Initiative für DGP-Spezialisten
In der Gruppe der 35- bis 44-Jährigen in Deutschland – immerhin etwa zehn Millionen Menschen – leiden 20 Prozent an fortgeschrittenen Parodontalerkrankungen (PSI Code 4) und bedürfen deshalb komplexer parodontaler Therapie. Die 4. Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS IV) belegt diese Tatsache eindrucksvoll. Aber nur eine einzige Zahnärztekammer (Westfalen-Lippe) bundesweit sieht in ihrer Weiterbildungsordnung die Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Parodontologie vor. Angesichts der erdrückenden Epidemiologie ist völlig unverständlich, dass es diesen Fachzahnarzt nicht bundesweit gibt. Noch mehr erstaunt die Tatsache, dass im Jahr 2005 nur gut 700 000 systematische Parodontalbehandlungen über die gesetzlichen Krankenversicherungen abgerechnet wurden.
Die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie (DGP) hat diesem Missverhältnis zwischen Epidemiologie und der Struktur der Weiterbildungsordnungen schon frühzeitig Rechnung getragen und im Jahr 1991 erstmalig die Richtlinien für die Ernennung zum DGP-Spezialisten für Parodontologie veröffentlicht. Diese Ausbildung entspricht inhaltlich einer Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Parodontologie. Sie wird aber nicht, wie bei der Weiterbildung erforderlich, von den Zahnärztekammern legitimiert. Die Bezeichnung DGP-Spezialist für Parodontologie wird von der DGP vergeben. Die Ausbildungszeit umfasst mindestens drei Jahre, von denen zwei Jahre an einer akkreditierten Einrichtung, in der Regel eine Universitätssektion beziehungsweise -abteilung für Parodontologie, erbracht werden müssen. Die wenigen Strukturen dieser Art in der Bundesrepublik sind zumeist klein, sodass oft nur ein oder zwei Zahnärzte ihre Weiterbildung an einem Standort absolvieren können. Dies führt dazu, dass die Möglichkeiten zum Austausch und zur Diskussion an den Standorten begrenzt sind.
Aus diesen Gründen wurde im Jahr 2006 von Dr. Bettina Dannewitz, Heidelberg, und Prof. Dr. Ulrich Schlagenhauf, Würzburg, eine Initiative gestartet: Die in Ausbildung zum DGP-Spezialisten befindlichen Zahnärzte mehrerer Standorte sollten sich für einen Blick über den Tellerrand der eigenen Abteilungen treffen. Kristallisationskeime dieses Vorhabens waren die Universitäten Gießen, Frankfurt, Heidelberg und Würzburg. In einem Einzugsbereich von etwa 200 Kilometern wollte man sich regelmäßig treffen.
Auftakt in Würzburg
Das erste Treffen dieser Art fand am 14. Juli vergangenen Jahres in Würzburg unter der Leitung von Prof. Dr. Ulrich Schlagenhauf, dem Vorsitzenden der Prüfungskommission für die DGP-Spezialisten und seit November 2006 amtierenden DGP-Präsidenten, statt. Im Vorfeld des Treffens hatte sich diese Idee scheinbar wie ein Lauffeuer in Deutschland und darüber hinaus verbreitet. Aus dem ganzen Bundesgebiet gab es Anfragen. So kam es, dass sich im Juli in Würzburg etwa 30 hoch motivierte Zahnärzte nicht nur aus Gießen, Frankfurt, Heidelberg und Würzburg, sondern auch aus Dresden, München, Mainz und Nijmegen, Niederlande, trafen.
Es gab viel zu besprechen: Nach einem Einführungsreferat von Prof. Schlagenhauf stellten Mitarbeiter der Kliniken in Würzburg, Gießen, Frankfurt und Nijmegen Falldokumentationen vor. Welche Befunde werden auf welchen Formularen dokumentiert? Wie sieht die systematische Parodontitistherapie an den einzelnen Standorten ganz konkret und im Detail aus? Bei welchen Diagnosen und zu welchem Zeitpunkt im Verlauf der Therapie erfolgt mikrobiologische Diagnostik und welche Konsequenzen werden daraus gezogen? Wie wird die unterstützende Parodontitistherapie organisiert? Schließlich stellte Dannewitz die Lösung eines hoch komplexen Falles mit fortgeschrittener Parodontitis durch systematische Therapie, regenerative Verfahren und Implantatversorgung vor. Nach fünf Stunden im Seminarraum fand dann die Diskussion in lockerer Atmosphäre auf einem Weinfest oberhalb von Würzburg ihren Abschluss.
Erfahrungsaustausch
Am 19. Januar dieses Jahres fand das zweite Postgraduiertentraining in der Poliklinik für Parodontologie des Zentrums der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde am Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main statt. Wieder kamen etwa 30 Zahnärzte von den Universitäten Gießen, Frankfurt, Heidelberg und Würzburg, aus Bonn, Dresden, Jena und dem Institut für Parodontologie und Implantologie München sowie vom Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz zur Diskussion von Therapiekonzepten, Fallpräsentationen und Fragen des täglichen parodontologischen Alltags zusammen. Nach der Vorstellung des Frankfurter Therapiekonzepts durch den Direktor der Frankfurter Poliklinik für Parodontologie, Prof. Peter Eickholz, wurden Fallberichte aus Frankfurt, Heidelberg, München und Koblenz vorgestellt und diskutiert. Zum Abschluss berichteten die DGP-Spezialisten Dannewitz und Dr. Filip Klein (Praxis in Frankfurt) über ihre Erfahrungen in der Vorbereitung und während des Abschlusskolloquiums. Auch in Frankfurt fand das Treffen einen gemütlichen Abschluss ortstypisch in einem „Äppelwoi“-Lokal in Sachsenhausen.
Die bisherigen Postgraduiertentreffen erfreuen sich großer Nachfrage und decken offensichtlich einen vorhandenen Bedarf an Austausch und Vernetzung zwischen den Ausbildungsstätten. Die DGP fördert diese Initiative.
Die Kollegen, die DGP-Spezialisten für Parodontologie werden möchten, sollen in ihrer Ausbildung unterstützt werden. Ihnen soll die Gelegenheit gegeben werden, sich zielgerichtet auf das Abschlusskolloquium vorzubereiten. Es ist geplant, die Treffen in jedem Semester, also zweimal jährlich, an wechselnden Standorten zu organisieren. Am 22. Juni dieses Jahres wird das dritte Postgraduiertentreffen in der Sektion Parodontologie am Universitätsklinikum Heidelberg stattfinden.
Prof. Dr. Peter EickholzPoliklinik für ParodontologieZentrum der Zahn-, Mund- undKieferheilkunde (Carolinum)Klinikum der Johann WolfgangGoethe-UniversitätTheodor-Stern-Kai 760590 Frankfurt am Maineickholz@med.uni-frankfurt.de