Ausweiskontrolle
Erst im Dezember hat die UNO die Welt nach Bali eingeladen um endlich Tacheles zu reden in Sachen Klimaschutz. Denn viele Mitglieder der Weltgemeinschaft tun sich sehr schwer, wenn es um die Einsparung von CO2 geht. Sie haben Angst, dass der Verzicht wirtschaftliche Nachteile mit sich bringt.
Dabei liefert die UNO selbst ein schlechtes Beispiel für den Umgang mit Energie. Sie plant in Genf ein neues Verwaltungsgebäude für die Weltorganisation für Geistiges Eigentum (Wipo) für rund 60 Millionen Euro, doch beim Klimaschutz wird gespart: Für frische Luft soll rund um die Uhr und ums Jahr die Klimaanlage sorgen. Die Fenster lassen nicht genügend Licht ein, so dass den ganzen Tag die Lampen brennen müssen. Ähnliches beim Hauptquartier in New York: Es wartet seit Jahren auf seine Sanierung. Die Technik ruht – auf dem Niveau der Fünfzigerjahre.
Der Gastgeber mit den schlechtesten Karten
Ließe sich die UNO einen Energieausweis ausstellen, wie ihn die EU ab diesem Jahr für Eigentümer von Immobilien fordert, würde sich wohl kaum ein Mieter für die veralteten Objekte interessieren. Denn um diese geht es bei der Energiesparverordnung, die seit dem 1. Oktober 2007 in Kraft ist. Sie schreibt vor, dass für jedes Haus, das verkauft oder vermietet werden soll, ein Energiepass vorliegen muss. Er gibt Auskunft über die Energieeffizienz des Gebäudes.
Käufer beziehungsweise Mieter können dann auf einen Blick erkennen, ob es sich bei dem Gebäude um eine Energieschleuder handelt oder nicht. Andererseits erfahren die Besitzer, welche Modernisierungen angebracht sind.
Dennoch brauchen Haus- und Wohnungsbesitzer jetzt nicht in Panik zu verfallen. Sie müssen sich gegenüber ihren derzeitigen Mietern nicht ausweisen. Die Fristen beginnen erst später:
• Für Häuser, deren Baujahr vor 1965 liegt, gilt die Ausweispflicht ab dem 1. Juli 2008.
• Für Häuser, die nach 1965 gebaut worden sind, beginnt sie am 1. Januar 2009.
• Für Gebäude, die nicht bewohnt werden, zum Beispiel Bürogebäude, muss ab 1. Juli 2009 ein Ausweis vorliegen.
Den Ausweis gibt es in zwei Varianten: Die einfachere Form des Verbrauchsausweises dokumentiert den Energieverbrauch der letzten drei Jahre anhand der Rechnungen aus dieser Zeit. Der aussagekräftigere Bedarfsausweis gibt an, wie viel Energie für Heizung und Warmwasser ein Haus tatsächlich benötigt. Ein Fachmann stellt fest, wie es um die Qualität der Wände, des Daches, der Fenster und der Heizungsanlage bestellt ist. Am besten kann der Prüfer sich vor Ort ein Bild vom Zustand des Hauses machen, von Gesetzes wegen muss er diese Mühe nicht auf sich nehmen: Die Informationen, die ihm der Eigentümer der Immobilie gibt, reichen. Wer sowieso eine Modernisierung des Hauses in Betracht zieht, kann die Gelegenheit nutzen und den Bedarf ermitteln lassen.
Für die Mieter ergeben sich aus der Ausweispflicht bislang keine Ansprüche. Es sei denn, der Ausweis wird Bestandteil des Mietvertrags. Ebenso können Hauskäufer den Ausweis möglicherweise heranziehen, wenn sich herausstellt, dass die Werte nicht mit den gemessenen Ergebnissen übereinstimmen. Doch bislang ist die rechtliche Seite des Energiepasses noch nicht festgezurrt. Die zu klären wird wohl Aufgabe der Gerichte sein (weitere Infos siehe Kasten Seite 94).
Der Ansatz der Vorausschauenden
Will ein Hausbesitzer gerichtliche Streitereien von vornherein vermeiden, entscheidet er sich am besten gleich für den Einbau von Energiesparern. Neben der Wärmedämmung und dem Einbau energiesparender Fenster profitiert die Energiebilanz eines Hauses am meisten von einer Heizung auf dem neuesten technischen Stand.
Der Bundesumweltminister Sigmar Gabriel unterstützt diese Maßnahmen mit dem Energie- und Klimaschutzprogramm der Bundesregierung. Er hat dazu Ausgaben unter anderem für günstige Kredite in Höhe von 31 Milliarden Euro eingeplant. Wer sich für den Einbau neuer Technik entscheidet, kann sich über Förderkredite von der KfW ein Stück vom großen Kuchen abschneiden. Die Deutsche Energie-Agentur hat ausgerechnet, dass sich die jährlichen Heizkosten für ein Einfamilienhaus, für das ein jährlicher Energie-Verbrauch von 44 000 Kilowattstunden vorgesehen ist, auf 2 660 Euro belaufen. Wer nun alle Einsparmöglichkeiten nutzt, kann die Ausgaben dafür auf rund 700 Euro pro Jahr reduzieren. Das macht ein Plus auf dem Konto von 1 960 Euro und garantiert dennoch warmes Wasser, genügend Strom und Wärme.
