Teurer Euro
Die Experten streiten. Die einen – einer von ihnen ist der französische Präsident Nicolas Sarkozy – halten den Euro für zu teuer und fordern entsprechende Maßnahmen, die anderen behaupten, seine Stärke demonstriere die stabile Wirtschaftslage im europäischen Raum. Die meisten aber denken nur darüber nach, ob sie einen Vor- oder einen Nachteil vom teuren Euro haben. Seinen Höchststand von 1,38 Euro gegenüber dem Dollar erreichte er am 11. Juli 2007, Tendenz eher steigend. Eigentlich sollten die exportabhängigen Branchen, wie der Maschinenbau, am lautesten stöhnen, denn ihre Produkte werden in den Dollar-Regionen teurer. Doch die Auftraggeber zahlen die Preise ohne Murren, so gefragt ist deutsche Qualitätsarbeit derzeit im Ausland.
Ein großer Teil des Exports geht inzwischen auch in andere Länder nach Südamerika, Asien oder Europa. Die Abhängigkeit von den USA hat nachgelassen. Die chemische Industrie beispielsweise profitiert sogar von der starken Währung. Sie kann Rohöl und andere wichtige, in Dollar gehandelte Rohstoffe deutlich günstiger einkaufen.
Derzeit zeigt aber nicht nur der Euro Stärke, sondern der Dollar schwächelt auch. Die Gründe liegen zum einen in der Angst der Amerikaner, dass die starke Konjunktur abflaut, zum anderen bereitet die Immobilienbranche große Sorgen. Denn viele Kreditnehmer können ihre Hypotheken nicht zurückzahlen.
Inzwischen wandern große Beträge privater und institutioneller Investoren in den Euro. Als Lockmittel dienen die steigenden Zinsen auf dem alten Kontinent. Glaubt man dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank Jean-Claude Trichet, so ist das Ende noch nicht erreicht. Zur letzten Erhöhung des Leitzinses im Juni auf vier Prozent kündigte er bereits weitere Maßnahmen an, um einer steigenden Inflationsrate Einhalt zu gebieten. Der Konjunktur scheint es bislang nicht zu schaden, der Euro wird wohl vorerst teuer bleiben.
Auch für den normalen Verbraucher macht sich die starke Währung bemerkbar. Angesichts des steigenden Ölpreises darf er wohl kaum auf sinkende Notierungen an den Zapfsäulen der Tankstellen hoffen, aber spürbar langsamer anziehende Preise für Benzin dürften schon möglich sein.
Den größten Anlass zur Freude haben derzeit USA-Reisende: Flüge, Hotels, Mietautos oder das dicke Steak werden spürbar billiger, weil es in der Wechselstube mehr Dollar für den Euro gibt.
Wie sich die amerikanische Währung gegenüber dem Euro und vielen anderen Währungen verhält, das verrät der amerikanische Exportschlager schlechthin, der Big Mac. Zubereitung und Zutaten und deren Verhältnis zueinander sind auf der ganzen Welt gleich: Rinderhack, Gurken, Eisbergsalat, Cheddar-Käse und Weichbrötchen. Verkauft wird die wohl bekannteste Frikadelle des Universums in rund 120 Ländern. Diese Tatsache rief die Ökonomen in der Redaktion des britischen Economist auf den Plan. Sie fanden, dass der Big Mac die idealen Voraussetzungen für einen internationalen Vergleich der Wechselkurse bietet. Der Hamburger kostet in den USA 3,41 Dollar das Stück. Und dieser Preis müsste eigentlich weltweit gelten. Das Ergebnis zeigt, dass das Gegenteil der Fall ist. Einige Wechselkurse laufen derzeit aus dem Ruder. Ein besonders krasses Beispiel ist der chinesische Yüan. Er gilt als extrem unterbewertet. Die chinesische Wirtschaft profitiert davon. Sie kann ihre Produkte weltweit besonders günstig anbieten und die Konkurrenz vor Ort aus dem Feld schlagen. Der Big Mac bestätigt diese Theorie. In Peking kostet er nur 1,45 Dollar, eine Unterbewertung von 60 Prozent. Um 22 Prozent zu teuer ist das Fleischbrötchen zum Preis von 4,17 Dollar in Euroland. Die Schweizer berappen für das Fast Food sogar 5,20 Dollar.
Wie aussagekräftig der Index tatsächlich ist, darüber streitet die Fachwelt. Nicht berücksichtigt bei der Berechnung sind beispielsweise die unterschiedlichen Kosten bei der Herstellung des Hamburgers. Sie fallen in den Schwellenländern deutlich niedriger aus als in den Industriestaaten. Doch die Tendenz, die der Index aufzeigt, stimmt verblüffend häufig mit der tatsächlichen Entwicklung der Wechselkurse überein. Wahrscheinlich werden die „Economisten“ ihren Index weiterpflegen solange es den Kult-Klops gibt. Dafür spricht jedenfalls, dass sie es in diesem Jahr schon zum 21. Mal getan haben.
Marlene Endruweitm.endruweit@netcologne.de