Der Staffelstab geht an die Selbstverwaltung
Zwei Tage Konferenz über ein ziemlich trockenes Thema – doch die hohen Besucherzahlen zeugten von einem regen Interesse. Unter dem Titel „Sicherung der Qualität im Gesundheitswesen: Ergebnisse und Perspektiven“ fand in Berlin die Abschlussveranstaltung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zum Modellprogramm Qualitätssicherung sowie die zweite nationale Qualitätskonferenz des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) statt. Mit dem Modellprogramm hatte das BMG in den vergangenen 16 Jahren zahlreiche Projekte zur Qualitätsförderung initiiert, unterstützt und finanziell mit rund 30 Millionen Euro gefördert.
Als einen wichtigen Schrittmacher, um neue Ansätze zur Förderung der Qualität zu entwickeln, zu erproben und sie der Praxis zur Verfügung zu stellen, bezeichnete Ministerin Ulla Schmidt das Modellprogramm. Die Projekte hätten viel praxisnahe Ergebnisse gezeigt, die in die Gesetzgebung eingeflossen seien und die sich nun in der Konkretisierung befänden. Der Kongress in Berlin diene dazu, als Gesetzgeber den Staffelstab nun formell in die Hände der Selbstverwaltung (in Form des G-BA) zu übergeben, damit diese nun in Zusammenarbeit mit Ärzten und Krankenhäusern die inhaltliche Fortentwicklung der Qualitätssicherung selbst wahrnehmen könne.
Unter den geförderten Projekten (siehe Kasten) hob Schmidt zum Beispiel die Erprobung der vergleichenden Qualitätssicherung im Krankenhaus hervor, die von der Bundesgeschäftsstelle für Qualitätssicherung (BQS) vorgenommen wird. Dabei werden die Behandlungs- und Ergebnisdaten verglichen, sodass jede Einrichtung erkennen kann, wie gut sie aufgestellt ist. Der Förderschwerpunkt zum Benchmarking in der Patientenversorgung zeige, wie Einrichtungen des Gesundheitswesens bei der Behandlung bestimmter Krankheiten voneinander lernen können. Und über 500 Krankenhäuser seien inzwischen nach dem freiwilligen Verfahren KTQ – der Kooperation für Transparenz und Qualität im Krankenhaus – zertifiziert worden.
Das neue Wettbewerbsstärkungsgesetz räumt der Selbstverwaltung mehr Eigenverantwortung für die Weiterentwicklung der Qualitätssicherung ein. In vielen Bereichen sollen in den nächsten Jahren neue Verfahren und Prozesse dafür ausgestaltet werden. Der unparteiische Vorsitzende des G-BA, Dr. Rainer Hess, betonte, dass Projekte, die erfolgreich gestartet seien, auch weitergeführt würden. Qualitätssicherung könne aber nur greifen, wenn sie sektorenübergreifend durchgeführt werde. Er begrüßte, dass die entsprechenden Anforderungen dafür künftig als G-BA-Richtlinien einheitlich und sektorenübergreifend festgelegt werden sollen. Mit der Reform seien auch die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen geschaffen. Zur Wahrung des Datenschutzes würden die Patientendaten pseudonymisiert verarbeitet.
Neues Institut
Der G-BA hat durch das WSG (§ 137 a SGB V) den Auftrag erhalten, eine fachlich unabhängige Institution zu beauftragen, die für die sektorenübergreifende Qualitätssicherung zuständig werden soll. Die Einrichtung soll dazu dienen, mehr Koordination zwischen den vielen Beteiligten herzustellen und für mehr Transparenz zu sorgen. Derzeit werden die entsprechenden Organisationsstrukturen vorbereitet, vorhandene Strukturen sollen dabei genutzt werden. Im Gespräch ist, die BQS, die bisher nur für den Krankenhausbereich zuständig war, entsprechend neu zu strukturieren.
In den Fachreferaten kamen zahlreiche Aspekte der Qualitätssicherung zur Sprache. So ging es beispielsweise um Qualitätsmanagement im stationären und ambulanten Bereich, um die Bedeutung der Zertifizierung oder die Ausrichtung der Qualitätssicherung auf den Patienten. Einzelne Projekte, wie das Aktionsbündnis für Patientensicherheit, Fehlerberichts- und Lernsysteme oder auch der Förderschwerpunkt „Patient als Partner“, wurden vorgestellt.
Am zweiten Tag stand vor allem die vertiefende Diskussion rund um den § 137 a SGB V und die Umsetzung der Qualitätsstrategie im deutschen Gesundheitswesen im Mittelpunkt. Priorität wurde auf die – am Vortag schon diskutierte – sektorenübergreifende Qualitätssicherung gelegt, unter Beibehaltung sektorenspezifischer und der Einführung möglichst sektorgleicher Maßnahmen. Vor allem das BMG und die Patientenvertreter forderten mehr Transparenz über die Konzepte und über die erbrachten Leistungen durch die Einrichtungen des Gesundheitswesens.
Um Qualitätsindikatoren darzustellen, ist abzusehen, dass dem neuen Institut eine Vielzahl von Daten zur Verfügung gestellt werden. Die Teilnehmer warnten jedoch vor einer Datensammelwut, eher sollten bisher schon erhobene Daten oder Routinedaten erfasst werden. Qualitätsindikatoren, so hieß es, könnten zum freiwilligen Benchmarking genutzt werden. Sie könnten als Instrument für medizinische Versorgungseinrichtungen genutzt werden, um die eigene Praxis zu überprüfen und wenn nötig zu verbessern. Benchmarking solle aber nicht zum Ranking von Institutionen oder Ärzten führen. Eine überbordende Bürokratie sei nicht erwünscht, deshalb müsse Überbürokratisierung vermieden werden.