Die Wärme für Behaglichkeit
Besonders sinnvoll ist der Einbau einer neuen Heizung. Dabei zahlt sich jeder investierte Euro am meisten aus. So bedeutet jeder gesparte Liter Heizöl 2,7 Kilo Kohlendioxid weniger. Eine Ölheizung auf dem Stand der neuesten Technik kostet für ein durchschnittliches Einfamilienhaus etwa 8 000 Euro. Angesichts der Tatsache, dass sich der Ölverbrauch um bis zu 40 Prozent reduzieren lässt, hat sich die Investition bereits nach ein paar Jahren amortisiert. Statt Heizöl oder Gas bieten alternative Energien die Möglichkeit, sich aktiver für den Klimaschutz zu engagieren. Eine Variante sind Holzpellets. Sie fügen der Atmosphäre auch beim Verbrauch keinen Schaden zu. Denn das CO2, das bei ihrer Verbrennung entsteht, haben die Bäume während des Wachstums aufgenommen. Wer sich Sorgen über den Ausstoß von Feinstaub macht, der die Luft belastet, kauft einen besonders emissionsarmen Pelletsofen, der mit dem blauen Umwelt-Engel ausgezeichnet ist.
Doch die Prognose für die gepressten Holzstückchen sieht derzeit nicht so nutzerfreundlich aus. Die Technik kostet mit 10 000 bis 14 000 Euro für ein Einfamilienhaus deutlich mehr als eine herkömmliche Öl- oder Gasheizung und außerdem zieht der Preis für die Pellets spürbar an.
Ausgereifter als die Nutzung der Pellets ist die Technik der Wärmepumpe. Dieses umweltfreundliche System der Energie-Gewinnung gibt es bereits seit rund 30 Jahren. Und ebenso lange schreckt der hohe Preis die Bauherren ab, wenn es um die Entscheidung für das richtige Heizsystem geht. Die Ausgaben belaufen sich auf 16 000 bis 20 000 Euro. Doch angesichts der ständig steigenden Preise für Öl und Gas werden sich die Kosten schnell amortisieren. Denn als Energie von außen muss nur Strom zugeführt werden, der das System in Gang hält. Ansonsten nutzt die Wärmepumpe die im Erdreich sowie in Luft und Wasser gespeicherte Sonnenwärme. Die meisten Pumpen holen die Wärme aus der Erde, weil dort die Temperatur selbst im Winter einigermaßen konstant bleibt. Im Garten des Hauses werden Rohre verlegt, die mit einer bestimmten Flüssigkeit gefüllt sind. Diese Masse transportiert die Wärme ins Haus, wo sie genutzt wird. Bis zu 40 Prozent weniger CO2 verspricht die Wärmepumpen-Technik. Aus einer Kilowattstunde Strom macht sie drei Kilowattstunden Wärme. Eine gute Ergänzung zur Wärmepumpe und auch zu den verschiedenen anderen Heizsystemen ist die Sonnenenergie. Sie bietet sich für die Erhitzung des Brauchwassers an. Abgesehen von der Umweltfreundlichkeit der Sonnenkraft, kann im Sommer die Heizung ausgeschaltet bleiben. Warmes Wasser zum Duschen und Baden gibt es dennoch.
Der Kraftprotz im Keller
Umweltfreundlich und besonders sparsam erzeugen Blockheizkraftwerke (Bhkw) Energie. Durch die Technik der Kraft-Wärme-Kopplung erzeugen sie Strom und Wärme. Sie selbst benötigen für den Betrieb die Zufuhr eines Brennstoffs wie Öl oder Gas. Strom und Wärme können für das Gebäude genutzt werden. Die Überproduktion wird gegen Zahlung ins Netz eingespeist. In Miethäusern, Industrieunternehmen oder Schwimmbädern hat sich diese Technik seit Jahren bewährt. Seit kurzem werden sie auch in Zweifamilienhäusern und vereinzelt in Einfamilienhäusern eingebaut.
Das Problem ist, dass sich diese einfache aber effiziente Technik nur dann lohnt, wenn das System möglichst intensiv genutzt wird. Bislang aber haben sich die Bhkw für den normalen Haushalt als zu groß erwiesen. Zurzeit laufen mit kleinen Geräten Modellversuche, die – hoffentlich – bald erfolgreich abgeschlossen werden. Denn wenn die Geräte in größeren Serien gebaut werden, sinkt auch der Preis von derzeit rund 30 000 Euro für das kleinste Gerät inklusive Einbau.
