Praxiswert und Altersvorsorge
Nach der Marktbeobachtung einer Steuerberatungskanzlei und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft werden werden für eine durchschnittliche Einzelarztpraxis heute rund 50 000 Euro gezahlt. Doch, wie die Ärztezeitung zitierte, waren es vor zehn Jahren noch 100 000 Euro bis 120 000 Euro Verkaufserlös. Ein Teil der persönlichen Altersvorsorge der Ärzte wurde demnach durch die Gesundheitsreformen sukzessive vernichtet. Denn der Praxiswert orientiert sich am durchschnittlichen Jahresgewinn – und der ist seit Jahren rückläufig.
Das Ab und ...
Je weiter entfernt von einer Großstadt der Allgemeinmediziner auf dem Land arbeite, um so schwieriger sei die Einkommenssituation. Deshalb seien insbesondere Praxen in ländlichen Räumen kaum noch veräußerbar, berichtete die Ärztezeitung. Findet der Mediziner keinen Kollegen, der seine Praxis übernimmt, muss er den über Jahre aufgebauten Patientenstamm und die Praxisausstattung schließlich „verschenken“.
Der Gesundheitsfonds werde zu weiteren Honorareinbußen führen, prognostiziert die Steuerberatungskanzlei. Die kassenärztlichen und kassenzahnärztlichen Vereinigungen gehen davon aus, dass der Gesundheitsfonds – in seiner derzeitigen Form – das Honorarvolumen von Vertragsärzten und -zahnärzten ab dem Jahr 2009 um etwa 20 Prozent reduziert. Und das bei gleichbleibenden beziehungsweise ständig steigenden Betriebskosten der Praxen. Damit bricht für viele Ärzte ein Baustein ihrer persönlichen Altersvorsorge weg.
... und Auf der Preise
In einer anderen Mitteilung berichtet die Ärztezeitung, dass die Preise für Kassenarztsitze wieder steigen. Durch die Gründung von medizinischen Versorgungszentren habe der Konkurrenzkampf um Praxen stark zugenommen, weil nicht länger nur Freiberufler als Interessenten aufträten. Die Nachfrage ist nach Beobachtung der KV Schleswig-Holstein derzeit so hoch, dass niederlassungswillige junge Ärzte die von ihnen angestrebten Sitze mitunter nicht bezahlen können. Für Ärzte, die den Verkaufserlös ihrer Praxis als Alterssicherung eingeplant haben, ist das eine gute Nachricht.
Erste Infos
Die – auf den ersten Blick widersprüchlichen – Meldungen, zeigen den immer deutlicheren Wandel im Gesundheitswesen. Den werden auch die Zahnärzte zu spüren bekommen. Deshalb bleibt zu hinterfragen, wie sich der Praxisverkauf im zahnärztlichen Bereich darstellt. Erste Information darüber findet jeder interessierte Zahnarzt in dem Informationsdienst des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ), auch unter www.idz-koeln.de. Das IDZ analysiert gemeinsam mit der Deutschen Apotheker- und Ärztebank, Düsseldorf, das zahnärztliche Investitionsverhalten bei der Niederlassung. Grundlage für den Bericht sind die von der Deutschen Apotheker- und Ärztebank durchgeführten Finanzierungen zahnärztlicher Existenzgründungen.
Danach gliedert sich das Finanzierungsvolumen zahnärztlicher Einzelpraxen bei Praxisübernahme in verschiedene Bereiche auf. Da ist einmal der Substanzwert, mit dem die Ausstattung der Praxis bezahlt wird. Der Goodwill als immaterieller Wert vergütet den Patientenstamm und alle Beziehungen innerhalb einer Praxis und deren Verhältnis nach außen. Und letztendlich muss bei einer Praxisübernahme gegebenenfalls noch in Bau- und Umbaukosten investiert werden. Rechnet man zu dieser Praxisinvestition noch den Betriebsmittelkredit, erhält man das gesamte Finanzierungsvolumen bei einer Praxisübernahme.
Betrachtet man den Substanzwert, der in den letzten Jahren für eine Praxis bezahlt wurde, findet man keine drastischen Veränderungen. Die im Jahr 2006 gezahlten Preise für die Ausstattung einer Praxis in den alten Bundesländern lagen genauso hoch wie die, die im Jahre 1992 gezahlt wurden. In den neuen Bundesländern konnten die Zahnärzte für ihre Praxisausstattung seit 1997 zwischen 100 000 Euro und 67 000 Euro erzielen. Dabei scheint der Tiefstpunkt im Jahr 2004 überwunden und die Verkaufserlöse steigen.
