Interessante Anlage mit guten Chancen
Am 15. Oktober erreichte der Goldpreis seinen bis dahin höchsten Stand: 1 070,80 Dollar pro Unze (31,10 Gramm). In die Freude europäischer Goldbesitzer mischte sich ein wenig Trauer, denn den Grund für den Anstieg fanden Experten im schwächelnden Dollar beziehungsweise starken Euro. Für ihn bezahlen die Amerikaner 1,49 Dollar. Das bedeutet, dass der viel bejubelte Höchststand nur auf Dollar-Basis stattfand, in Euro gerechnet aber bleib er etwa zehn Prozent darunter. Übers Jahr betrachtet hat der Goldpreis bereits einige Turbulenzen hinter sich. Denn schon im März 2008 erreichte er einen Höchststand von 1 030,80 Dollar. Anschließend fiel er auf etwa 880 Dollar, um dann erneut anzusteigen. Silber, die kleine Schwester des gelben Metalls, hinkt hinterher. Der Preis entwickelte sich in der Vergangenheit sehr – wie die Experten sagen – volatil. Das heißt, er schwankte heftig. So stieg er im vergangenen Jahr auf über 20 Dollar je Unze, um dann auf die Hälfte dieses Wertes zu fallen.
Inzwischen liegt er wieder bei 17,45 Euro (Stand: 19. Oktober 2009), Tendenz steigend. Wer also einen Teil seines Vermögens in Sachwerte investieren will, um sich vor einer möglichen Inflation zu schützen, kann den teuren Euro nutzen, um Silber zu kaufen. Eugen Weinberg, Rohstoffanalyst bei der Commerzbank in Frankfurt, steht dem edlen Metall positiv gegenüber: „Ob Silber eine gute Investition ist, ist eine Frage der Perspektive. Man bekommt relativ viel Silber für wenig Geld. Meiner Meinung nach ist es durchaus sinnvoll, Silber zu kaufen, weil es im Vergleich zu Gold günstig ist.“
Silberkurs hängt am Gold
Für Experten hängen die Kurse der beiden Metalle ganz klar zusammen. Weinberg: „Silber folgt Gold. Wenn der Goldpreis steigt, steigt der Silberpreis überproportional und umgekehrt fällt er auch tiefer.“ Den Grund dafür sieht er darin, dass beide Metalle seit Jahrtausenden für monetäre Zwecke gebraucht werden. Zwar hat Silber in den letzten Jahren diesen Status weitgehend verloren, doch Anleger setzen immer noch auf das Edelmetall. Ob Silber im Vergleich zu Gold teuer oder billig ist, lässt sich am Stand des Gold-/Silber-Koeffizienten ablesen. Mitte Oktober lag er bei 60. Carsten Fritsch, Edelmetallspezialist bei der Commerzbank hält einen Koeffizienten von 40 bis 50 für realistisch.
Ein großer Unterschied zwischen den beiden Edelmetallen liegt in der Nachfrage. Rekrutiert sie sich bei Gold hauptsächlich aus Investoren und der Schmuckindustrie, bestimmt bei Silber die Industrie zu mehr als 50 Prozent die Nachfrage. Münzprägung und Fotografie fallen als Abnehmer inzwischen aus. Doch der Rohstoff beeindruckt mit physikalischen Eigenschaften, die ihn in vielen Bereichen unentbehrlich machen. Er ist extrem formbar, leitfähig und haltbar. Darüber hinaus schätzen ihn die Mediziner wegen seiner keimtötenden Wirkung. Silber-Ionen töten Pilze, Viren und Bakterien. Das wussten sogar schon die Mediziner im Mittelalter. Für nützliche Zwecke entdeckt wurde es schon viel früher.
Bereits seit dem fünften Jahrtausend vor Christus verarbeiten die Menschen Silber. Für die Ägypter, Griechen, Römer und Germanen zählte es sogar mehr als Gold. Die Griechen verfügten über eine sehr ergiebige Mine und prägten um 600 vor Christus die ersten Münzen. Seine Bedeutung als Münzmetall behielt Silber bis ins 20. Jahrhundert hinein. Im 16. Jahrhundert entdeckten die Südamerikaner ihre Silbervorräte. Vor allem die mexikanischen und peruanischen Bergwerke erlangten wegen ihres Reichtums Weltruhm. Noch heute steht Peru vor Mexiko in der Produzenten-Rangliste an erster Stelle.
