Thema des Millerpreises richtungsweisend

Früherkennung von malignen Mundhöhlenläsionen

Der höchste wissenschaftliche Preis der DGZMK wurde anlässlich des Deutschen Zahnärztetages in Stuttgart erstmals seit vier Jahren wieder vergeben. Bei der preiswürdigen Arbeit handelt es sich um eine wissenschaftliche Grundlagenarbeit, die aber in der niedergelassenen Praxis unter Umständen lebensrettende Dienste am Patienten liefert. Hier eine Zusammenfassung der Forschungsarbeit.

Der Titel der Studie lautete „Identifikation oraler Risikoläsionen und Karzinome mittels oraler Zytologie – Immunzytochemische, massenspektrometrische (SELDI), DNA-zytometrische und quantitative mRNA-Analyse oraler Bürstenbioptate.“

Hinter dieser Formulierung „versteckt“ sich die moderne Form des zytologischen Abstrichs, mit dessen Hilfe „verdächtige“ Schleimhautveränderungen in der Mundhöhle ohne Skalpell und mit hoher Sicherheit der Aussage überprüft werden können. Die Folge: Eine kleine Bürste ersetzt (zumindest vorläufig) das Messer!

Die „gewöhnliche“ Zytologie mit Auswertung nach Papanicolau, wie sie in der Gynäkologie zu großen Erfolgen in der Frühbehandlung von Zervixkarzinomen geführt hat, gelingt in der Mundhöhle nicht mit gleicher Aussagekraft, da das Mundhöhlenepithel verhornt und die entscheidenden Zellen mit einem einfachen Wattestab-Abstrich nicht gewonnen werden können. Hier hilft die Verwendung von relativ harten Bürstchen (siehe Abbildung 1) weiter. Entscheidend für die Aussagekraft der sogenannten Bürstenbiopsie sind die in Driemels Studie erstmals immunzytochemisch markierten extrazellulären Matrixproteine wie die Gamma2-Kette von Laminin-5 und hochmolekularem Tenascin-C. Diese sind Schlüsselproteine der Invasions- und Metastasierungskaskade von oralen Plattenepithelkarzinomen. Die immunzytochemische Markierung von atypischen Zellen in den Bürstenbiopsiepräparaten erleichtert das Auffinden der diagnoseentscheidenden Zellen, rationalisiert die Diagnostik und ermöglicht eine hohe Sicherheit der Interpretation. Daraus resultiert eine Sensitivität (Karzinom richtig erkannt) von 95 Prozent und eine Spezifität von 99 Prozent (nur einer von 100 positiven Tests ist falsch positiv).

Die hohe Sensitivität der methodisch erweiterten und abgesicherten Bürstenzytologie macht diese Technik als ersten diagnostischen Schritt im Rahmen des Monitorings von Mundschleimhautläsionen empfehlenswert. Positiver Befund und Progression der Läsion bei negativem Befund sind hiernach Indikationen zur Überweisung des Patienten an Fachkliniken und zur dort durchzuführenden histopathologischen Kontrolle. Sie sollen immer dann zum Einsatz kommen, wenn eine Schleimhautläsion klinisch als nicht dringend tumorverdächtig angesehen wird und zunächst durch Beobachtung verfolgt wird. In diesen Fällen sind auf Bürstenbiopsie basierende Verfahren geeignet, diagnostische Fehleinschätzungen frühzeitig zu erkennen. (Abgerechnet werden können die Gebührennummer 05 des BEMA 2004 beziehungsweise die GOÄ-Nr. 279 und 7.) Bei jedem klinisch eindeutigem Karzinomverdacht erübrigen sich sämtliche Verfahren der oralen Bürstenbiopsie, denn es wird unmittelbar eine Skalpellbiopsie erforderlich. Durch frühe Überweisung in eine Fachklinik kann die notwendige chirurgische Therapie im Umfang kleiner bleiben. Die Überlebenswahrscheinlichkeit und Lebensqualität eines Patienten sind um so höher, desto kleiner ein Tumor bei Diagnosestellung und Behandlungsbeginn war.

Die Verleihung des Millerpreises für die Bürstenbiopsie ist ein wichtiger Schritt für die Zahnmedizin hin zur ZahnMedizin: Die Augen des Zahnarztes können mithilfe dieses neuen Werkzeuges für maligne Erkrankungen der Mundhöhle geschärft werden. Die einfache nicht invasive Wiederholbarkeit in der Zahnarztpraxis erlaubt die engmaschige Kontrolle oraler Vorläuferläsionen und ermöglicht eine frühzeitige Erkennung maligne transformierter Zellen.

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