Das Rauchfrei-Theater geht weiter
(DKfZ) wieder an die Öffentlichkeit und lud Ministerialbeamte aus SPD sowie
CDU und Wissenschaftler ein, um vor der Presse alle Argumente darzulegen, warum sie sich für ein flächendeckendes Rauchverbot in Öffentlichen Gebäuden sowie allen Speiserestaurants und Cafés ausspricht. Studien, die bereits vor einem Jahr auf den Tisch kamen, hatten die Gesundheitsgefährdung von Passivrauchen sowie die entwicklungsschädigenden Wirkungen bei Kindern belegt. Auch Krebs und Herz-Kreislauferkrankungen als Folge des Nikotingenusses
sind längst bewiesen, werden aber wenig beachtet.
Zu einer großen Deutschen Konferenz zur Tabakkontrolle fanden sich einige hundert Experten in Heidelberg ein, um neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen und vor allem diverse Methoden der Tabakentwöhnung vorzustellen und zu diskutieren. In vielen Workshops wurden Themen wie „Rauchen in der Schule“ und „Rauchen im Kindesalter“ behandelt. Manch einem Teilnehmer öffneten die Ausführungen über die „Verbreitung des Rauchens im deutschen Fernsehen und in deutschen Kinofilmen“ die Augen, wie häufig dort doch noch eine Zigarette angesteckt und damit ein nicht unerheblicher Einfluss auf die Zuschauer ausgeübt wird.
Während Irland, Spanien und auch Italien in „Sachen Nichtraucher“ reagierten – nicht ohne anfänglichen Aufschrei allerdings – steckten und stecken die deutschen Behörden weiter ihre Köpfe in den Sand und drücken die Kippen in demselben aus.
Das Auf und Ab der deutschen Entscheidung
Nach dem Rückzieher des Bundes von einem einheitlichen Rauchverbot, das für alle Restaurants und Öffentlichen Gebäude, Schulen und Verkehrsbetriebe, Schankwirtschaften ausgenommen, geplant war, wächst nun in einigen Bundesländern der Unmut. Zwar hat das Bundeskabinett am 13. 12. die Eckpunkte für abgestimmte Initiativen von Bund und Ländern für einen effektiven Nichtraucherschutz beschlossen, aber die Durchführung weiter auf die Länderebene abgeschoben. So hat Baden-Württemberg die Sorge vor einem gesetzlichen Flickenteppich. „Von einem halbherzigen und unterschiedlichen gesetzlichen ‘Gewurste’ aller 16 Bundesländer – besonders im Hotel- und Gaststättengewerbehätte niemand etwas”, erklärte der Vorsitzende des Fachbereichs Gastronomie im Vorstand des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA), Waldemar Fretz, in einem Gespräch gegenüber der dpa. Er befürwortete stattdessen eigenverantwortliche Lösungen. Hiermit käme man aber nicht mehr weiter, argumentierte Horst Seehofer, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.
Ein absolutes Rauchverbot fordert dagegen nach wie vor das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg. „Wir streben als Nonplusultra die irische Lösung an“, sagte die Leiterin Martina Pötschke-Langer anlässlich der Pressekonferenz. Nach ihrer Ansicht sind die Krebs erzeugenden, Erbgut verändernden und die Nachkommen schädigenden Substanzen des Tabakrauchs mit dem im Grundgesetz verankerten Schutz des geborenen und ungeborenen Lebens nicht vereinbar. Nachdem sich tagesaktuell die Meldungen überschlagen haben und die Ministerpräsidentenkonferenz bislang nicht in der Lage war, eine einheitliche Linie beim Nichtraucherschutz zu finden, hat Kanzlerin Merkel den Blauen Dunst im Restaurant nun zur Chefsache erklärt.
Irland und Italien sollten Vorbild sein
Während Sachsen, NRW und Bayern auf ein striktes Verbot hinarbeiten, kämpfen andere Bundesländer immer noch um ihren verrauchten Italiener um die Ecke. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) zeigte sich offen für Rauchverbote in Restaurants und Bars. Nötig sei dabei dann aber eine bundeseinheitliche Lösung. Ganz im Sinne des Jugendschutzes sei auch das strikte Rauchverbot in Discotheken. Einen großen Schritt für den Jugendschutz hat das aktuelle Werbeverbot für Zigaretten sowie die EC-Karte für den Automaten bewirkt, wie die Referenten des Deutschen Krebsforschungszentrums begrüßten.
„Die große Angst der Restaurant- und Gaststättenbetriebe ist eigentlich nicht richtig“, bewies Dr. Norma Cronin, Dublin, die als Repräsentantin des Irischen Krebsforschungszentrums die Situation dort in einem Vortrag schilderte. „Schon nach kurzer Zeit haben die Gaststätten sogar mehr Umsatz gemacht als zu der Zeit, als noch geraucht werden durfte“, schilderte sie die Situation. Ein positiver Nebeneffekt: Die Anzahl der Suchtraucher ist erheblich gesunken.
Auch in Italien, dem Land, in dem der anfängliche Protest am größten war, als nach dem kulinarischen Genuss die Zigarette zur Grappa oder zum Espresso ein Tabu sein sollte – hier hat es ein Land geschafft, flächendeckend den blauen Dunst aus der Nähe der Speiseteller zu vertreiben und auf die Straße zu verbannen.
Wer unlängst in Spanien war, hat sicherlich am Eingang eines Restaurants das Schild gesehen „No fumador“ und sich dort einen Tisch gesucht, oder die Tür nebenan gewählt, an der sich das Schild „Fumador“ präsentierte.
„Wo liegt das Problem? Warum haben die Deutschen wieder nur die Gesetze im Kopf“, die Irische Referentin traf mit dieser Frage ins Schwarze und drückte ihr Unverständnis über die – derzeitige – deutsche Situation aus.
Man darf abwarten, was unsere Regierung letztendlich entscheidet. Der Zahnarzt als Unternehmer jedoch sollte sich schon so langsam mit dem Gedanken vertraut machen, ob er nicht auch den Personalraum als rauchfreie Zone deklariert. Denn – wenn man den Nichtraucherschutz genau nimmt, ist es einem Patienten nicht zuzumuten, dass sich nach der Zigarettenpause ein rauchgeschwängerter Kittel über ihn beugt.