Der tägliche Trouble mit den Patienten
Das Online-Panel DocCheck nahm die zufällige, repräsentative Online-Stichprobe im Auftrag von Reader‘s Digest vor. 62 000 der insgesamt 315 000 bei der Bundesärztekammer registrierten Humanmediziner in Deutschland sind dort registriert. 100 davon wurden vom 5. bis zum 12. November 2008 befragt.
Die Antworten sind teilweise ernüchternd. So befürchten die meisten Ärzte, dass ihre Patienten im Gespräch nicht mit der Wahrheit herausrücken. Und zwar vor allem dann, wenn es um ihre Lebensgewohnheiten geht. Nur gut ein Drittel der Mediziner glaubt, dass die Erkrankten ehrlich auf Fragen nach Essgewohnheiten, Alkoholkonsum, Rauchen oder Sport antworten. Zwei Drittel gehen hingegen davon aus, dass sie angeflunkert werden.
Der Unmut darüber, dass die Patienten auch nicht wie gefordert ihre Lebensgewohnheiten ändern, hält sich indes in Grenzen. Insgesamt 46 Prozent sind enttäuscht, dass ihre Behandlungstipps auf taube Ohren stoßen, 54 Prozent nehmen es hin.
Warten bis der Arzt kommt
Was die Ärzte stattdessen aufbringt? Ungeduldige Patienten. „Es ist schon auffällig, dass bei Sonderangeboten stundenlang vor Öffnung des Ladens angestanden, aber beim Arzt oft nur sehr ungeduldig gewartet wird“, schreibt zum Beispiel ein Mediziner aus Innsbruck. „Wartezeiten sind für alle unangenehm. Sie entstehen aber nicht durch unsere Unfähigkeit, die Praxis zu organisieren, sondern dadurch, dass es jemandem so schlecht ging, dass ich ihm unvorhergesehen viel Zeit widmen musste. Das nächste Mal könnten auch Sie davon profitieren“, meint ein Internist aus Esslingen.
Von Notfällen abgesehen wünschen sich viele Behandler zudem, dass sich die Patienten besser auf den Behandlungstermin vorbereiten: „Bringen Sie Ihre Medikamente mit oder eine aktuelle Liste der Mittel, die Sie einnehmen. So vermeiden Sie Probleme“, wirbt zum Beispiel ein Arzt aus Baden-Württemberg.
Ein weiteres Problem, das immer wieder geäußert wird: Eltern, die mit dem Wechsel zu einem anderen Arzt drohen, wenn man nicht die gewünschte Arznei verschreibt. „Es gibt Eltern, die erst zufrieden sind, wenn sie mit einem Medikament – meist Antibiotika – aus der Praxis gehen“, meint ein Kinderarzt aus Baden-Württemberg.
Auch die mangelnde Hygiene stößt den Medizinern auf. „Ich würde mir wünschen, dass die Patienten einfach öfter die Zähne putzen. Denn wenn ich als Augenärztin einen Patienten untersuche, sitzt der sehr nah vor mir“, betont eine Praktikerin aus München. Ähnlich argumentiert ein Internist aus Oberschwaben: „Manchmal bin ich in Versuchung zu sagen: ,So wie Sie hier erscheinen, würde ich mich nicht ins Bett legen.‘ So mancher kommt ungewaschen und mit beschmutzter Wäsche – und das nicht etwa bei einem Notfall, sondern zu einem vereinbarten Termin.“
Fahne schreckt ab
Stark alkoholisierte Menschen sind für Ärzte außerdem ein Graus: „Was mir in meinem Job gar keinen Spaß macht, ist die Versorgung von Alkoholleichen“, sagt ein Rettungsmediziner aus Bayern.
Nicht zuletzt spielt die Psychologie eine wichtige Rolle, wenn es um das gute Verhältnis zwischen Arzt und Patient geht. „Wenn Sie Ihren Kindern die Angst vor dem Zahnarzt nehmen wollen, sollte Sie nicht ständig betonen: ,Du musst keine Angst haben, es wird nicht wehtun‘“, schreibt eine Zahnärztin aus Karlsruhe. Damit werde unnötigerweise die Angst von Vater oder Mutter auf die Kinder projiziert.
Und auch der Ruf nach dem Chefarzt, der als vermeintlich bester Operateur der Klinik gilt, macht laut Umfrage kaum Sinn: Meist seien gerade diese Ärzte viel am Schreibtisch, in der Forschung oder unterwegs bei Vorträgen. „Ein Oberarzt oder langjähriger Assistent ist deshalb oft die bessere Wahl“, rät ein Anästhesist aus Tübingen.