Industrie-Nachfrage groß
Seine Bestimmung in der Zukunft findet Silber vor allem in der Verwendung für langfristige Datenspeicher, elektronische Sensoren, spannungsstabile Batterien und vor allem als Hochtemperatur-Supraleiter. Ohne die Silberauflage auf Glas gäbe es keine Spiegel. Es findet sich in Kontakten, Katalysatoren, Solaranlagen. Batterien, die mit Silber statt mit Lithium arbeiten, können mehr Energie speichern. In den vergangenen zehn Jahren stieg die industrielle Nachfrage um 75 Prozent auf 450 Millionen Unzen.
Obwohl Silber in der Erde sehr viel häufiger vorkommt als Gold, wird es nicht separat gefördert. Vielmehr gilt es als ein Nebenprodukt bei der Gewinnung anderer Rohstoffe. Vor allem bei der Förderung von Gold, Zink, Kupfer und Blei kommt auch Silber zu Tage. Die spezielle Suche hat sich dank des niedrigen Marktpreises bislang nicht gelohnt. Die Fördermenge hängt also von der Nachfrage der Industrie nach den anderen Metallen ab. In Zeiten schwacher Konjunktur, wie in den letzten Monaten, nimmt die Nachfrage ab und automatisch verringert sich das Angebot an Silber.
Lohnen könnte sich eine eigenständige Förderung, wenn die Strichcodes zur Preisangabe auf Waren demnächst möglicherweise von silberhaltigen Mikrofunkchips abgelöst werden. Wird diese Technik weltweit eingesetzt, könnte der Bedarf an Silber – so schätzt es jedenfalls das Fraunhofer Institut – um 50 Prozent steigen. Dann dürfte auch der Preis für das günstige Metall endgültig abheben. Die Vorräte reichen nach Angaben des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung, des Fraunhofer Instituts und der Bundesanstalt für Geowissenschaften noch für etwa 29 Jahre. Das Recycling von Silber könnte sich demnächst also auch lohnen.
Anlagevarianten
Anleger, die von den interessanten Zukunftsaussichten des weißen Metalls profitieren wollen und einen Teil ihres Vermögens in Edelmetallen anlegen wollen, können ihr Geld auf verschiedene Weise in Silber investieren:
• Barren
Wer sich für Barren entscheidet, braucht unter Umständen viel Platz in seinem Safe. Ein Kilogramm Silber kostet derzeit etwa 400 Euro. Bei einer Anlagesumme von 10 000 Euro stapeln sich 25 Barren. Allerdings fällt beim Kauf von physischem Silber in Deutschland im Gegensatz zu Gold 19 Prozent Mehrwertsteuer an. Nach einem Jahr Haltefrist bleibt bei einem Verkauf der Gewinn abgabenfrei. Denn Barren fallen unter die alte Spekulationsfrist. Allerdings sollte der Kurs bis dahin zumindest die Ausgabe für die Mehrwertsteuer aufgeholt haben.
• Münzen
Für die Anlage nach Renditegesichtspunkten eignen sich Münzen nur eingeschränkt. Voraussetzung für eine Preissteigerung sind Seltenheit, gute Prägung und ein sehr guter Erhaltungszustand. Erst wenig beachtet gehört zum Beispiel der australische Kookaburra (Eisvogel) zu den Münzen, die heute bei Sammlern begehrt sind. Der Kniff dabei ist: Es wurden immer weniger Münzen geprägt als nachgefragt wurden. Nachprägungen aus früheren Jahren gibt es nicht, so dass Sammler sie heute in Auktionen oder bei Münzhändlern suchen müssen. Gilt eine Münze als Investment, steigt die Auflage. Dann entscheidet, wie zum Beispiel beim südafrikanischen Krügerrand in Gold, nur noch der Preis des Edelmetalls. Ein Sammleraufschlag wird dafür nicht gezahlt, für frühe Kookaburras aber schon.
In Deutschland erfreut sich das Ein-Unzen-Silberstück mit dem neuseeländischen Laufvogel Kiwi großer Beliebtheit. So kostete die australische Münze bei der Ausgabe in 2004 (Auflage: 1 502 Stück) und in der höchsten Qualität „polierte Platte“ 40 Euro. Heute hat sie die 100-Euro-Grenze überschritten. Vielleicht steht den Prägungen aus 2009 ja eine ähnliche Karriere bevor. Als lukrativ hat sich in den vergangenen Jahren ebenfalls der Kauf des chinesischen Panda erwiesen. Auch die in diesem Jahr emittierten Münzen haben schon eine Preissteigerung gegenüber dem reinen Silberwert erfahren. Unter den deutschen Münzen sind vor allem die Zehn-Mark-Gedenkmünzen aus den Jahren 1998 bis 2001 interessant. Damals befand sich der Silberpreis im Tief. Deshalb haben diese Münzen einen relativ hohen Silbergehalt von 92,5 Prozent. Wichtig ist es, vor dem Kauf unbedingt Preisvergleiche bei den verschiedenen Anbietern anzustellen. Leider fällt auch bei Münzen die Mehrwertsteuer in Höhe von 19 Prozent an. Für manche Münzen gilt der reduzierte Satz von sieben Prozent. Sie stehen auf einer Liste, die das Finanzministerium herausgibt.
