Zum modernen Wert des Freien Berufs
Sehr verehrte Frau Kollegin,
sehr geehrter Herr Kollege,
schaut man sich das gesellschaftliche Engagement der Zahnärzte an, so tritt Erstaunliches zutage. Unser Berufsstand ist nicht nur in der Stiftungslandschaft fest etabliert (siehe Titelgeschichte ab Seite 22), sondern weit darüber hinaus. Die Spannbreite sozialer und gesellschaftlicher Initiativen reicht von groß angelegten internationalen Projekten bis hin zu konkreten nationalen Aktivitäten vor der eigenen Haustür. Alle verfolgen das gleiche Ziel, nämlich Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, und das schon seit vielen Jahren. Unabhängig davon, ob es sich um finanzielle, (zahn-)medizinische oder rein menschliche Unterstützung handelt – die Zahnärzte sind aktiv dabei.
Gerade unser Status als Freiberufler verpflichtet uns, soziale Verantwortung zu übernehmen. Fest in unserem Tun verankert und mit hoher Sozialkompetenz ausgestattet, sind wir geradezu prädestiniert dazu. Doch die Freiberuflichkeit hat im Rahmen gegenwärtiger gesundheitspolitischer Entwicklungen einen anderen Stellenwert erhalten. Tendenzen wie die Verstaatlichung der Selbstverwaltung, die Vereinheitlichung von GKV und PKV oder neue Strukturen der Versorgung und Berufsausübung verändern vertraute Fundamente. Auch das Berufsbild wandelt sich durch Faktoren wie Qualitätsförderung, Feminisierung des Berufstandes, Vernetzung von Wissenschaft und Praxis und vieles mehr. Da mag an manchen Ecken die Frage aufkommen, ob das Prinzip inzwischen ein alter Zopf von gestern ist, der womöglich sogar abgeschnitten gehört. Mitnichten! Es gibt keinen Gegenbeweis dafür, dass ambulante ärztliche und zahnärztliche Leistungen irgendwo auf der Welt patientenfreundlicher und wirtschaftlicher erbracht werden können als durch Freiberuflichkeit. Dennoch gehört das Prinzip auf den Prüfstand, es muss modernisiert und den aktuellen Gegebenheiten stets neu angepasst werden. Deshalb bedarf es einer Kommunikation der modernisierten Werte von Freiberuflichkeit, sowohl in den Berufsstand hinein wie auch in die breite Öffentlichkeit. Dazu hat der vor kurzem durchgeführte Workshop der Öffentlichkeitsarbeiter der Kammern und KZVen in Berlin intensive konzeptionelle Arbeit geleistet und wichtige Impulse gesetzt.
Mit vier zentralen Grundwerten lässt sich die Freiberuflichkeit in der Gesellschaft und im Berufsstand bestens kommunizieren:
•Qualität:Dazu zählen Qualifikation, Qualitätssicherung, und Qualitätsmanagement.
•Freiheit:Damit ist die Diagnose- und Therapiefreiheit gemeint.
•Vertrauen:Das ist die in eigener Verantwortung geführte Zahnarzt-Patienten-Beziehung.
•Heilen:Hier greift der ureigene Auftrag des ZahnMediziners.
Freiberuflichkeit zeichnet sich dadurch aus, dass hochstehende Leistungen eines akademischen Berufsstandes in fachlicher Unabhängigkeit erbracht werden. Das gilt vor allem für den Zahnarzt in freier Niederlassung, aber auch genauso wie im Angestelltenverhältnis. Das Ganze ist gekoppelt mit einer berufsständischen Selbstverwaltung, denn nur so lässt sich eine Fremdbestimmung durch staatliche Instanzen verhindern. Die Diskussionen sollten primär auf ideeller Basis geführt werden, so erreicht man Glaubwürdigkeit nach innen wie nach außen.
Wichtig ist, dass die Zahnärzteschaft selbst sich über ihre freiberufliche Rolle klar wird – das gilt für die Standesorganisationen genauso wie für jeden einzelne Kollegen in seiner Praxis. Die Bundeszahnärztekammer fordert dazu auf, diese Diskussionen intensiv zu führen. Deklamationen allein bewirken nichts. Positive Handlungsansätze, wie das ehrenamtliche Engagement für das Gemeinwohl, erlauben, dass wir Zahnärzte hier mit Selbstbewusstsein auftreten dürfen. Unser Berufsstand ist eine Wertegemeinschaft, wir setzen uns ein für Gesundheit in einer von Menschenwürde getragenen Gesellschaft.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Dr. Dr. Jürgen WeitkampPräsident der Bundeszahnärztekammer