Editorial

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Liebe Leserinnen und Leser,

die von politischer „Unbeweglichkeit“ geprägte, von Wahlgeschenken durchsetzte Vorphase der kommenden Bundestagswahl hat längst begonnen. Die Sorge um das Wohl der Bürger wird ostentative Kür des Vorwahlkampfes. Und das gemeinsame, glücklicherweise entpersonifizierte Feindbild ist auch gefunden. Es lautet „Weltwirtschaftskrise“. Ansonsten: Still und stahl ruht der See gesellschaftspolitischer Neuerungen.

Um so ungewöhnlicher wirkt es, wenn die Protagonisten der elektronischen Gesundheitskarte weiter beharrlich „auf die Tube drücken“. Was vor Jahren als strukturierte Vorbereitung eines Vorzeigeprojektes für ganz Europa versprochen war, gleicht zu Zeiten des Basis-Rollout eher einem Blindflug – ohne Rücksicht auf Verluste.

Auf Sicherheiten basierende, ehemals abgestimmte Einführungsvarianten werden trotz „Wenn und Aber“ zurück gelassen. Setzt man stattdessen bei der Einführung des neuen Kartensystems lieber auf ein Gemisch aus „Geschwindigkeit und Hexerei“?

Statt jetzt, wo es ernst wird, Detailprobleme zu lösen, schmeißt man nicht Funktionierendes lieber über Bord, verzichtet auf das, was ursprünglich so vorbildgemäß angestrebt war. Übrig geblieben ist letztlich nackte Hülle ohne die eigentlich angestrebten weitreichenden Möglichkeiten. Beruhigend? Nach Meinung der Experten zwar vorerst ungefährlich, aber leider auch weitgehend unnütz und teuer.

Unterm Strich wird deutlich: Was Bundesgesundheitsministerium und Krankenkassen hier antreibt, gleicht eher der sprichwörtlichen „Flucht nach vorn“. Dass man sich von der vorgegebenen Zeitschiene nicht aufhalten lassen will, ist offensichtlich.

Auffällig ist auch, dass die auf einen umfangreichen Datenbestand hoffenden Krankenkassen zumindest in Sachen Online-Roll-out anders als die Zahnärzte argumentieren: Sie betonen eben nicht die Freiwilligkeit der Maßnahme, allenfalls noch die des Zeitpunktes, zu dem der Arzt oder Zahnarzt in die Systematik einsteigt.

Während die Ärzteschaft gespalten auf den immer wieder avisierten Endspurt reagiert, setzt die Zahnärzteschaft weiterhin auf sachliche Argumentation und kritische Begleitung.

Eigentlich wäre das ein guter Tipp für die am Innovationsprozess Beteiligten. Innehalten und Nachdenken bringt manchmal mehr als bedingungsloses Vorpreschen.

Mit freundlichem Gruß

Ihr

Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur

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