Kein „Plötzlicher Herztod” in der Praxis mehr
Es sterben somit mehr Menschen am Plötzlichen Herztod als an AIDS, Brust- und Lungenkrebs zusammen. Jede Minute, die bis zur effektiven Wiederbelebung – insbesondere ohne eine Frühdefibrillation – verstreicht, bedeutet eine Verringerung der Überlebenschance um zehn Prozent. Der Notarzt trifft im Durchschnitt aber erst nach acht bis zwölf Minuten am Ort des Geschehens ein, dies gilt auch für eine Zahnarztpraxis. Somit ist nur die umgehende so genannte Frühdefibrillation mit automatischen Geräten in der Lage, diese „tödliche“ Zeitspanne zu verkürzen.
Frühdefibrillation rettet Leben
Internationale Studien zeigen eindrucksvoll den Erfolg der Frühdefibrillation mit einem automatischen externen Defibrillator (AED), nicht nur durch ausgebildetes Rettungsdienstpersonal oder Polizisten, sondern auch durch ausgebildete Laien. Die heute zur Verfügung stehenden AEDs sind speziell für die Anwendung auch von medizinischen Laien konzipiert, sie sind selbsterklärend mit lauter Sprachanweisung, analysieren den Herzrhythmus und lösen den lebensrettenden Schock nur in einem wirklichen Notfall selbst aus. Es ist daher nur logisch, dass es sich die Björn-Steiger-Stiftung zum Ziel gesetzt hat, mit ihrer Aktion „Kampf dem plötzlichen Herztod“ eine bundesweite Ausbildung von Laien und großflächige Versorgung mit AEDs zu fördern und damit dem Plötzlichen Herztod den Kampf angesagt hat.
Während in den USA in Sportstätten und mittlerweile auch in Deutschland in Fußballstadien AEDs zur Verfügung stehen, sich Initiativen in Städten wie Düsseldorf unter dem Motto „Düsseldorf gegen den Plötzlichen Herztod“ bilden, ist die Versorgung in medizinischen Einrichtungen, wie Arztpraxen aber auch Krankenhäusern, zumeist noch völlig unzulänglich, obwohl auch unter einer ökonomischen Kosten-Nutzen-Erwägung der Einsatz von AEDs voll gerechtfertigt erscheint.
Zahnheilkunde in sensiblen Händen
Zahnmedizin gehört zu den emotional eher angstbesetzen Bereichen der Medizin. Häufig sind hier Patienten mit Erfahrungen an besonders unangenehme Vorbehandlungen anzutreffen, mit innerer Anspannung bis hin zu Angstphobien. Und dies trotz sanften Ambientes der Praxis, Angst reduzierender Aromatherapie und professionell-einfühlsamer Behandlungsbegleitung. Das Leitbild einer Praxis „Zahnheilkunde in sensiblen Händen“, dessen Umsetzung und alle zahnmedizinische Professionalität reichen jedoch nicht aus, wenn aus irrationalen Ängsten plötzlich ein wirklicher Notfall wird. Diese Erkenntnis – und die Garantenstellung für die Sicherheit der sich ihr anvertrauenden Patienten – veranlasste eine große Zahnarztpraxis in Stuttgart zu einem ungewöhnlichen Schritt: Man wollte nicht acht bis zwölf Minuten untätig auf den Notarzt warten, man wollte sich nicht darauf verlassen, dass der kardiologische Kollege zwei Etagen tiefer der „Experte“ sei – alle Mitarbeiter sollten in einem Advance Life Support Kurs und an einem AED trainiert werden. Sie sollten aktive Botschafter im Kampf gegen den Plötzlichen Herztod werden.
Eine Entscheidung die auf einem umfassenden Verständnis von qualitätssichernden Maßnahmen und Risikomanagement basierte, es gehört eben nicht zur Vision der Praxis, sich nur auf ihre Kernkompetenz „Zahnheilkunde“ zurückzuziehen – und lebensrettende Maßnahmen in den Bereich des Führerscheinerwerbs zu verweisen. Sicherheit bedeutet dabei nicht nur Beherrschung von Behandlungs- und Serviceprozessen, sondern die Fähigkeit, gerade auch als zahnmedizinische Professionals im richtigen Moment das Richtige mit den richtigen Hilfsmitteln zu tun und dies als Teamaufgabe zu verstehen.
Das Training
Tätigkeiten die außerhalb unseres Erfahrungsumfeldes liegen, müssen trainiert werden. Während berufsständische Organisationen sich oft auf umfassende Inhalte und einen großen zeitlichen Umfang – quasi als Qualitätsstandard – versteifen, wurde für die Zahnarztpraxis mehr Wert auf ein komprimiertes, gemeinsames und motivierendes Trainingsmodul gelegt. Dies geschah nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass bei entsprechendem Commitment sogar eine videogestützte Trainingseinheit an AEDs bei Senioren eine sehr hohe Performance ermöglichte.
Als Trainer wurde ein Anästhesist, Notfallmediziner und erfahrener Intensivmediziner gewählt. Schwerpunkte waren neben einer komprimierten theoretischen Einführung das Erkennen eines Notfalles, die überlegte ruhige Reaktion, die Durchführung der Basismaßnahmen der Herz- Lungen-Wiederbelebung an einem Übungsphantom – und die sachgerechte Anwendung eines AEDs.
Im Laufe eines Samstagvormittags konnten somit das zahnärztliche Assistenzpersonal, die beiden Zahnärztinnen sowie der Praxismanager geschult werden – und dies mit einer sehr hohen Ernsthaftigkeit und doch mit viel Spaß.
Fazit des Trainers – in dieser Praxis kann mir nichts passieren.
Dr. med. Andreas Fiehn, MBALeitender Arzt KardioanästhesieKlinikum Kassel GmbHMönchebergstr. 41-4334125 Kasselfiehn@klinikum-kassel.de