Schritt für Schritt
„Die Zerstörungen sind immer noch groß. Aber wir kommen Schritt für Schritt voran“, fasst Pater Pinto die Anstrengungen der vergangenen Monate während eines Besuchs in Bonn zusammen. Seit dem 26. Dezember ist er in Negombo im Südwesten sowie im Nordosten und Süden Sri Lankas im Einsatz. An seiner Seite hat er 63 Salesianer und mehr als 600 angestellte und ehrenamtliche Helfer.
Was konnte bisher konkret umgesetzt werden? „50 der geplanten 350 Häuser an der Südküste stehen kurz vor der Vollendung“, berichtet Pater Pinto. „Im Nordosten haben wir Land gekauft und fangen demnächst an zu bauen.“ Das größte Problem dabei: Die Regierung Sri Lankas ändert ständig die Bauvorschriften. Mal sollen neue Häuser mindestens 100 Meter weit vom Strand entfernt sein, mal 200 Meter. Stellenweise hätten sich aber schon Menschen ungeachtet aller Weisungen angesiedelt, erklärt der Pater: „Die können wir nicht einfach vertreiben.“ Deshalb müssen die Salesianer immer wieder mit den Behörden verhandeln. Solange es keine festen Richtlinien gibt, planen sie Neubauten zunächst nur dort, wo die Vorschriften eindeutig sind. Das HDZ hat sich mit 80 080 Euro an dem Programm beteiligt.
Hilfe zur Selbsthilfe
Neben der Wohnsituation muss auch in Sachen Lebensunterhalt einiges unternommen werden. Ganz oben auf Pater Pintos Liste steht die Reparatur und Neuanschaffung von 500 Fischerbooten. Bisher konnten die Salesianer 50 davon an Fischer übergeben, die durch den Tsunami ihre gesamte Existenz verloren haben. „Boote sind hier recht gut zu bekommen“, sagt Pinto, „aber mit den Motoren ist es schwierig.“ Denn in Sri Lanka gibt es nur zwei Firmen, die Schiffsmotoren herstellen. Und die kommen kaum nach mit der Produktion. Deshalb will der Pater den Lehrgang zur Reparatur von Motoren in seinem Berufsbildungszentrum in Negombo auf zwei weitere Standorte ausdehnen. In diesen Ausbildungszentren werden derzeit auch Fischer umgeschult, die durch den Tsunami traumatisiert sind. Sie haben jetzt Angst vor dem Wasser, wollen lieber einen anderen Beruf ergreifen und zum Beispiel als Schreiner oder Elektriker arbeiten. An diesen Vorhaben beteiligte sich das HDZ und stellte die erforderlichen Mittel von 40 300 Euro zur Verfügung.
Sorge um die Kinder
Durch die Flutkatastrophe haben Schätzungen zufolge etwa 3 000 Kinder ihre Eltern verloren. Ihre Situation erfüllt Pater Pinto mit großer Sorge: „Viele leben auf der Straße, sind schutzlos Pädophilen und der tamilischen Befreiungsorganisation LTTE ausgeliefert, die sie als Kindersoldaten rekrutiert.“ In ihren Häusern haben die Salesianer Don Boscos bisher 60 Waisen aufgenommen. Sie leben dort, werden versorgt und gehen zur Schule. Doch Pinto schätzt, dass sein Orden sich bald vier Mal so vieler Kinder annehmen muss. Traditionell kämen Waisen bei Verwandten unter, erzählt er. Diese unterschätzten jedoch oft die Kosten, die dadurch für sie entstünden. „Und dann bringen sie die Kinder zu uns.“ Für diese Mädchen und Jungen sollen vier neue Kinderheime gebaut werden.
Das Waisenhaus „Vellore“ kümmert sich bereits jetzt um die Kinder aus der Katastrophenregion. Das Gebäude ist mit seinen 50 Jahren stark renovierungsbedürftig. Zur Instandsetzung strebt das HDZ eine Kooperation mit Jugend Dritte Welt e.V. an. Von den veranschlagten 57 700 Euro übernimmt die zahnärztliche Stiftung 37 000 Euro.
Ein Projekt, das schon vor der Flutkatastrophe initiiert wurde, ist das Bildungsprogramm für Fischerfamilien in Thope an der Südküste Keralas. Durch den Tsunami hat es an Aktualität noch gewonnen: Ziel ist es, Kinder aus Fischerfamilien so zu fördern, dass sie an staatlichen Schulen konkurrenzfähig sind. Wer gute Leistungen erbringt, erhält zusätzlich ein Stipendium für den Besuch weiterführender Schulen. Ein wichtiges Tsunami-Hilfsprojekt. Denn in der jetzigen Situation hat für die geschädigten Familien der Aufbau einer neuen Existenz absolute Priorität. Neben der Sicherung des Lebensunterhaltes – etwa durch den Erwerb eines Bootes – rückt die Bildung der Kinder oft in den Hintergrund. Auch hier hat das HDZ ausgeholfen und ließ dem Don Bosco-Orden die erbetenen 15 000 Euro zukommen.
Langfristig Perspektiven Schaffen
An Arbeit mangelt es dem Salesianer-Orden und seinen Mitarbeitern also nicht. Hilfe kommt zwar auch von vielen anderen Organisationen, doch aus Pater Pintos Sicht ist diese oft sehr unkoordiniert. So gäbe es in manchen Landesteilen Essen, Medikamente und Camps im Überfluss, in anderen hingegen nichts. Darüber hinaus hätten die ausländischen Helfer eine Reihe von Betrügern angelockt: „Wer zum Beispiel wahllos irgendeine Firma mit dem Bootsbau beauftragt, läuft Gefahr, dass überhöhte Preise verlangt und schlechte Qualität geliefert werden.“ Ein anderes Beispiel: Im Hauruck- Verfahren würden statt solider Häuser Bretterbuden errichtet, die beim nächsten Sturm in sich zusammen fielen. Die Salesianer gehen einen anderen Weg. Sie sind seit 1956 in Sri Lanka tätig und kennen sich aus: „Wir wissen, wer ein Betrüger ist und wer nicht.“ Die Patres und ihre Mitarbeiter legen Wert auf eine geordnete Arbeitsweise und gute Qualität: „Das dauert zwar etwas länger. Doch dafür bieten wir den Menschen eine langfristige Perspektive.“
Ein Grundsatz, den das HDZ teilt und der ihm seit vielen Jahren als Leitlinie bei der Verteilung seiner finanziellen Mittel dient. Die Arbeit der Salesianer Don Boscos in den Tsunami-Gebieten konnte das HDZ dank der großzügigen Spenden der deutschen Zahnärzteschaft und der Patienten mit über 300 000 Euro unterstützen.
Dr. Klaus WinterVorsitzender des Hilfswerks Deutscher ZahnärzteAm Paradies 8737431 Bad Lauterberg