Zank um den seidenen Faden
In jüngster Zeit erschienen mediale Berichte unter anderem in einer in gut informierten Kreisen auch als „Rentner-Bravo“ titulierten Zeitschrift „Feminin & Fit“, die die Wirksamkeit von Zahnseide bezüglich der Kariesprophylaxe anzweifelten und Empfehlungen von Zahnärzten damit konterkarierten. Die in diesem Blatt zitierten Aussagen beziehen sich auf eine Patienteninformation des in Köln ansässigen IQWiG (Institit für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen). Wenn man sich diese Patienteninformationen unter dem Stichwort „Zahnseide“ genauer anschaut (http://www.gesundheitsinformation.de), stellt man bereits fest, dass sich diese Aussagen nur auf die Wirksamkeit der Zahnseide-Anwendung bei Jugendlichen und Kindern beziehen. Ebenso wird man feststellen, dass das IQWiG-Papier Kritik am Mangel an wissenschaftlichen Studien bezüglich der Zahnseide-Anwendung bei dieser Patientengruppe erhebt, und dass es weiter die Sinnhaftigkeit dieser Form der Zwischenraumhygiene infrage stellt. So heißt es dort auszugsweise: „... Ob die zusätzliche Anwendung von Zahnseide das Kariesrisiko stärker verringern kann als regelmäßiges Zähneputzen mit fluoridhaltiger Zahnpasta allein, ist für Kinder nicht nachgewiesen ...“ Und das IQWiG relativiert im Folgesatz: „... Das bedeutet aber nicht, dass Zahnseide bei Zahnfleischerkrankungen nicht hilft ...“ Denn, das ist nun auch klar: Das Institut lässt entsprechend seiner eigens definierten Vorgaben in internationalen Literaturdatenbanken nach randomisiert kontrollierten Studien suchen. Aber, wie in vielen anderen Bereichen der Zahnmedizin, ist auch für diese Fragestellung bezüglich der Zahnseide die evidenzbasierte Beweislage nicht einheitlich und damit auch nicht immer genügend aussagekräftig. Da dieses Problem nicht neu ist, haben die Bundeszahnärztekammer sowie die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung im Kuratorium des „Qualitäts“-Instituts diese Vorgehensweise mehrfach kritisiert und darum gebeten, in solchen Fällen – wenn keine evidenzbasierten Untersuchungen vorliegen – das in Deutschland und auch international durchaus vorhandene Expertenwissen zu nutzen.
Die Bundeszahnärztekammer und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung hatten aus all diesen Gründen unter Zuarbeit der DGZMK bereits im Erstellungsprozess der Patienteninformation des IQWiG ihre grundsätzliche Kritik an den Entwürfen eingebracht.
Daher ist es gerade für den niedergelassenen Zahnarzt eine wichtige Hintergrundinformation und vor allem auch Diskussionshilfe im Gespräch mit dem Patienten, die aufgezeigte Argumentation und Stellungnahme der Wissenschaft entsprechend zu berücksichtigen, um insbesondere die zahnärztliche Kompetenz zu allen Fragen der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde herauszustellen.
Dieses Expertenwissen liegt durch Erarbeitung der DGZMK (Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde) in Form einer wissenschaftlichen Stellungnahme zur „häuslichen mechanischen Zahn- und Mundpflege“ vor (http://www.dgzmk.de).
Im Übrigen verweisen die Standesorganisationen darauf, dass die IV. Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS IV) aufgrund der sozialepidemiologischen Datenlage aufgezeigt hat, dass der Berufsstand mit seinen Aktivitäten nicht nur auf dem richtigen Weg ist, sondern erhebliche Erfolge insbesondere im Hinblick auf die Zahnerhaltung und die Senkung der Kariesprävalenz vorweisen kann.
Im nachfolgenden Beitrag hat dem Fortbildungsreferenten der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde Prof. Dr. Ulrich Schiffner eine Zusammenfassung zu dieser Problematik abgegeben. sp/BZÄK