SPD-Programm

Das Prinzip “S“

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Am 19. April hat die SPD in Berlin ihr Wahlprogramm zur Bundestagswahl vorgestellt. Für Schlagzeilen sorgte in erster Linie der 300 Euro-Bonus bei Verzicht auf die Lohnsteuerjahreserklärung. Auf ein paar Seiten formulieren die Sozial-demokraten aber auch ihre gesundheitspolitischen Ziele. Was im Falle einer Regierungsbeteiligung umgesetzt werden soll – darüber entscheidet Mitte Juni der Bundesparteitag.

Das Thema soziale Sicherung füllen allerdings nur wenige der rund 60 Seiten. Der Gesundheitsfonds wird auf gerade mal neun Zeilen abgehandelt. „Der Umbau der sozialen Sicherung hin zu Bürgersozialversicherungen ist unser Leitprinzip weit über eine Legislaturperiode hinaus“, heißt es im SPD-Wahlprogramm. Aus Bürgerversicherung wird also Bürgersozialversicherung. Am Ende soll ein Sozialstaat stehen, der bei der Absicherung von Krankheit, Rente und Arbeitslosigkeit alle in die Pflicht nimmt. Über allem steht das große „S“. „Alle für alle“, so der Slogan der SPD.

Alle für alle

In dem Sinne will die Partei alle Einkommen zur Finanzierung der Gesundheitsaufgaben heranziehen – und dafür den Steueranteil für die GKV erhöhen. Beim Gesundheitsfonds sollen der Morbi-RSA weiterentwickelt und die private Krankenversicherung herangezogen werden. Ebenso soll es einen Risikoausgleich zwischen gesetzlicher und privater Pflegeversicherung geben. Zudem will die SPD dafür sorgen, dass auch der bisherige Sondersatz von 0,9 Prozentpunkten wieder paritätisch von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen wird.

Um eine gleichmäßige Versorgung sicherzustellen, braucht es laut SPD weitere Schritte zur Flexibilisierung. Das heißt nicht nur Kollektiv-, sondern auch Einzelverträge. Sie zusammen gewährleisteten eine ausreichende flächendeckende Versorgung. Insgesamt kündigt die SPD an, sich in Zukunft für eine einheitliche Gebührenordnung für die ambulante medizinische Versorgung einzusetzen. Auch sollen die Krankenhäuser weiter für die ambulante Versorgung geöffnet werden. Und dabei für gleiche Leistungen gleich bezahlen – unabhängig davon, wo oder für wen sie erbracht werden.

Stark macht sich die Sozialdemokratie für die wohnortnahe ärztliche Versorgung. In einer „Gesellschaft des längeren Lebens“ gelte es, die Teilhabe aller am Gesundheitswesen zu sichern. Dazu gehöre eine wohnortnahe ambulante Versorgung durch niedergelassene Haus- und Fachärzte, die Sicherung der freien Arztwahl und die Stärkung der Zusammenarbeit der ambulant tätigen Haus- und Fachärzte mit Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.

Flache Hierarchien

Auch die Gesundheitsberufe müssten sich verändern. Und zwar dahingehend, dass ärztliche und nichtärztliche medizinische Berufe stärker als bisher zusammenarbeiten, damit jeder seine Kompetenz optimal einbringen kann. Flache Hierarchien, Entlastung der Ärzte von bürokratischen Aufgaben durch spezialisierte Assistenzkräfte und mehr technologische Unterstützung sowie mehr Kompetenzen für pflegerische Berufe sind, laut SPD, der Weg dahin. Dabei bleibe es den Ärztinnen und Ärzten überlassen, ob sie selbstständig oder als Angestellte arbeiten wollen, in niedergelassener Praxis oder im MVZ. Für alle Gesundheitsberufe heißt es jedoch: Die Geriatrie und die Palliativversorgung müssten ein wichtiger Schwerpunkt in Ausbildung, Forschung und Arbeit werden.

Um den Patienten die Sicherheit zu geben, dass alle an der Behandlung Beteiligten verlässlich zusammenarbeiten, will die SPD die integrierte Versorgung ausbauen. Gleiches gilt für die Versorgung chronisch Kranker durch Leitlinien gestützte und evidenzbasierte Behandlungsprogramme. Der Ausbau der Kosten-Nutzen-Bewertung neuer Arzneimittel und Therapien steht ebenfalls auf der Agenda.

Neues Präventionsgesetz

Die SPD will einen neuen Anlauf in Sachen Präventionsgesetz starten. Ziel ist es, die Primärprävention zu stärken und Gesundheitsziele zu definieren. Finanziert werden sollen die Maßnahmen nicht nur via GKV, Bund, Länder und Kommunen. Auch die PKV soll zahlen.

Ebenfalls ein Anliegen der SPD: bessere und transparentere Patientenrechte. Dazu gehöre auch, die bislang „zersplitterten und undurchsichtigen Rechte der Patienten“ in einem Gesetz zusammenzuführen, und insbesondere hinsichtlich Fehlervermeidung und Risikomanagement sowie der Schadensregulierung zu stärken.

Stärken will die SPD auch die Pflegebedürftigen. Sie will weg von der „Minutenpflege“ hin zu einer Pflege, die den Menschen in seiner Gesamtheit wahrnimmt und den Hilfebedarf an dem Grad der Einschränkung der Selbstständigkeit ausrichtet. Die Hilfen vor Ort sollen in den nächsten Jahren so weiterentwickelt werden, dass für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen überall wohnortnahe Angebote zur Verfügung stehen und die häusliche Pflege dadurch Unterstützung erfährt. Für nahe Angehörige wollen die Sozialdemokraten einen bezahlten Freistellungsanspruch von der Arbeit von bis zu zehn Tagen einführen.

Neu ist, dass die SPD künftig auch das Risiko der Erwerbsunfähigkeit im Rahmen der Alterssicherung „obligatorisch und zu gleichen Konditionen abgesichert“ haben will. Zudem soll man freiwillig mehr Geld in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen können, um Abschläge bei früherem Rentenbezug auszugleichen oder den Schutz im Alter zu erhöhen.

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