Schlaflos in Freiburg
Nicht nur in Sachen Hitze, auch sonst hatte es „Nikolaus“ ganz gut getroffen: Das Bett des Präsentationsmodells stand im Freiburger Klinikum in klimatisierter, schallgedämmter und extrem gut überwachter Umgebung. Beim Besuch der Journalisten des izz-Presseforums im Schlaflabor diente die mit allen für die Somniografie von Apnoikern notwendigen Prüfapparaturen ausgestattete lebensgroße Puppe als „Anschauungspatient“.
Sekundenschlafes ein um das Siebenfache erhöhtes Unfall- und ein deutlich erhöhtes Herz- und Schlaganfallrisiko.
Um die Ursachen obstruktiver Schlafapnoe (Entspannung und Erschlaffung der Muskeln des weichen Gaumens) zu beseitigen, seien neben verhaltensbezogenen Maßnahmen (Gewichtsabnahme sowie generell die Vermeidung von Toxen wie Nikotin oder Alkohol) die Freihaltung der Atemwege das avisierte Ziel. „Goldstandard“, meinte Sorichter in seinem Vortrag im Hörsaal des zahnmedizinischen Klinikums, sei „die kontinuierliche positive Überdruckbeatmung“ (CPAP). Allerdings kämen nur etwa 70 Prozent der Patienten mit dieser Therapieform mittel- bis langfristig gut zurecht.
Erfolgreiche Schiene
Operative Korrekturen seien bei physikalischen Anomalien, wie vergrößerten Mandeln oder Polypen, sowie Missbildungen des Kiefers und weichen Gaumens oder einer ungünstig verlaufenden Nasenscheidewand indiziert. Aufwändigere Verfahren, wie die Uvulopalatopharyngoplastik, sollten „erst nach eindeutiger Indikationsstellung durch ein spezialisiertes Zentrum in Betracht gezogen werden“. Gute Erfahrungen habe man in der interdisziplinären Arbeit in Freiburg mit den unter dieser Art von Schlafstörung Betroffenen bei richtiger Indikationsstellung und Auswahl mit individuell angepassten Protrusionsschienen gemacht. Hier seien im Vergleich zum „Goldstandard“ der CPAPTherapie durchaus gleichwertige Ergebnisse erzielt worden.
Ausführlich schilderte der leitende Oberarzt der Kfo-Abteilung am Klinikum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, PD Dr. Dr. Edmund Rose, diese „sehr erfolgreiche“ Behandlungsmöglichkeit „ernst zu nehmender Schlafstörungen“. In Freiburg habe man in den vergangenen Jahren mit dieser Therapieform Erfahrungen „an mehr als 1 500 Patienten“ erworben. Rose: „Die aktuellen Schienkonstruktionen bilden heutzutage eine eigenständige Apparaturengruppe, die bezüglich der Effektivität, des Tragekomforts, der Nebenwirkungen und der Haltbarkeit seit der Erstbeschreibung wesentlich verbessert wurde.“ Die sorgfältige Beurteilung der zahnärztlichen Voraussetzungen sei neben einer präzisen schlafmedizinischen Diagnosestellung für einen dauerhaften erfolgreichen Einsatz der Apparaturen Voraussetzung. Gerade bei der Behandlung von Kindern sei die Kieferorthopädie ein wichtiger Teil des interdisziplinär ausgerichteten Behandlungskonzeptes, um skelettale Auffälligkeiten, wie ein verkleinerter Unterkiefer oder ein zu schmales Mittelgesicht, erfolgreich zu therapieren. Eine These, die PD Dr. Matthias Henschen von der Klinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin im Schwarzwald-Baar Klinikum Villingen Schwenningen in einem Vortrag zu „Schlafstörungen bei Kindern“ bestätigte.
Kieferorthopäde Rose wies ausdrücklich auf mögliche Gefahren durch die Nutzung von in Apotheken erhältlichen Schnarchschienen hin. Diese seien in den USA inzwischen wieder verboten. Ohnehin sei ein entzündungsfreier, parodontal gesunder Status Voraussetzung für die Behandlung mit Protrusionsschienen.
Eine Feststellung, die den Gästen von der „schreibenden Zunft“ den Übergang zum Nachmittagsthema folgerichtig erscheinen ließ. Als Einführung zum Schwerpunkt „Neubeschreibung einer präventionsorientierten modernen Zahnheilkunde“ zeigte der Ärztliche Direktor der Abteilung für Zahnerhaltung und Parodontologie, Prof. Dr. Elmar Hellwig, den inzwischen vollzogenen Wandel von der „rein symptombezogenen Therapieausrichtung zu einer ursachengerechten, diagnose- und krankheitsorientierten Behandlung“ auf: „War früher Zahnerhaltung in erster Linie Reparatur, so ist sie heute die Beseitigung und/oder Vermeidung pathogener oraler Einflüsse.“ Dass dieser Prozess des Umdenkens noch nicht überall habe stattfinden können, sei vorrangig durch „die Steuerung der zahnärztlichen Leistungskataloge durch nicht fachoder sachbezogene Erwägungen, die die Einführung einer modernen präventionsorientierten Zahnerhaltungskunde behindern“ begründet.
Was präventive Zahnheilkunde leistet, erklärten stellvertretend für die einzelnen Freiburger Fachbereiche die Referenten Professor Dr. Irmtrud Jonas (Kieferorthopädie) und Dr. Anne Cathrin Quaas für die Prothetik.
Mit großer Aufmerksamkeit verfolgt und diskutiert wurde der den Nachmittag abschließende Vortrag von Dr. Silke Becker, die aus Sicht der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie präventive Maßnahmen gegen die „Alterung des Gesichtes“ aufzeigte. Schlaflosigkeit im Sinne ungeteilter Aufmerksamkeit war seitens der Teilnehmer auf dem Presseforum in Freiburg obligatorisch.