Der Substanzwert wird in den nächsten Jahren voraussichtlich keine deutliche Veränderung erfahren. Die materielle Ausstattung der Praxen ist gut, und drastische Geräteinnovationen sind nicht absehbar. Der Zahnarzt kann auch künftig davon ausgehen, dass er für seine Investitionen einen angemessenen Restwert erhält.
Interessanter Goodwill
Für einen Zahnarzt von großem Interesse ist der Goodwill, da er den immateriellen Wert der Praxis ausmacht. Während es sich bei dem Substanzwert lediglich um die Rückerstattung bereits getätigter Investitionen handelt, musste sich der Praxisinhaber den Goodwill schwer arbeiten. Schließlich vergütet dies den Patientenstamm und alle Faktoren, die eine Praxis ausmachen.
Entsprechend schwierig ist die Berechnung des Goodwills, wie die unterschiedlichsten Ermittlungsmethoden zeigen. In der einfachsten Berechnung orientiert er sich am Umsatz der Praxis. Je höher der Umsatz der Praxis umso höher der Goodwill.
Im Jahr 2006 wurden durchschnittlich 76 000 Euro für den Goodwill einer Praxis in den alten Bundesländern bezahlt. Damit hat er sich gegenüber dem Vorjahr nicht verändert, liegt aber um 15 000 Euro über dem Goodwill, der vor zehn Jahren erzielt wurde. Der Spitzenwert von 84 000 Euro im Jahr 2001 konnte nicht erreicht werden. Wenn man jedoch bedenkt, dass im Jahr 1985 bereits 75 000 Euro Goodwill für eine Praxis bezahlt wurden, ist die Entwicklung nicht positiv.
In den neuen Bundesländern lag der Goodwill bei 51 000 Euro im Jahr 2006. Damit liegt dieser Wert um 5 000 Euro über dem vom Vorjahr, aber noch immer deutlich unter dem Goodwill, der im Jahr 1997 erzielt wurde.
Die Orientierung am Praxisumsatz ist vom Grundsatz her möglich, aber der Goodwill steht für mehr als nur für den Praxisumsatz. Da wäre zum Beispiel die Frage, ob eine Praxis wirtschaftlich geführt wird. Deshalb ist bei der Bestimmung des Goodwills nicht nur der Umsatz, sondern auch die Kosten und der erwirtschaftete Gewinn der Praxis wichtig.
Auch die Vertragssituation der Praxis beeinflusst den Wert. Gewährt zum Beispiel der Mietvertrag nur noch eine Restmietzeit von einem Jahr, und der Vermieter stimmt der Verlängerung des Mietvertrages nicht zu, tendierte der Goodwill der Praxis gegen Null – egal wie die Umsätze der Praxis in der Vergangenheit waren. Das Leistungsspektrum der Praxis, die Behandlungsschwerpunkte des Zahnarztes oder seine Spezialisierungen fallen ebenfalls ins Gewicht. Die Personalsituation und die Qualifikation der Praxismitarbeiter, Arbeitsverträge, Vergütungen, et cetera sind auch wichtige Aspekte für den Praxisübernehmer und fließen deshalb in die Bewertung mit ein. Der Goodwill berücksichtigt zudem, ob es weitere Leistungszentren in der Praxis gibt, zum Beispiel ein Praxislabor oder ein Prophylaxezentrum, und ob diese wirtschaftlich rentabel geführt werden. Serviceleistungen der Praxis, Praxisöffnungszeiten, Organisation, Außendarstellung der Praxis, et cetera sind weitere Punkte, die den Goodwill beeinflussen.
Abweichungen beachten
Diese Faktoren bewirken, dass der Goodwill einer Praxis deutlich von den dargestellten Durchschnittszahlen abweichen kann. Sie zeigen aber auch, dass einige Faktoren vom Praxisabgeber nicht mehr beeinflusst werden können, zum Beispiel die Lage und der Standort der Praxis. Während andere – und das ist die Mehrzahl – von dem Praxisinhaber so gestaltet werden können, dass die Praxis gut veräußerbar ist.
Auch im zahnmedizinischen Bereich wird es zu Veränderungen der Praxisstrukturen kommen. Zwar hat die Einzelpraxis immer noch ihre Existenzberechtigung, aber es werden sich zunehmend auch größere Praxisstrukturen etablieren. Diese benötigen einen größeren Patientenstamm, der durch entsprechende Maßnahmen akquiriert werden muss. bleibt abzuwarten, inwieweit sich das positiv oder negativ auf den Goodwill einer Zahnarztpraxis auswirkt. Wie immer in so einer Situation, wird der eine Zahnarzt profitieren und der andere mit den Nachteilen leben müssen.
Dr. Sigrid Olbertz, MBAZahnärztin,Master of Business AdministrationMittelstr. 11a45549 Sprockhövel-Haßlinghausen