Fallbericht: Branchiogenes Karzinom

Beidseitiges branchiogenes Karzinom

196336-flexible-1900
Heftarchiv Zahnmedizin
Branchiogene Karzinome sind sehr selten. Sie entwickeln sich auf der Basis epithelialer Reste der embryonalen Kiemengänge. Seit der Erstbeschreibung durch Volkmann im Jahre 1882 [1] wurde bei zahlreichen derartigen Malignomen deren branchiogene Ursache angezweifelt. Im Jahre 1950 verfasste Martin die ersten Kriterien zur klaren Einordnung dieser Tumorentität [2]. Derzeit gelten zur Klassifizierung branchiogener Karzinome die modifizierten Richtlinien nach Khafif [3].

Hier wird ein weiterer klinischer Fall eines zum Zeitpunkt der Diagnosestellung 50- jährigen Mannes mit einem branchiogenen Karzinom nach den Khafif’schen Kriterien und einem Zungenkarzinom als metachronen Tumor demonstriert.

Kasuistik

Im Jahre 1993 wurde bei einem damals 51- jährigen männlichen Patienten ein tumorverdächtiger Befund linksseitig am Vorderrand des Musculus sternocleidomastoideus diagnostiziert. Die histologische Untersuchung bestätigte das Vorliegen eines branchiogenen Karzinoms. Im Computertomographie (CT) konnte am Mundboden links eine etwa ein Zentimeter messende, rundliche Struktur mit peripherem Kontrastmittelenhancement und zentraler Hypodensität nachgewiesen werden (Abbildung 1).

Es schloss sich die Operation inklusive linksseitiger radikaler Neck dissection an. Postoperativ erfolgte eine Bestrahlung mit insgesamt 60 Gy.

Im Mai des Jahres 1995 musste ein branchiogenes Karzinom der rechten Halsseite diagnostiziert werden, welches im CT durch ein supraclaviculär rechtsseitiges, homogenes Kontrastmittelenhancement imponierte (Abbildung 2). Daraufhin wurde nun eine rechtsseitige funktionelle Neck dissection vorgenommen. Im November des gleichen Jahres fiel im Rahmen der Tumornachsorge ein dringend malignomverdächtiges Areal am Zungengrund auf. Die histologische Untersuchung nach abermaliger Probeexzision bescheinigte ein mäßig differenziertes, nicht verhornendes Plattenepithelkarzinom der Zunge, woraufhin eine Glossektomie und auch eine Laryngektomie durchgeführt wurden. Die Rekonstruktion der Weichteilstrukturen wurde durch einen Pectoralis-major-Lappen realisiert.

Seit 1996 wurden jährliche CT-Kontrollen vorgenommen. Dabei konnte in keinem Fall ein Anhalt für ein Rezidiv – weder des branchiogenen Karzinoms noch des Plattenepithelkarzinoms – gefunden werden. Die Abbildung 3 zeigt den Patienten zehn Jahre tumorfrei, Abbildung 4 demonstriert die intraorale Situation des mittlerweile durch Teleskopprothese rehabilitierten Patienten.

Diskussion

Für das Vorliegen eines branchiogenen Karzinoms gelten die Kriterien nach Martin [2] und Khafif [3]. Charakteristisch für den präsentierten Fall sind die Lokalisation und die typische Histologie in Form von maligne entartetem Zystengewebe sowie eine tumorfreie lympho-epitheliale Übergangszone (Tab.1). Dementsprechend existieren nur wenige branchiogene Karzinome. Lin et al. [4] berichteten 2004 zuletzt über einen Patienten mit einem branchiogenen Karzinom. In Tabelle 2 sind sämtliche branchiogenen Karzinome seit 1968 zusammengefasst, welche die durch Khafif modifizierten Einordnungskriterien erfüllen. Wir fügen den bisher in den letzten 37 Jahren publizierten, echten branchiogenen Karzinomen einen weiteren derartigen Fall hinzu. Nach unserem Kenntnisstand ist es außerdem die erste beidseitige Manifestation eines branchiogenen Karzinoms.

