Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
ob Ulla Schmidt die Medienberichte und Pressemeldungen mit den kritischen Positionen zum Gesundheitsfonds in den letzten Monaten hat zählen lassen, wissen wir nicht. Auffällig ist allerdings, dass Reaktionen aus dem Ressort der Bundesgesundheitsministerin eher in Breitseiten als zielgerichtet erfolgen. Der Grund ist schlicht: Viel zu groß ist die Front der Kritiker. Befürworter der aufwändigsten Umstellungsaktion deutscher Nachkriegs-Krankenkassengeschichte scheinen sich nur noch in den Reihen der Regierungsbank zu finden. Alle anderen setzen Stein für Stein auf eine Klagemauer gegen diese weitere Zentralisierung des GKV-Sachleistungssystems.
Emotional dürfte das jetzt für ein Jahr zementierte und vom Bürger zu zahlende Beitragsplus in der Bevölkerung aktuell allerdings weniger ins Gewicht fallen. Angesichts der innerhalb weniger Tage zum Schutz vor der globalen Finanzkrise locker gemachten Milliardenpakete macht sich das gegenwärtig absehbare Defizit in den Sozialbeitrags- Portefeuilles der Deutschen eher aus wie die sprichwörtlichen „Banker-Peanuts“. Und im kommenden Jahr kann man dann ja erneut mit steuererleichternden Wahlgeschenken die allgemeine Stimmungslage aufbessern.
Dem deutschen Gesundheitswesen wird diese konzeptionelle Großbaustelle allerdings wenig bringen. Für die wirklichen Probleme des Systems bieten die akuten Finanzspritzen keine Lösungen, haben allenfalls aufschiebende Wirkung. Auffällig ist: Selbst die Bundesgesundheitsministerin redet heute nicht mehr von auch mittelfristig stabilen Beitragssätzen.
Trotzdem wird der Kurs – überbordende Kritik hin oder her – eisern gehalten. Denn auf der Brücke führen Kanzlerin Merkel und ihre Steuerfrau Schmidt das Kommando. Kritik lässt man abprallen und gibt sich weiterhin kämpferisch. Dabei wird nicht nur gegen die an den konzeptionellen Prozessen beteiligten Leistungszahler und Erbringer gewettert. Aufblitzender Unmut aus der Bevölkerung wird an die Ärzte und Krankenkassen abgeleitet oder sogar als lobbyistische Stimmungsmache bezichtigt. Direkte Antworten – außer Dementis mit Schuldrückverweisung – gibt es so gut wie nicht mehr.
Der in der zm-Titelgeschichte dokumentierte Sachstand des Geschehens und das „Für und Wider“ des Gesundheitsfonds zeigen, dass es zur Zeit viele Fragen, aber wenig überzeugende Antworten gibt.
Ihr
Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur