Kredite aktiv managen und Klippen umschiffen
Klaus-Peter D., Zahnarzt in einer hessischen Großstadt, erhielt einen Anruf von dem Kundenberater seiner Hausbank. Der bat ihn zu einem „Orientierungsgespräch“ bezüglich seiner Kreditverbindlichkeiten ins Bankgebäude, wollte sich zu Einzelheiten hierzu trotz hartnäckiger Nachfrage nicht äußern. Der Zahnarzt ging demnach davon aus, dass es sich um ein Routinegespräch unter vier Augen handeln würde, wie sie in der Vergangenheit in unregelmäßigen Abständen bereits mehrfach stattgefunden hatten. Umso überraschter war er, als er sich beim Bankgespräch drei Personen gegenübersah: neben seinem Kundenberater auch dessen Vorgesetzten und einer Mitarbeiterin der Kreditüberwachung. Das Aufgebot begründete sein Kundenberater damit, dass das Gesamtkreditengagement mittlerweile seine Kompetenz übersteige und er deshalb seinen Vorgesetzten dazu gebeten habe sowie die Kollegin, die sich vor allem mit den wirtschaftlichen Hintergründen von Kreditnehmern befasse.
Verhängnisvoll: Schweigen
D. signalisierte, dass er gern vorher über die Zusammensetzung der Runde und vor allem über den Gesprächsinhalt, bei dem es ja offenbar um seine wirtschaftliche Lage gehen würde, Bescheid gewusst hätte; da er an der Situation aber nichts mehr ändern konnte, stellte er sich den Fragen der Bankmitarbeiter. Zunächst. Im Verlauf des Gesprächs wurde ihm jedoch schnell deutlich, dass er ohne seinen Steuerberater, der ihn auch in wirtschaftlichen Fragen beriet, kaum Substanzielles zu den sehr detaillierten Fragen beitragen konnte. Dies galt vor allem bei den Bemerkungen des Abteilungsleiters, der ihn offenbar als den Hauptverantwortlichen für die – in der Tat Besorgnis erregende – Entwicklung des Kontokorrentkredites auf dem Praxiskonto betrachtete. Der Zahnarzt hatte im vergangenen Jahr die Renovierung eines Mehrfamilienhauses mithilfe dieses Kontokorrentkredites finanziert, so dass sich der Saldo mit 100 000 Euro weit über der vereinbarten Kreditlinie von 20 000 Euro ins Minus katapultiert hatte. Im Laufe des Jahres hatten sowohl D. als auch sein Kundenberater mehrfach versichert, die Überziehung „kurzfristig“ in ein Darlehen umschulden zu wollen. Geschehen war dies nicht; der Zahnarzt hatte die Zurückhaltung seiner Bank vor allem auf die einträglichen Überziehungszinsen zurückgeführt und alles beim Alten belassen. Da für ihn die Abwicklung seiner Renovierungsarbeiten über das Girokonto zudem angenehm unproblematisch war, hatte er nicht auf die angepeilte Umschuldung gedrängt. Jetzt holte ihn das Versäumnis ein.
Die Verhandlung mit dem „Trio Infernale“ der Bank über den Kredit eskalierte, als dieses ultimativ ein konkretes Konzept zur Umfinanzierung verlangte. Dem Zahnarzt platzte der Kragen: Eine einvernehmliche Einigung müsse doch wohl im beiderseitigen Interesse liegen, und ein konkretes Finanzkonzept bedürfe nun einmal der gründlichen Vorbereitung, die ihm die Bank durch das Schweigen im Vorfeld aber verwehrt habe. Darüber hinaus habe sie die Schritt für Schritt durchgeführten Kontoüberweisungen bis dato stets ohne Beanstandung ausgeführt und daher Verantwortung für das stetige Anwachsen der Kreditlinie mitzutragen. Dieses ihm allein anzulasten, halte er für unangemessen.
Das Gespräch wurde abgebrochen, damit der Zahnarzt seine finanzielle Situation darstellen und das geforderte Konzept mit seinem Steuerberater konkret entwickeln könne. Der Abteilungsleiter wies bei der Verabschiedung von D. daraufhin, dass die Bank „selbstverständlich nach wie vor bereit sei, zu helfen“. Wie diese Hilfe konkret aussehen würde, blieb unklar.
Zwei Monate nach dem Bankgespräch gibt es in der Angelegenheit immer noch keinen Fortschritt: der verärgerte Kunde lässt sich mit seinem Finanzierungskonzept nach wie vor Zeit, ein bankseitiges Angebot liegt ebenso wenig vor.
Dennoch ist die Situation für D. unbefriedigend: Weitere Kontoüberziehungen lässt die Bank nicht mehr zu. Lastschriftrückgaben konnte der Zahnarzt in der Zwischenzeit nur vermeiden, indem er taggleich für eine entsprechende Kontodeckung sorgte beziehungsweise Rechnungen über ein Konto bei einer anderen Bank beglich. Sein Vertrauen in seine langjährige Hausbank ist seit dem explosiven Gespräch angeschlagen. Dies hat er dem Abteilungsleiter mittlerweile schriftlich mitgeteilt und ihm vorgeworfen, ihn während des geschilderten Gesprächs „bloßgestellt“ zu haben. Eine Reaktion auf dieses Schreiben steht noch aus.
Der Mißkredit
Die ständige Überziehung der Kreditlinie ist, so angenehm die Abwicklung über das Girokonto auch sein mag, ein zweischneidiges Schwert, weil sie den Kunden teuer zu stehen kommt. Zum einen leidet seine Kreditwürdigkeit darunter, zum anderen kosten ihn die teuren Überziehungszinsen ein kleines Vermögen. Die im Vergleich zu einem Darlehen weitaus höheren Zinsen des Kontokorrentkredites sind darin noch nicht einmal berücksichtigt.
Deshalb sollte D. gerade angesichts der unerfreulichen Entwicklung trotz allen Ärgers versuchen, sich schleunigst mit der Finanzierung konstruktiv auseinanderzusetzen. Ebenso empfiehlt es sich, seiner Bank jene Fragen bald zu beantworten, die auf seine wirtschaftliche Situation und ergo seine Kapitaldienstfähigkeit zielen. Die Hilfsbereitschaft der Bank könnte ihrerseits darin bestehen, ihm bei der erforderlichen Umschuldung einen attraktiven Zinssatz anzubieten.
Michael VetterFranz-Lehar Straße 1844319 Dortmund