an einem Forschungsprojekt für Orale Chirurgie an der medizinischen Universität Wien teilnehmen. Stiftungsvorstand, -rat und Findungskommission einigten sich darauf, die Verbundenheit zwischen der gemeinnützigen Einrichtung, den Initiatoren und dem zahnärztlichen Berufsstand dadurch zu unterstreichen, dass der Preis stets auf dem Stuttgarter Zahnärztetag verliehen wird. Das Ehepaar Körner richtete die Stiftung zwar zu Lebzeiten ein, doch die erste Preisvergabe erlebte Walter Körner, der 1978 seine Praxis abgegeben hatte, nicht mehr.

Der Dank von Vater Staat

Gleich in welchem Lebensalter jemand überlegt, ob er „stiften gehen“ soll – vorher stehen gründliche Überlegungen an. Der angehende Wohltäter macht eine Bestandsaufnahme seiner Vermögenslage und listet auf, welche Ausgaben er noch machen will, ob seine Nachkommen abgesichert sind und er selber für alle Eventualitäten genügend Rücklagen gebildet hat. Erst dann setzt er die Summe fest, die er übertragen will. Dabei muss er sich darüber im Klaren sein, dass das Geld für persönliche Zwecke unwiderruflich verloren ist, weil es an den Stiftungszweck gebunden bleibt.

Hegt der Betreffende Zweifel, wählt er besser Alternativen. Zum einen kann er die Stiftung aus Anlass seines Todes verfügen. Zum anderen kann er erst einmal mit kleinerem Kapitaleinsatz eine Stiftung gründen und diese dann später aufstocken. So hat es Jürgen Ziegler gemacht. Ein weiterer Tipp: Die Satzung offen halten. Dann kann sie später leichter geändert werden.

Soviel Engagement belohnt der Staat mit steuerlichen Erleichterungen. Das Kapital für die Gründung einer Stiftung bleibt bis zu 307 000 Euro steuerfrei. Der Stifter darf diesen Betrag von seinem Einkommen abziehen und senkt so seine Steuerlast. Die Regel erlaubt einen solchen Betrag einmal alle zehn Jahre. Wer in eine Stiftung einzahlt, für den gilt ein jährlicher Höchstbetrag von 20 450 Euro. Zustiftungen werden steuerlich einer Spende gleichgesetzt.

Besser Komplimente statt Kopfschütteln

Experten bemängeln die nach wie vor engen steuerlichen und gesetzlichen Möglichkeiten. Sie glauben, dass ein höherer Freibetrag und eine flexiblere Gestaltung des Stiftungszwecks viel mehr Menschen dazu anregen würden, mit ihrem Geld Gutes für die Allgemeinheit zu tun. So profitieren die amerikanischen Universitäten von ihren stiftungsfreudigen Ehemaligen.

In Deutschland haben sich diese Möglichkeiten leider noch wenig herumgesprochen. Im Gegenteil: Jürgen Zieglers Engagement traf bei einigen seiner Kollegen auf Erstaunen, bei anderen erntete er nur ein Kopfschütteln. Dabei könnte Stiften zum Beispiel für die Wissenschaft gerade für etablierte Akademiker als standesgemäß gelten – so wie in den USA. Ziegler, Körner und einige Andere machen vor, wie’s geht.

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