Restaurationen ganz in Weiß
Wer sich unter staatliche Rettungsschirme flüchtet, sich zu sehr an den Staat bindet, „wird erst bevormundet und dann geschluckt“, sagte der Vorstandsvorsitzende der KZV Schleswig-Holstein, Dr. Peter Kriett, auf dem ZahnÄrztetag am 7. März in Neumünster. Wobei die Rettungsschirme wohl vor allem die beschleunigte Notenpresse vor Beobachtung schützen. Zahnärzte und Dentalbranche sollten darum froh sein über Wettbewerb und Kundenbindung statt Fachaufsicht und Zuteilung: „Nur wenn wir gut sind, kann der Staat nicht konkurrieren und muss sich raushalten“, betonte Kriett und warb für das „schleswig-holsteinische Konsensmodell“, das alle einschließe, auch die Kostenträger und Verbände: „Nur wenn wir das immer wieder schaffen, sind zentralstaatliche Regelungen sicher vermeidbar.“
Mythen und Wahrheiten über Werkstoffe
Ist Keramik grundsätzlich besser und gesünder als Metall? Der Physiker Prof. Dr.-Ing. Heinrich Kappert (Forschungsleiter bei Icoclar Vivadent/Liechtenstein) räumte energisch auf mit vermeintlichem „Quatsch“: Auch Keramiken seien Metall-(oder Silizium-)oxide. An natürliche Konzentrationen metallischer Verunreinigungen habe sich die Biologie im Laufe der Evolution gewöhnt. Zur Wahrheit gehöre jedoch auch: „Bei Keramik ist die Metallionenlöslichkeit um den Faktor 1 000 geringer als bei Legierungen.“ Oraler Galvanismus – auch ein Mythos – stelle keinerlei Gesundheitsgefährdung dar.
Kieferorthopädische Vorbehandlungen verbesserten die Chancen, bei nachfolgenden Behandlungen minimalinvasiv vorzugehen, so das Credo von Dr. Werner Schupp, Privatzahnarzt in Köln. Schupp empfiehlt im Knochen fixierte „bone-anchor“ für die vertikale Bewegung von Molaren, die prothetisch versorgt oder durch ein Implantat ersetzt werden sollen; die Dauer je Kiefer betrage rund sechs Monate. Wo erst noch Knochen für ein Implantat gewonnen werden müsse, lasse sich der zu extrahierende Zahn mit Brackets vertikal bewegen („der Knochen folgt der bewegten Wurzel“); Dauer drei bis vier Monate. Entsprechendes gelte für die transversale Knochengewinnung durch Mesialisierung oder Distalisierung von Zähnen.
„Komposite sind heute kein Kompromiss mehr“, betonte Prof. Dr. Karl-Heinz Kunzelmann, Universität München. Ihr Vorteil: Man tue sich leichter, sie zu reparieren als ein 1 000-Euro-Veneer. Ihre Nachteile: Transparenz und Farbe seien nicht so genau vorhersehbar wie Keramik-Veneers. Noch ein Veneer-Vorteil: Sie seien schneller geklebt als eine dentinadhäsive Mehrschicht-Restauration. Aus praktischen Gründen und bei einer großen Zahl zu versorgender Zähne gibt Kunzelmann Veneers den Vorzug: „Je mehr, umso Keramik.“
Das Fazit von Privatdozent Dr. Michael Naumann, niedergelassen in Berlin, bis vor Kurzem an der Charité, über Wurzelstifte: Sie sind immer ratsam bei nur einer oder zwei Kavitätenwänden – entscheidend ist jedoch der Fassreifen, der „ferrule“: „Sie müssen immer zwei Millimeter Dentinkragen präparieren!“ Ein absolutes Muss seien Stifte nur bei dekapitierten Zähnen.
„Die ausschließliche Anwendung von Vollkeramik ist heute noch nicht ratsam“, erklärte Prof. Dr. Stefan Wolfart, RWTH Aachen. Noch gebe es Lücken in der Datenlage. Eindeutig überlegen sei Vollkeramik bei der Ästhetik, die Transluzenz von Zirkonoxid liege nahe bei der von Dentin. Die Langzeitbewährung (10 Jahre) für Vollkeramik kenne man noch nicht, für Metallkeramik liege sie bei 85 Prozent. Generell empfahl Wolfart: bei Frontzähnen Aluminiumoxid- oder Glaskeramik; bei 3-bis 4-gliedrigen Brücken im Front- und Seitenzahnbereich Zirkonoxid als Gerüstmaterial; bei längeren Brücken vorsichtshalber Metallkeramik.
Dr. Jörg FeldnerFeldstraße 3824105 Kiel