Frauen sind die Zukunft der ZahnMedizin
Das Thema, geschlechtsspezifische Probleme für den Praxisalltag“ hatte viele Teilnehmer gereizt, nicht nur aus dem Umland, sondern aus ganz Deutschland anzureisen und positive Erfahrungen auszutauschen oder Missstände aufzuzeigen, die der niedergelassenen sowie auch angestellten Zahnärztin immer wieder widerfahren.
Die Veranstaltung war von Zahnärztinnen- Repräsentantinnen aus den Kammern Niedersachsen, Bremen und Thüringen sowie Westfalen-Lippe organisiert worden, und auch die Kammer Schleswig-Holstein brachte sich vor Ort ein.
Ganz besonders begrüßte Dr. Dr. Jürgen Weitkamp, Präsident der Bundeszahnärztekammer, die Veranstaltung vor dem Hintergrund, dass „ … die Frauen die Zukunft der ZahnMedizin darstellen“, wie er charmant in seinen Grußworten äußerte. Denn die Zahlen sprechen für sich: Derzeit beginnen weit über 50 Prozent Studentinnen an den deutschen Universitäten ihr Zahnmedizinstudium. In einigen Regionen sind es sogar weit mehr. Von den Hochschulabsolventinnen gehen jedoch nur ein Drittel in die Niederlassung, die anderen wählen den Weg der Anstellung, häufig in Teilzeitarbeit, um der Familienplanung gerecht werden zu können. Besonders extrem sei das Geschlechterverhältnis des Berufsstandes in den baltischen Ländern, wie der Hamburger Kammerpräsident und Vizepräsident der BZÄK, Prof. Dr. Wolfgang Sprekels, mitteilte. Er gab einen Überblick über die Situation der Zahnärztinnen in Europa und kam zu dem Schluss „Deutschland ist eher ein Schlusslicht“.
Frauen haben ein anderes Schmerzempfinden
Prof. Dr. Thomas Herdegen, Pharmakologe aus Kiel, beschäftigte sich mit der geschlechtsspezifischen Schmerzproblematik und ging auf die molekulare Struktur der Schmerzleitung sowie den Mechanismus der Hemmung einzelner Rezeptoren ein. Er machte deutlich, dass bereits in der Schmerzempfindung zwischen Männern und Frauen ein Unterschied besteht. Das erkläre auch, so der Referent, warum bei Männern zum Beispiel Antirheumatika wesentlich schneller und in einer erheblich niederen Dosierung wirken als bei weiblichen Patienten.
Plastische Chirurgie als Zahnärztinnen-Nische
Die Lübecker Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgin Dr. Dr. Sabine Bock stellte diverse Hauterkrankungen vor, die der Zahnmediziner während der Behandlung am Hals und im Gesicht des Patienten „zu Gesicht“ bekommt und machte deutlich, wie wichtig dabei die Funktion des zahnärztlichen Behandlers ist. Sie forderte auf, den Betreffenden zur Abklärung in eine Fachabteilung zu überweisen, um rechtzeitig eine sinnvolle und unter Umständen lebensrettende Therapie einleiten zu können. Die Referentin machte den Teilnehmerinnen die rein kosmetisch- ästhetische Chirurgie schmackhaft, denn dieses sei durchaus ein Metier, das sich für Zahnärztinnen hervorragend eigne, wie auch Referent Dr. Norbert Grosse, Vorsitzender der APW (Akademie Praxis und Wissenschaft), neben den Bereichen Alterszahnheilkunde, Orale Chirurgie, und Kinderzahnheilkunde empfahl.
Dr. Bock stellte eine Reihe von Behandlungsbeispielen aus diesem Fachbereich (Ohren anlegen, Hautstraffung, Faltenglätten, Schlupflieder und vieles mehr) vor, ohne dabei die ethische Fragestellung außer acht zu lassen. So sei es für sie unvorstellbar, eine 75-jährige Patientin völlig faltenfrei zu operieren. „Sie müssen ihr das Aussehen geben, das altersgemäß ist. Ein betagtes Gesicht lebt doch erst durch seine Lachfalten und Furchen, die das Leben geschrieben hat!“
Der betriebswirtschaftliche Teil des Kongresses stand unter dem Motto „Zahnärztinnen und Networking steht für Erfolg“, in den Karin Ruck einführte und was rege diskutiert wurde. Das Tätigkeitsfeld einer Zahnärztin auf ganz andere Art, präsentierte schließlich Oberfeldarzt Dr. Kerstin Kladny, Zahnärztin bei der Bundeswehr. Sie berichtete von ihren ehemaligen Ambitionen, als Zahnmedizinerin zur Bundeswehr zu gehen und stellte die diversen Tätigkeitsfelder dort vor. Dies eröffnete vielen Teilnehmerinnen einen Einblick in einen völlig neuen Bereich des zahnärztlichen Berufs. Sie erläuterte die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und berichtete von ihrer persönlichen Situation, in der sie sich wegen einer Schwangerschaft gegen den Einsatz in einem Krisengebiet entschloss. Problemlos bot sich für sie eine andere Möglichkeit, ihren Beruf weiter auszuüben, aber trotzdem für die Familie da zu sein. Die Bundeswehr zeigte bei diesem Kongress sehr hohe Präsenz. Denn rund 20 Zahnärztinnen aus Heer, Luftwaffe und Marine waren nach Travemünde gereist, um dort nicht nur neue Informationen aufzunehmen, sondern auch ihre Erfahrungen mit dem Berufsleben „beim Bund“ weiterzugeben.
Am zweiten Kongresstag standen die Versorgungswerke der Zahnärzte mit Vorträgen von Dr. Brigitte Ende und Dr. Helmut Roth im Mittelpunkt einer regen Diskussion. Immer wieder wurden Fragen gestellt, Anregungen gegeben und das intensive Gespräch zwischen „alten Hasen“ in Standespolitik und Praxis sowie „Neuanfängern“ gesucht. Ideen wurden ausgetauscht, Tipps gegeben und in angeregter freundschaftlicher Atmosphäre konstruktiv gearbeitet.
Die Abschlussvorträge gestalteten Ulrich Sommer mit Möglichkeiten zur privaten Altersversorgung sowie Frank Hanneken, der ein dickes Paket mit Informationen zur Niederlassungsplanung geschnürt hatte.
Das Fazit:Dieser 2. Zahnärztinnenkongress war ein großer Erfolg. Nicht nur das Ambiente sowie das Wetter zeigten sich von der besten Seite, sondern auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten fast alle genau das erfahren, was sie im Vorfeld dazu bewegt hatte, nach Travemünde zu reisen. Sie hatten viele Erfahrungen, neue Anregungen und neuen Elan mit im Heimreisegepäck – und viele neue Kontakte geknüpft und Adressen von Gleichgesinnten gesammelt. Und das macht Lust auf einen nächsten Kongress in 2009, für den der Kammerpräsident Dr. Michael Frank bereits Frankfurt als Kongressort vorgeschlagen hat und damit nach Hessen eingeladen hat.