Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
eines ist an der Demografie-Diskussion beruhigend: Zwar wurden noch keine Lösungen generiert – davon sind wir leider noch weit entfernt – aber das Stadium des ersten Schocks und nostradamischer Horrorszenarien ist inzwischen einer Versachlichung des auf uns zu kommenden Wandels gewichen. Die Angst vor dem gesellschaftlichen Kollaps auf Grund einer hoffnungslos überalterten Gesellschaft hat inzwischen zumindest in Detailfragen kreativen Vorschlägen Platz gemacht. Sie relativieren das Fiasko.
Wohlgemerkt: Es gibt keine Lösung im Sinne der Erhaltung der Gesellschaft wie wir sie heute kennen. Aber man entwickelt inzwischen überdenkenswerte Vorschläge für Maßnahmen, die das Leben im „Altersheim Europa“ wenn nicht liebensso doch lebenswerter machen sollen.
Volkswirtschaftlich hat sicherlich die Gesundheitsökonomie Antworten geben können, die zur Relativierung der Schwierigkeiten beigetragen haben. Eine davon lautet schlicht heruntergebrochen: Alter bedeutet nicht zwangsläufig Krankheit und Siechtum. Medizinische Errungenschaften haben in den letzten Jahren nicht nur zu einer höheren durchschnittlichen Lebenserwartung geführt, sondern auch zu einer Steigerung der Lebensqualität in hohem Alter. Prophylaxe und gesunde Lebensweise haben in einer Gesellschaft hohe Nachfrage, die gleichzeitig ihre Geburtenrate soweit heruntergefahren hat, dass Populisten bereits das Aussterben ganzer Nationen heraufbeschwören. Hier ist es gerade den Bemühungen der Medizin und Zahnmedizin zu verdanken, dass unser Leben nicht nur an Jahren gewinnt, sondern auch an entsprechender Kraft. Vielleicht sind ja Autoren wie der FAZ-Mitherausgeber Frank Schirrmacher durchaus Sprachrohr für eine Generation, die unter der Vorstellung, später in den Ruhestand zu gehen, nicht nur leidet, sondern ganz anders damit umgeht, als es vielen heutigen Rentnern vorstellbar scheint.
Was Lebensqualität und gesamtgesellschaftliche Kosten angeht, so hat die Zahnärzteschaft in den letzten Jahren immer wieder zwei Dinge deutlich gemacht: Zum einen ist die Maxime „Gesunde Zähne – ein Leben lang“ keineswegs Vision, sondern inzwischen für den Mitbürger praktisch greifbare Realität, vorausgesetzt, er handelt – in enger Abstimmung und mit Unterstützung des Zahnarztes seines Vertrauens – eigenverantwortlich prophylaktisch. Zum anderen gilt die von der Politik früher ernüchternd aufgenommene These, dass konsequent verfolgte Vorsorge nicht mit volkswirtschaftlicher Kosteneinsparung einher geht, glücklicherweise auch anders herum: Wer seine natürlichen Zähne möglichst lange erhält und mit ihnen älter wird, kostet die Gesellschaft deshalb auch nicht mehr.
Wer behauptet, dass diese im Laufe der Jahrzehnte hart erarbeiteten zahnmedizinischen Fortschritte die Problematik nur en détail berühren, sei hiermit aufgefordert, in den Bereichen seiner Zuständigkeiten die Dinge ähnlich erfolgreich und nachhaltig anzugehen.
Mit freundlichem Gruß – in diesem Fall auch mal ins Berliner Regierungsviertel
Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur