Hohes Engagement
Sehr geehrte Frau Kollegin,sehr geehrter Herr Kollege,
beschleicht Sie auch manchmal das Gefühl, dass jeder, der in den heutigen Krisenzeiten auf die Frage „Wie geht’s?“ mit einem schlichten „Danke, gut!“ antwortet, schon kritisch beäugt wird und schnell als verdächtig gilt?
Mit der international größten Dentalfachmesse IDS, die trotz weltwirtschaftlichem Debakel eine weitgehend unbeirrte Branche zeigte, könnte in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen, hier laufe trotz Weltkrise „business as usual“.
In gewisser Weise stimmt das. Aber macht uns das verdächtig? Nicht im geringsten! Der Gesetzgeber hat seit nunmehr über zwanzig Jahren in der Honorierungssituation der Zahnärzte in Deutschland so gut wie nichts mehr zum Guten geändert – ein für andere Berufe unvorstellbarer Zustand.
Unsere Patienten behandeln wir trotzdem. Und die halten uns in der Regel über Jahrzehnte ihre Treue. Das weisen zumindest die Einschätzungen der Demoskopen in Deutschland alle Jahre wieder neu aus. Macht uns das verdächtig? Das kann niemand ernsthaft meinen.
Wir Zahnärzte haben anlässlich der IDS mit unserer großen Teilnehmerzahl wieder einmal bewiesen, dass wir – trotz abnehmender Investitionsmargen – am Fortschritt für Praxen und Patienten sehr interessiert sind. Orale Gesundheit ist ein wertvolles Gut. Wir Deutschen wissen das. Wir haben es durch jahrelange Aufklärung zur Prophylaxe gelernt. Und die Patienten lassen sich auch dann, wenn Sekundär- oder Tertiärprophylaxe das abfordern, nicht davon abbringen, das Motto „Gesund beginnt im Mund“ ernst zu nehmen.
Vielleicht ist es ja gerade diese Erfahrung, die trotz schwieriger Finanzlage eine Zufriedenheit innerhalb unseres Berufsstandes bewirkt, die uns am Stuhl hält. Das ist der Grund, warum Manchem von uns als Antwort auf die Befindlichkeitsfrage das „Danke, gut!“ überzeugend gelingt.
Für die Gesetzgeber, denen gerade in den heute so schweren Zeiten auffallen müsste, dass das weitgehend mittelständisch und vor allem selbständig geführte Gesundheitswesen einen der größten Wirtschaftsfaktoren Deutschlands darstellt, müsste die auch auf der IDS feststellbare Zurückhaltung bei den Geräten, die hohe Investitionen erfordern, eigentlich Alarmglocke genug sein.
Wer hier nicht aufpasst, läuft Gefahr, gut funktionierende Teile unserer Gesellschaft ins Abseits zu stellen. Die Warnung, dass man auf Zahnärzte wirklich nicht verzichten kann, braucht in diesem Zusammenhang gar nicht gesondert hervorgehoben zu werden. Zu hoffen bleibt nur, dass unsere Patienten künftig nicht aus Not abwägen, die Gesundheit zu vernachlässigen. Auch das ist Aufgabe für politische Wahlkämpfer.
Vielleicht ist es angesichts der zur Zeit erkennbaren Schwachstellen des weltwirtschaftlichen Gefüges auch an der Zeit, sich auf die Werte zu besinnen, die nie verschwunden sind, aber in den zurückliegenden Jahren doch den einen oder anderen Seitenhieb erhalten haben. Wir Zahnärzte sind dabei. Wir haben die Aufgabe, auf das Wohl unserer Patienten zu achten, vorzusorgen, und dort, wo nötig, zu therapieren.
Wenn die Bundeskanzlerin das, was sie anlässlich des 60jährigen Jubiläums des Bundesverbandes der Freien Berufe geäußert hat, wirklich ernst meint, dann wird es Zeit für eine Umkehr zur Nachhaltigkeit. Dann müssen wir mit Ernst und Sachverstand die Dinge vorantreiben, die jetzt mangels richtiger Vorbereitung und Wahlkampfstimmung schon beiseite gelegt wurden. Wir für unseren Teil werden schon deshalb das Thema GOZ nicht ruhen lassen.
Mich beruhigt es, dass in Zeiten, in denen die Gehälter der Ärzte von der Bundesgesundheitsministerin höchstpersönlich – quasi prophylaktisch – angeprangert werden, auf der international größten Dentalfachmesse festgestellt wird, dass sich die Welt für Patienten und Praxen auch künftig weiterdreht, selbst wenn viele das als verdächtig empfinden. Die Patienten haben ein Recht auf ein hochstehendes Engagement ihrer Zahnärzte.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Dr. Peter EngelPräsident der Bundeszahnärztekammer