Handlungsdruck für Unternehmer durch Basel II

Ein Kuckucksei beim Bankgeheimnis

Basel II und kein Ende: vor der offiziellen Einführung der veränderten Kreditvergaberichtlinien im Januar 2007 warten auf Zahnärzte noch so manche Überraschungen: Gewusst welche und sich darauf vorbereiten ist für Unternehmer selbstverständlich.

Dies bekam auch Hans- Dieter M., Zahnarzt aus dem Ruhrgebiet, zu spüren. Nach einem insgesamt recht konstruktiven Kreditgespräch mit dem für ihn zuständigen Kundenberater seiner Hausbank über eine Erhöhung eines Praxisdarlehens ging es nach Aussage seines Gesprächspartners „nur noch um die üblichen Formulierungen“ des Kreditvertrages. Damit war für den Zahnarzt klar, dass einer weiteren, während der vergangenen Jahre weitgehend vertrauensvollen Zusammenarbeit nichts entgegensteht. Als er den Vertragsentwurf erhielt, war er allerdings alles andere als zufrieden: zwar entsprachen die Konditionen der Krediterhöhung einschließlich der verabredeten Kreditsicherheiten dem Gesprächsinhalt, doch andere Passagen ließen bei ihm die Alarmglocken schrillen.

Vor allem der Abschnitt, der überschrieben war mit „Übertragung des Kreditrisikos an Dritte/Befreiung vom Bankgeheimnis“ spielte beim Gespräch mit dem Bankmitarbeiter keinerlei Rolle. Dabei birgt dieser Abschnitt erhebliche Brisanz: es geht um die Ermächtigung der Bank, den M. zur Verfügung gestellten Kredit einschließlich der Sicherheiten gegebenenfalls an Dritte zu verkaufen beziehungsweise abzutreten. Die Bank begründet diese Option mit einer angestrebten „Risikodiversifizierung ihres wirtschaftlichen Risikos der Kreditgewährung“. Damit sich der potenzielle Käufer des Kredites, kommt es zu einem späteren Verkauf, zwecks Ermittlung eines angemessenen Kreditkaufpreises ein Bild von der wirtschaftlichen Situation von M. machen kann, muss dieser einer Aufhebung des Bankgeheimnisses naturgemäß zustimmen.

Bank durchaus bewusst: ein Großteil seiner persönlichen Daten kann beispielsweise einem externen Finanzunternehmen oder einer Kapitalanlagegesellschaft zugänglich gemacht werden, die ihrerseits wiederum andere Personen oder Unternehmen davon ebenfalls in Kenntnis setzen kann. Dabei spielte es für den Zahnarzt keine Rolle, dass sämtliche Beteiligten eine „Vertraulichkeitsvereinbarung“ abgeben wollen, die zumindest eine gewisse Datensicherheit garantieren soll. Er entschied, sich nun zunächst mit seinem Anwalt in Verbindung zu setzen und seine rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen. Klar war, daran hatte er in den zwischenzeitlich geführten Telefongesprächen mit seinem Kundenberater keinen Zweifel gelassen, dass dieses Verhalten sein Vertrauen zu seiner Bank nachhaltig gestört hat.

Tücken bei den Geschäftsbedingungen

Das dargestellte Problem ist kein Einzelfall: die mit den erhöhten Anforderungen an die Kreditvergabe im Mittelstand („Basel II“) verbundenen Konsequenzen sind für Praxisinhaber noch gar nicht vollständig absehbar. Neben der ursprünglichen Idee, die Konditionen von Bankkrediten mehr als bisher an der Qualität der jeweiligen Kreditwürdigkeit oder Bonität des Zahnarztes als Unternehmer auszurichten, zieht Basel II mittlerweile eine Anzahl weiterer Folgen mit teilweise erheblichen Auswirkungen für mittelständische Kreditnehmer nach sich. Ob, wie im Fall von diesem Praxischef, der mögliche Verkauf von Krediten als unmittelbare Folge von Basel II angesehen werden kann, sei dahin gestellt. Wichtig ist, dass persönliche Informationen des Bank- oder Sparkassenkunden an Dritte in einem zumindest möglichen Umfang weitergegeben werden sollen, der wohl mit dem zumindest in Ansätzen bisher noch bestehenden Bankgeheimnis nichts mehr zu tun hat. Darüber hinaus erscheint es äußerst fragwürdig, dass Kreditinstitute derart wichtige Vertragsbestandteile häufig eher beiläufig abhandeln statt sie ausdrücklich zu thematisieren. Dies gilt weitgehend auch bei einem weiteren Punkt, der ebenfalls für zunehmende Verstimmung im Kunde-Bank- Verhältnis sorgt: Bankinstitute stellen zunehmend höhere Ansprüche an die Prüfungshandlungen, die Steuerberater bei der Erstellung von Jahresabschlüssen der Praxisinhaber durchführen.

Kreditgeber erwarten bei der Erstellung des Jahresabschlusses nunmehr regelmäßig weit gehende Prüfungshandlungen durch den Steuerberater. Offenbar versprechen sich Banken und Sparkassen davon aussagefähigere Informationen, die mit dem ihnen vorliegenden Zahlenwerk abgeglichen werden. So ergibt sich aus der Vielzahl der auf diesem Weg gewonnenen Informationen ein je nach Einzelfall äußerst detailliertes wirtschaftliches Bild des Kunden. Obwohl es aus Sicht des Kreditgebers grundsätzlich verständlich ist, wenn er sich einen umfangreicheren Überblick über die finanzielle Lage des Praxisinhabers verschaffen will, sollte auch hier darüber nachgedacht werden, den Kunden rechtzeitig und umfassend über die mit den erweiterten Prüfungshandlungen des Steuerberaters verbundenen Folgen zu informieren. Dabei geht es auch um zusätzliche Kosten, mit denen der Kreditnehmer rechnen muss, wenn sein Steuerberater einen entsprechenden Mehraufwand leistet.

Ärzte und Zahnärzte werden umdenken müssen, wenn es um die Verbesserung ihrer Kreditbeurteilung, des so genannten „Ratings“, geht. Vor allem die Bedeutung der „weichen Faktoren“ („soft facts“) sollte dabei nicht unterschätzt werden. Hier geht es im Wesentlichen um Fähigkeiten wie Führung, Planung und Organisation im Rahmen einer möglichst professionellen Praxissteuerung durch den Zahnarzt. Darüber hinaus erwarten Banken meist ein aussagefähiges Konzept über die künftige Praxisnachfolge, selbst Zahnärzte in mittleren Jahren. Da bei Praxen regelmäßig langfristige Finanzierungen vorgenommen werden, soll offenbar rechtzeitig sichergestellt werden, dass bei einem späteren Betriebsübergang auch vom Nachfolger die bisher reibungslose Zahlung der Zins- und Tilgungsraten gesichert ist.

Michael VetterFranz-Lehar Straße 1844319 Dortmund

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