Sozialrecht übergestülpt
Der Präsident des Bundesverbandes der implantologisch tätigen Zahnärzte in Europa (BDIZ EDI) Präsident Christian Berger setzte in seiner Moderation den Rahmen für die berufspolitische Diskussion: Es gelte, im Berufsstand keine losgelösten Inseldebatten zu führen, sondern die Globalisierung und das Umfeld der zahnärztlichen Berufswelt im Auge zu behalten.
In seinem Impulsreferat skizzierte BZÄK-Präsident Dr. Dr. Jürgen Weitkamp Leitgedanken zur präventionsorientierten ZahnMedizin in der Freiberuflichkeit. Der Berufsstand dürfe gegenüber der Politik mit Selbstbewusstsein auftreten, welches er durch seine präventiven Leistungen erarbeitet habe. Die Freiberuflichkeit gerate aber immer mehr in Gefahr durch Versozialrechtlichungstendenzen im Gesundheitswesen. Diesen Prozess legte Weitkamp beispielhaft und ausführlich anhand der gegenwärtigen Entwicklung in der GOZ-Novellierung dar. „Bei einem Ansatz nach dem anderen wird das Sozialrecht übergestülpt“, analysierte Weitkamp weiter. „Es wird nicht mehr lange dauern, dass sich auch die Aus-, Fort- und Weiterbildung im Sozialrecht wiederfindet.“ Der BZÄK-Präsident sieht aber trotz der gesetzlichen Rahmenbedingungen auch Chancen. So habe sich das System der befundorientierten Festzuschüsse als erfolgreich bewährt, denkbar sei, dies auf andere Bereiche auszuweiten. „Nach jeder neuen Wahl gibt es eine neue Reform“, prognostizierte er abschließend. Hier müsse man gewappnet sein. Die Zahnärzteschaft jedenfalls stehe mit ihrem präventiven Ansatz sowohl ethisch wie auch fachlich auf solidem Fundament.
Fortbildung, Weiterbildung, Master und Bachelor – diesen Themenkomplex beleuchtete Prof. Dr. Dr. Wilfried Wagner, Universität Mainz. Er differenzierte zwischen Tätigkeitsschwerpunkten, allgemeiner, strukturierter und zertifizierter Fortbildung sowie Masterstudiengängen und erläuterte die Hintergründe. Neben ökonomischen und fachlichen Anreizen zur Schwerpunktbildung habe vor allem der Bologna-Prozess (Harmonisierung der Hochschulausbildung in Europa) zur Dynamisierung in diesem Bereich geführt. Die Neugliederung des Zahnmedizinstudiums ist nach seiner Auffassung nicht mehr aufzuhalten. Wagner unterstrich, dass das Thema sehr komplex sei und dass man sich weiter damit beschäftigen müsse. Er warnte vor einer Zerfaserung der Masterstudiengänge und vor Grauzonen und begrüßte postgraduale Studiengänge, die eine wissenschaftliche Orientierung enthalten. Die Frage der Weiterbildung dürfe in diesem Themenkomplex nicht ausgeklammert werden. „Wenn wir daran arbeiten, werden wir eine sinnvolle Lösung finden.“
GKV üben
Die Zukunft der Privaten Krankenversicherung stand im Fokus der Analyse von Dr. Thomas Ratajczak, Justiziar des BDIZ EDI. Er beleuchtete das GKV-WSG, unterstrich anhand von Beispielen, dass der Sozialgesetzgeber immer mehr unmittelbar in den PKVBereich eingreift und nahm Weitkamps Gedankengang der wachsenden Versozialrechtlichung auf. Für 2009 erwartet er einen Run auf den Basistarif. Was die PKV betreffe, so „übt diese schon mal GKV“. Der Zahnarzt sollte bedenken, dass er es künftig mit deutlich mehr Patienten mit GKV-Leistungsanspruch zu tun haben werde – und damit auch mit mehr Selbstzahlern.
Einen Blick in die Zukunft der GKV aus Sicht der Techniker Krankenkasse warf deren Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Norbert Klusen. Auch er ging hart mit dem GKVWSG ins Gericht, das er als „Wettbewerbsbeseitigungsgesetz“ bezeichnete. „Die Gesundheitsreform ist sehr sozialdemokratisch geworden,“ sagte er. Sein Fazit: die Staatsnähe steigt, die Finanzierungsreform birgt Risiken, staatlicher Dirigismus und Unterversorgung werden zu realistischen Szenarien.