• ETC/ETF
Hinter dem Kürzel ETC verbergen sich die Exchange Traded Commodities beziehungsweise Exchange Traded Funds (ETF). Dabei handelt es sich um Wertpapiere, die eine bestimmte Menge Silber darstellen und an der Börse gehandelt werden. Als Basiswert eines Silber ETFs liegt in der Regel ein Standardbarren von 30 Kilogramm Silber zugrunde. Ein Anteil an einem Silber ETF entspricht meist drei Kilogramm Silber. Diese Menge Metall hat der Fondsanbieter hinterlegt. Im Gegensatz zu einem Zertifikat ist der Gegenwert des Wertpapiers tatsächlich vorhanden. Im Insolvenzfall gelten die hinterlegten Barren als Sondervermögen, das nicht in die Konkursmasse fällt. Anleger, die sich von ihren ETC/ETF trennen wollen, können wahlweise Geld oder die Auslieferung des Silbers verlangen. Allerdings sollten sie dabei berücksichtigen, dass Aufschläge für Scheide-, Schmelz- und Transportkosten anfallen. Ob die verbriefte Menge Silber wirklich vorhanden ist, lässt sich nur schwer nachprüfen. Bis jetzt ist noch kein Betrugsfall bekannt geworden. Es gibt allerdings auch ETC oder ETF, die nicht mit physischem Silber besichert sind. Dann handelt es sich um Schuldverschreibungen, deren Risiko allein der Kunde trägt. Zu den bekannten mit physischem Silber besicherten ETC gehören der iShares Silver Trust oder der ZKB Silver ETF der Zürcher Kantonalbank.
Bislang noch nicht geklärt ist die Steuerfrage. Handelt es sich nach Meinung von Steuerexperten um ein Wertpapier, fällt beim Verkauf die Abgeltungssteuer an. Bei der Auslieferung der Barren aber würde die Spekulationsfrist von einem Jahr gelten. Danach wäre das Silber steuerfrei. Bislang liegt vom Finanzministerium noch keine endgültige Anweisung an die Finanzämter vor. Experten rechnen aber damit, dass die Abgeltungssteuer zum Zuge kommen wird, weil sich die meisten Anleger wohl das Geld auszahlen lassen werden. Auch wenn sich Einzelne doch für die Barren entscheiden, werden sie die Abgeltungssteuer zahlen müssen. Neulinge sollten bedenken, dass gerade der Silberpreis stark schwankt und mehr als Gold von der konjunkturellen Lage abhängt.
• Zertifikate
Neben ETC und ETF ohne physisches Metall als Sicherheit, können Anleger ihr Geld auch noch in Zertifikate stecken, die den Silberpreis, einen Index von Minenaktien oder andere Produkte rund um Silber als Basis haben. Dann gerät die Anlage aber zum Hasardeurspiel, das sich ausschließlich für Experten und Zocker eignet. Viele Kenntnisse und Mut zum Risiko verlangt auch der Kauf von Minenaktien.
• Accessoires
Erbaulicher hingegen kann die Investition in das Gold des kleinen Mannes sein, wenn es sich um schöne Dinge handelt. Weniger wegen seiner herausragenden Eigenschaften und der Aussicht auf steigende Preise als vielmehr wegen seines schönen Glanzes erfreut sich Silber vor allem bei Schmuck und in der Tischkultur nach wie vor großer Beliebtheit. Gerade Ketten, Armreifen, Ringe und Ohrringe zeichnen sich häufig durch exzellentes Design aus. Entscheidend für den Preis sind die Gestaltung und die handwerkliche Verarbeitung. Liebhaber von Silberschmuck und -gerätschaften wie Besteck, Tabletts oder Schalen, wissen, dass erst der Stempel 925 den hohen Silberanteil bestätigt.
Die Preise für die Objekte dürften anziehen, wenn Experte Carsten Fristsch mit seiner Prognose Recht behält: „Silber sollte in den nächsten ein bis zwei Jahren auf 20 Dollar je Unze steigen.“ Gleichzeitig warnt er aber auch vor einem Rückschlag: „Die Nachfrage aus dem Investmentbereich steigt. Die Spekulanten gehen verstärkt in den Markt. Wenn sie verkaufen, um Gewinne zu realisieren, kann der Preis vorübergehend auf 13 bis 14 Dollar sinken.“
Marlene Endruweitm.endruweit@netcologne.de