Grenzen und Alternativen zur Implantologie
Das Generalthema stand im Zeichen der künftigen Herausforderungen, die medizinischer Fortschritt und vor allem die Alterung der Gesellschaft mit sich bringen: Die wissenschaftliche Erkenntnis, dass Zahn-Medizin und Medizin zunehmend systemisch betrachtet werden müssen, prägte die Vorträge und auch die intensive Diskussion der Praktiker im Plenum. Prof. Dr. Wolfgang Sümnig (Greifswald), Vorsitzender des DGI-Landesverbands, betonte die Notwendigkeit, medizinische Fragen gerade bei invasiven Eingriffen bei Älteren ausreichend zu berücksichtigen. Nicht immer sei das wissenschaftlich Machbare, sondern vorrangig die inidividuelle Betrachtung des Patienten – auch in der Implantologie – ausschlaggebend: „Man muss auch in diesem Fach einmal ‚Nein‘ sagen können.“ Gemeinsames Ziel von Berufspolitik und Wissenschaft, so bekräftigte auch der Leiter der wissenschaftlichen Gesellschaft Mecklenburg-Vorpommerns, Prof. Reiner Biffar (Greifswald), sei die Versorgung des Patienten.
Diesen Eindruck vermittelte auch die Pressekonferenz am Vortag des Zahnärztetages, auf der Kammerpräsident und BZÄK-Vizepräsident Dr. Dietmar Oesterreich die Verantwortung des Zahnarztes für die Gesundheit gerade auch von Patienten in sozial schwierigen Lebenslagen herausstellte. Denn: „Sowohl Karies als auch Parodontitis sind im Falle niedrigen Bildungsstandes und geringen Einkommens deutlich häufiger anzutreffen.“ Entsprechend wichtig seien gerade hier die Bemühungen um Erfolge in der Prävention. Bei einer Armutsquote von 23 Prozent seien in diesem Bundesland niedrigschwellige Präventionsangebote die richtige Antwort. Maßnahmen wie der seit 2004 flächendeckend eingesetzte Kinderpass, der vollständig aus eigenen Kräften des Berufsstandes entstanden sei, müssten von Kostenträgern, öffentlichem Gesundheitsdienst und der Gesundheitspolitik des Landes genutzt und unterstützt werden. Gleiches gelte für die Betreuung von immobilen Patienten durch mobile Behandlungseinheiten. Hier hätten Pilotprojekte neue Wege aufgezeigt, die „aus dem Versorgungsalltag heraus zur weiteren politischen Entscheidungsfindung beitragen“ können. Oesterreich: „Es wird dann an den Krankenkassen und der Gesundheitspolitik liegen, Schritte einzuleiten, um die Situation nachhaltig zu verbessern.“
Hoher Forschungsbedarf
Forschungsbedarf im Bereich der Wechselwirkung von Oral- und Allgemeinerkrankungen belegte Prof. Wilhelm Kirch (Dresden). Für die Praxis entscheidend seien nicht nur deren wechselseitige Auswirkungen, sondern auch die Erkenntnis, dass allgemeinmedizinische Erkrankungen zu Komplikationen in der zahnmedizinischen Behandlung führen könnten, also besondere Vorkehrungen bei der Behandlung getroffen werden müssten. Diese Wechselbezüge wurden von verschiedenen Referenten immer wieder – unter Berücksichtigung des Praxisbezuges – herausgestellt.
Erfolg versprechend, so das Resümee aus den Vorträgen, wirkt hier der wissenschaftlichtechnische Fortschritt: „Verfeinerte Techniken und neue OP-Methoden in der Zahnheilkunde, aber auch in der Implantologie und Implantatchirurgie“ hätten, so Prof. Sümnig, deutliche Verbesserungen hinsichtlich weiterer und sicherer Alternativen erbracht. Heute müsse der Zahnmediziner verstärkt abwägen, welche Möglichkeiten der operativen Versorgung auch unter Einbezug der Implantologie zum Einsatz kommen. Hier werde nicht nur die Möglichkeit zum Lückenschluss geboten, sondern gerade auch ein aktiver Beitrag zur erheblichen Verbesserung der Lebensqualität bei zahnlosen Patienten geschaffen. Welche Alternativen und Grenzen im Rahmen der jeweiligen Behandlungsmethoden – Implantologie oder herkömmliche Restauration – geboten seien, war auch Thema einer Expertendisputation, die den auch dieses Mal ausgebuchten Zahnärztetag am Sonntag abrundete.