Zwangsstörungen

Eine Qual für den Alltag

Etwa zwei von hundert Menschen erkranken im Laufe ihres Lebens an wangsstörungen. Sie werden von Handlungen und Gedanken geplagt, die sie nicht kontrollieren können. Weniger als zehn Prozent der Betroffenen sind in Behandlung – obwohl es vielfältige therapeutische Ansätze gibt.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt Zwangsstörungen zu den 20 häufigsten Ursachen für Behinderung. Vergleichsweise Wenigen kann effektiv geholfen werden. Der Grund: Die meisten Menschen mit Zwängen empfinden ihr Verhalten und ihre Gedanken als unsinnig und schämen sich dafür. Viele fürchten, für verrückt erklärt zu werden und schweigen lieber. Nur ein Bruchteil der Erkrankten entschließt sich, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dabei gibt es eine Vielzahl therapeutischer Ansätze in der Behandlung von Zwangserkrankungen.

Ursache der Störungen

Mithilfe neuer bildgebender Verfahren konnten bei Menschen mit Zwangsstörungen neurobiologische Veränderungen im Gehirn nachgewiesen werden. Es zeigte sich, dass bestimmte Hirnareale bei den Betroffenen übermäßig aktiv sind. So zum Beispiel Teile des Frontalhirns, in dem Handlungen und Sozialverhalten gesteuert werden. Gleiches gilt für Basalganglien, die bei der Filterung der Informationen aus dem Frontalhirn und als Speicher für automatisch ablaufende Verhaltensprogramme eine Rolle spielen. Auch das limbische System, das die Emotionen reguliert, ist betroffen. Mehr als zehn Therapiestudien zeigen, dass es nach erfolgreicher Therapie der Zwangserkrankung zu einer Normalisierung des gestörten Metabolismus in den Hirnregionen kommt.

Gute Chancen auf Heilung

Zwangssymptome sind hartnäckig und können die Betroffenen über Jahrzehnte oder das gesamte Leben begleiten, ohne dass sie es schaffen, davon loszukommen. Früher galt die Erkrankung als weitgehend unbehandelbar. Heute verspricht jedoch die kognitive Verhaltenstherapie gute Aussichten auf Heilung. Sie führt in 60 bis 70 Prozent aller Fälle zum Erfolg. Dabei werden die Patienten schrittweise mit den Zwang und Angst auslösenden Reizen konfrontiert, ohne die eingeschliffenen Rituale auszuüben. Eine zusätzliche Medikation mit so genannten Serotonin-Wiederaufnahme- Hemmern erhöht die Chancen zusätzlich. Die Medikamente alleine bewirken eine etwa 30- bis 40-prozentige Linderung der Beschwerden.

Diese effektiven Therapiemethoden werden in der Praxis nicht ausreichend genutzt. Das bestätigen mehrere unabhängige Umfragen. Häufig werden unspezifische, wenig wirksame Methoden angewendet. Bei vielen Patienten entsteht so der Eindruck, es gäbe auch heute noch keine wirksamen Mittel gegen ihre Erkrankung.

Neue Therapieformen

Das Verfahren der Tiefenhirnstimulation zählt zu den neuesten Entwicklungen in der Therapie von Zwangsstörungen. Elektroden, die in das Gehirn der Betroffenen implantiert werden, senden leichte Stromstöße, um die gestörte Hirnaktivität zu beeinflussen. Mit diesem operativen Eingriff konnten insbesondere bei neurologischen Erkrankungen wie dem Morbus Parkinson oder Dystonien große Erfolge erzielt werden. Noch ist es jedoch zu früh, das Verfahren bei schweren Zwangserkrankungen anzuwenden. Zuvor muss die Therapie in Studien geprüft werden. Auch danach sollte sie nur zum Einsatz kommen, wenn alle anderen wissenschaftlich erprobten Therapieverfahren keine Wirkung zeigen.

Stigmatisierung abbauen

In jüngster Zeit häufen sich Filme um Personen mit Zwangsstörungen: „Besser geht’s nicht“ mit Jack Nicholson, Martin Scorceses „The Aviator“ mit Leonardo DiCaprio oder „Detective Monk“ mit Tony Salhoub sind dafür nur einige Beispiele.

Die Darstellung der Protagonisten ist grundsätzlich positiv. Trotz ihrer psychischen Erkrankung sind sie die Helden des jeweiligen Films. Dazu tragen nicht zuletzt ihre besonderen Fähigkeiten bei. Trotzdem stellt sich die Frage, ob solche Medienangebote geeignet sind, das Krankheitsbild der Zwangsstörung bekannter zu machen und Stigmatisierung abzubauen.

Wünschenswert wäre, wenn die Öffentlichkeit durch das Aufgreifen dieses Krankheitsbildes in Filmen zu einem normaleren Umgang mit den Betroffenen käme.

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