Nach Diagnosesicherung und Operation ist eine anschließende Bestrahlung erforderlich [4]. Die Ausschöpfung chirurgischer und radiologischer Maßnahmen garantierte im vorliegenden Fall die vergleichsweise lange rezidivfreie Zeit von mittlerweile mehr als zehn Jahren trotz des Vorliegens eines weiteren Karzinoms (Abbildungen 3 und 4).

PD Dr. Dr. Peter Maurer, Dr. Lutz Meyer,Prof. Dr. Dr. Edgar Spens (em.),Prof. Dr. Dr. Johannes SchubertDr. Dr. Alexander W. EckertUniversitätsklinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie,Martin-Luther-Universität Halle-WittenbergErnst-Grube Str. 4006097 Halle/Saaleaw.eckert.wissenschaft@web.de

Dr. Udo BilkenrothInstitut für Pathologie, Martin-Luther-Universität Halle-WittenbergMagdeburger Str. 1006110 Halle/Saale

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Kriterium

Eigener Patient

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Lokalisation des Tumors an einer Linie

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Tragus-Vorderrand des Musculus

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sternocleidomastoideus

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Andere Malignome sind in der

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Eigenanamnese in den letzten 5 Jahren

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nicht bekannt

Lokalisation am Vorderrand des

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M. sternocleidomastoideus

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Ausschluss durch Hausarzt und eingehende

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internistische

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Untersuchung

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Charakteristische Histologie:

Maligne entartetes Zystengewebe und eine

tumorfreie lympho-epitheliale

Übergangszone

Bestätigung im mikroskopischen

Präparat

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Autor

Jahr

Therapie

Verlauf

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Katubig et al. [5]

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Hansson et al. [6]

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Benisch & Som [7]

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Bernstein et al. [8]

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Black et al. [9]

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Wolff et al. [10]

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Krogdahl [11]

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Krogdahl

\n

Krogdahl

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McCarthy & Turnbull [12]

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\n

Jakoblow et al.[13]

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\n

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Ronay et al.[14]

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Soderstrom [15]

\n

Khafif [3]

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\n

Khafif

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\n

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Singh et al. [16]

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Singh et al.

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Hong et al. [17]

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Zimmermann et al. [18]

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Lin et al. [4]

1968

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1972 1973 1976 1978

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1978 1979 1979 1979

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1981

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1982

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1984 1987

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1989

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1989

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1998 1998

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1999

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2002 2003

Exzision, Bestrahlung

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Exzision, Bestrahlung

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Exzision

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Exzision, Neck dissection Resektion, Nachresektion, Neck dissection und Bestrahlung

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Exzision

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Neck dissection

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Neck dissection

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Exzision, Bestrahlung

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Exzision, Bestrahlung

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Exzision, Neck dissection, Bestrahlung

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Exzision

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Exzision

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Exzision, Neck dissection, Bestrahlung

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Exzision, Neck dissection, Bestrahlung

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Exzision

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Exzision, Bestrahlung

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Neck dissection, Bestrahlung

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Exzision

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Exzision

Lebermetastasen, Tod durch Sepsis

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4 Jahre rezidivfrei

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9 Jahre rezidivfrei

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2 Jahre rezidivfrei

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4 Rezidive in 5 Jahren, Tod 1 Jahr später

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1 Jahr rezidivfrei

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8 Jahre rezidivfrei

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5 Jahre rezidivfrei

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5 Jahre rezidivfrei

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5 Jahre rezidivfrei, verstorben

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4 1/2 Jahre rezidivfrei, Tod 5 Jahre später

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5 Jahre rezidivfrei

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5 Jahre rezidivfrei

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Rezidiv, pulmonale Metastase nach 4 Jahren, Tod nach 5 Jahren

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2 1/2 Jahre rezidivfrei

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6 Jahre rezidivfrei

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8 Jahre rezidivfrei

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11 Monate rezidivfrei

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3 Jahre rezidivfrei

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2 Jahre rezidivfrei

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Eigener Patient

2005

Exzision, Nachresektion, Neck dissection, Bestrahlung

10 Jahre rezidivfrei

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