Gleichmacherei geht nicht
Alles für alle, so preisgünstig wie möglich? Der FVDZ-Bundesvorsitzende Karl-Heinz Sundmacher fand darauf eine eindeutige Antwort: „Das geht nicht, das ist Schlaraffenland!" Wie er vor den fast 30 aus dem Bundesgebiet angereisten Journalisten erklärte, sei der Gesellschaftstrend zur Gleichheit allerdings unverkennbar, auch im deutschen Gesundheitswesen. Ein verhängnisvoller Weg, der zwei Systeme angleicht, wie sie uneinheitlicher nicht sein können: Private und gesetzliche Krankenversicherungen sollen mit der neuen Reform auf Basis rein ökonomischer Grundsätze via „solidarischem" Wettbewerb, Gesundheitsfonds, Basistarif und Einzelverträgen vereinheitlicht werden.
Volker Leienbach, Verbandsdirektor des PKV-Verbandes, setzte – wenn auch aus anderer Warte – mit ähnlicher Kritik an: Die jüngste Reform hebele die Vertragsfreiheit der PKVen aus. Die Konvergenz beider Systeme erfolge durch staatliche Einflussnahme und Regulierung, obwohl das System in diesen Bereichen „gut funktioniert" habe. Leienbach warnte davor, gesamtgesellschaftliche Aufgaben „auf dem Rücken von Teilkollektiven auszutragen".
Sozialismus im System
Dr. Robert Paquet vom BKK-Bundesverband sah sich nicht „so ganz in der Opferrolle". Dennoch: Wettbewerb dürfe nicht Gleichheit zum Ziel haben. Ganz anders argumentierte Christoph Kranich von der Verbraucherzentrale Hamburg: Solidarität gehe vor Eigenverantwortung. Mehr noch: „Sozialismus dürfen wir uns im Gesundheitswesen leisten."
Der stellvertretende FVDZ-Bundesvorsitzende Ulrich Rubehn setzte da eindeutig mehr auf „Selbsthilfe, statt die Solidarität so weit zu treiben, dass alles aufgefangen wird". Für gefährlich hält Rubehn die Möglichkeit, durch Selektivverträge die Versorgungslandschaft zu verändern. Der Abschluss von Verträgen mit Einzelnen gefährde die freie Arztwahl der Patienten. Bezeichnend sei darüber hinaus, dass das vom Gesetzgeber gewünschte Hausarztmodell sich bereits jetzt zum „Flopp" entwickelt habe. Dennoch müsse die Zahnärzteschaft die Gesetzeslage zur Kenntnis nehmen. Geboten sei jetzt die zahnärztliche Vertretung über Genossenschaften. Einen gewissen Schutz, dass über den Kollektivvertrag ein bestimmter Qualitäts- und Leistungsstandard nicht unterschritten werde, böten noch die KZVen. Auch Robert Paquet kritisierte, dass letztlich „alle Wahltarife logischerweise nicht billiger sein könnten".
Die PKV hingegen will gerade die Öffnungsklausel nutzen, „um mit der Zahnärzteschaft zu anderen Lösungen zu kommen". Hier fordere die Zahnärzteschaft, so Rubehn, aber „gleichlange Spieße" im Sinne einer Abweichung in Richtung Honorarordnung der Zahnärzte. Strikte Ablehnung seitens der PKV gab es in dieser Frage nicht: Eine „abweichende Vereinbarung außerhalb der staatlichen Regelung" schloss der PKV-Vertreter nicht aus.
Wie es in der Welt der Zahnärzteschaft heute aussieht, verdeutlichte der stellvertretende FVDZ-Bundesvorsitzende Ernst-Jürgen Otterbach. Laut Umfrage des FVDZ setze auch der zahnärztliche Nachwuchs auf Freiberuflichkeit und Selbständigkeit. Ob das so bleibe, müsse angesichts der gesetzlichen Vorstöße aber weiterhin geprüft werden. Die Warnung des FVDZ vor den Folgen der Reform: Schon jetzt sei unter Ärzten und Zahnärzten „das Hauen und Stechen um die Fleischtöpfe" spürbar. Selektivverträge wie auch integrierte Versorgung seien, so Sundmacher, „Instrumente zur Marktbereinigung".