Ethik statt Monetik
Erstmals artikulierten sich die standespolitischen Spitzenvertreter von Ärzten und Zahnärzten, Apothekern, Psychologischen Psychotherapeuten und Tierärzten in Hessen gemeinsam in Wiesbaden vor der Öffentlichkeit. Der Zeitpunkt des „1. Hessischen Heilberufetages“ war – zehn Tage vor der Landtagswahl – geschickt gewählt, um den politischen Botschaften der Heilberufler Gehör zu verschaffen. Ziel des Fachsymposiums war es, die ureigensten Aufgaben von Heilen und Helfen zum Thema politischen Handelns zu machen. Die Belange von Patienten sollten wieder in den Mittelpunkt gerückt und der immer stärker wachsenden Ökonomisierung im Gesundheitswesen Einhalt geboten werden. Diese Positionen vertraten die Veranstalter auch mit Nachdruck auf einer gut besuchten Pressekonferenz.
Dr. Kurz vor der Landtagswahl nutzten auch die Fraktionsvertreter im Landtag die Gelegenheit zu einer Positionierung und bekundeten insgesamt viel Sympathie für die Anliegen der Veranstalter.Ursula Stüwe, Präsidentin der Landesärztekammer Hessen, machte deutlich, dass Bürokraktisierung und die wachsenden ökonomischen Sachzwänge das Arzt-Patienten- Verhältnis massiv störten. Die Heilberufe würden zunehmend eingeschnürt durch gesetzliche Vorschriften und Vorgaben, die es ihnen mehr und mehr unmöglich machten, ihre eigentlichen Kernaufgaben zu erfüllen. Der Präsident der Landeskammer für Psychologische Psychotherapeuten (LPPKJP), Jürgen Hardt, forderte einen grundlegenden gesellschaftlichen Diskussionsprozess über diesen Themenkomplex ein.
Kurz vor der Landtagswahl nutzten auch die Fraktionsvertreter im Landtag die Gelegenheit zu einer Positionierung und bekundeten insgesamt viel Sympathie für die Anliegen der Veranstalter.
Prof. Dr. Eckhard Nagel, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften der Universität Bayreuth, legte das grundlegende Spannnungsverhältnis zwischen dem Heilauftrag und der Ökonomie im Gesundheitswesen dar. Sein Plädoyer: Die ärztliche Tätigkeit im Kontext zum leidenden Menschen müsse wieder mehr in den Vordergrund treten. „Arztsein” sei geprägt durch drei Faktoren: den Freiheitsbegriff, das solidarische Gleichheitsprinzip und die Nächstenliebe. Die Bedeutung der Freien Berufe in der heutigen Gesellschaft unterstrich Dr. Ulrich Oesingmann, Präsident des Bundesverbandes der Freien Berufe (BFB) in seinem Vortrag. Er skizzierte deren volkswirtschaftliche Bedeutung als Dienstleister, gestützt auf Fachwissen und fachliche Unabhängigkeit. Vor allem die Freiheit stehe aber – wegen drohender Vergewerblichung und wachsender Discount-Mentalität – auf dem Prüfstand. Gerade im medizinischen Bereich habe die Freiberuflichkeit aber eindeutig Zukunft. Dies gelte es, der Politik klar zu machen.
Intensive Diskussionen mit den Präsidenten und Vorsitzenden der Heilberufsorganisationen unter der Moderation von Prof. Dr. Helge Sodan vom Deutschen Institut für Gesundheitsrecht rundeten die Veranstaltung ab.
Druck aufbauen
Die hessische Zahnärzteschaft war prominent vertreten durch ihren Kammerpräsidenten Dr. Michael Frank, den Vizepräsidenten Dr. Gisbert Schulz-Freywald und den KZV-Vorsitzenden Dr. Ulf Utech. „Wir wollen sensibilisieren und in Richtung Politik Druck aufbauen“, erklärte Dr. Frank gegenüber dem Plenum. Der gemeinsame Heilberufetag diene dazu, die Problematik fokussiert nach außen zu tragen. Die sprechende Medizin komme zu kurz und falle der Ökonomie anheim. „Hier läuft was schief. Klagen reicht nicht. Unser Anliegen muss in der Gesellschaft aufgenommen werden.“
Besonders anschaulich zeigt sich das Auseinanderdriften von medizinischem Können und GKV-orientiertem Dürfen in der Zahnmedizin. Die Neubeschreibung der präventionsorientierten Zahnheilkunde weist Möglichkeiten auf, die weit über dem liegen, was die Gesetzliche Krankenversicherung ihren Patienten anbieten kann.
Dass die Zahnärzte bereits gute Konzepte zur Lösung von Beitragsstabilität einerseits und Patientenzufriedenheit andererseits vorgelegt hätten, zeige sich anhand des Festzuschuss-Systems beim Zahnersatz, betonte der KZV-Vorsitzende Utech. „Damit demonstriert die Zahnärzteschaft schon heute, wie Qualität und Effizienz in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde gesichert werden können, ohne den Einzelnen zu überfordern oder die Gemeinschaft der Versicherten über Gebühr zu beanspruchen.“