Ein Zahnarzt, der seine Praxis in seinem Wohnhaus betreibt und deshalb deutlich mehr Energie benötigt als ein durchschnittliches Einfamilienhaus, sollte einen Energieberater fragen, ob sich für ihn vielleicht schon jetzt der Einbau eines Blockheizkraftwerkes lohnt.
Kleine Kriterien für ein gesundes Klima
Wer für den Einbau einer neuen Heizung erst noch sparen muss, kann mit kleineren Maßnahmen Gutes für die Klimabilanz tun. Dazu gehört die jährliche Wartung der Anlage: Einstellen der Regelungstechnik und des Brenners sowie die Reinigung der Heizflächen. Sparpotential bietet mit Sicherheit stets die Höhe der gewählten Raumtemperatur. Die meisten Menschen heizen zuviel. Zum Wohlfühlen reichen tagsüber 20 Grad; ein gesunder Schlaf stellt sich bei 15 Grad eher ein als bei 18. Jedes Grad weniger senkt die Heizkostenrechnung um sechs Prozent.
Wer mehr tun möchte, dämmt die Wände hinter den Heizkörpern und sorgt dafür, dass die Wärme frei zirkulieren kann. Zu Beginn der Heizsaison lohnt es sich, die Wärmeverteilung über die Heizkörper im ganzen Haus zu überprüfen. Häufig fühlen sich die Heizkörper in den unteren Etagen glühendheiß an, während die in den oberen Räumen nur lauwarm werden. Abhilfe schafft der hydraulische Abgleich, den der Installateur gleich zu Beginn der Heizperiode durchführt. Er überprüft dabei, ob im System so viel Wasser vorhanden ist, dass die Pumpe auch die Körper in den Räumen unterm Dach mit Wasser befüllen kann. Falls nicht, behebt er den Schaden.
Wer einem Käufer oder Mieter einen Energieausweis mit Bestnoten vorweisen will, muss tief in die Tasche greifen, um seine Immobilie optimal für den Klimaschutz auszurüsten. Heizung, Fenster, Wärmedämmung ..., da kommen leicht 10 000 bis 50 000 Euro zusammen.
Um den Bürgern die Entscheidung für die Energiesparmaßnahmen zu erleichtern, hat Bundesumweltminister Gabriel das Gebäudesanierungsprogramm neu aufgelegt und die Fördermittel erhöht. Dieses Jahr und in den nächsten drei Jahren stehen jeweils 900 Millionen Euro zur Verfügung. 200 Millionen davon sind für öffentliche Gebäude reserviert, bleiben 700 Millionen Euro für die privaten.
Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) verteilt das Geld in Form von zinsgünstigen Krediten. Die Konditionen hängen von der Art und dem Umfang der Baumaßnahmen ab. Den günstigsten Satz bekommen Bauherren, die ihr Heim auf den Stand eines Neubaus bringen wollen, der alle Energiesparmaßnahmen berücksichtigt. Dafür genehmigt die KfW den Satz von 1,76 Prozent – allerdings nur für zehn Jahre. Für weniger umfangreiche Änderungen verlangt sie 4,06 Prozent für die ersten zehn Jahre und bei einer Laufzeit von 30 Jahren. Nach Ablauf der Frist können die Zinsen deutlich höher ausfallen.
Das Handicap bei KfW-Krediten ist die Abhängigkeit von der eigenen Hausbank. Umbauwillige Hausbesitzer können sich nämlich nicht direkt an die Förderbank wenden. Sie sind auf den Goodwill der Bank oder Sparkasse angewiesen, bei der sie auch ihr Konto führen. Dieses Institut muss den Antrag stellen.
Viele Banken tun sich dabei sehr schwer, weil die KfW ihnen nur eine geringe Aufwandsentschädigung für ihre Bemühungen zahlt. Bereitwilliger als die privaten Institute zeigen sich Sparkassen und Volksbanken in der Zusammenarbeit mit der KfW. Sie weisen ihre Kunden sogar auf die Möglichkeit der günstigen Kredite hin. Tipp der Verbraucherschützer: Wenn die Bank nicht mitzieht, kann es sich lohnen, bei der Konkurrenz nachzufragen: Andere Institute nutzen den KfW-Antrag als Chance, neue Kunden zu gewinnen.
Vor dem Gang zur Bank kann es sich auszahlen, erst einmal den Rat eines Energieberaters einzuholen. Vielleicht stellt sich dann heraus, dass mit kleineren Maßnahmen, wie dem Dämmen der Rohre oder der Anschaffung eines neuen Heizkessels, schon viel erreicht wird, ohne gleich schwere Geschütze, wie die Dämmung der kompletten Hausfassade und den Einbau einer neuen Heizanlage, finanzieren zu müssen.
Das Bonbon der Regierung für Handlungswillige: Ab sofort lockt die KfW im Rahmen des CO2-Gebäudesanierungsprogramms Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäuser mit 1 000 Euro Zuschuss für Beratung und Baubegleitung als neue Interessenten für den Klimaschutz.
Marlene Endruweitm.endruweit@netcologne.de