Ökofonds

Rendite fürs gute Gewissen

Ökofonds liegen im Trend, Angebot und Nachfrage steigen. Doch Anleger, die ihr Erspartes nach ethischen und ökologischen Kriterien anlegen wollen, müssen erst ihre Hausaufgaben machen. Denn nicht immer hält der Inhalt eines Fonds, was die Verpackung verspricht.

Die Krise stimmt viele Menschen nachdenklich. Das ständige Schielen nach der Rendite lenkt leicht davon ab, auf welche Weise der eine oder andere Prozentpunkt mehr erzielt wird. Auch das hektische Kontenwechseln, um beim Tagesgeld das attraktivste Angebot zu erhaschen, führt nicht immer zum Erfolg, weil das Kleingedruckte übersehen wird.

Die Krise hat gezeigt, dass reines Gewinnstreben letztendlich zu herben Verlusten führen kann. Allmählich wandelt sich bei vielen Renditejägern diese Einstellung. Die Anleger möchten wissen, was mit ihrem Geld, das sie der Bank, dem Vermögensverwalter oder eben dem Fonds anvertrauen, geschieht. Bei der Planung der Geldanlage rücken Kriterien wie Ökologie, Ethik und langfristiges Denken in den Vordergrund.

Die Anzahl der Fonds, die auf diese Vorgaben reagieren, nimmt ständig zu. Inzwischen haben Anleger allein im deutschsprachigen Raum die Wahl unter mehr als 180 Angeboten. Rund 30 Milliarden Euro haben sie bislang in diese Anlage investiert. Das macht insgesamt kaum zwei Prozent der Gesamtanlagen in Fonds aus. Doch ihr Anteil wächst ständig.

Probleme bereitet aber vielen Wechselwilligen die Wahl des richtigen Fonds. Denn Öko ist nicht gleich Öko, und unter Nachhaltigkeit versteht auch beinahe jeder etwas anderes. Eindeutige Regeln gibt es bislang immer noch nicht, aber verschiedene Ansätze. So kommt es, dass sich auch die Fondsmanager zwar von ökologischen, sozialen und ethischen Motiven leiten lassen, sie aber unterschiedlich anwenden.

Auch die genaue Bedeutung von „nachhaltig“ ist vielschichtig: Der Begriff ist sozusagen trendy und findet in beinahe allen Bereichen des gesellschaftlichen und ökonomischen Lebens seine Anwendung. Ursprünglich stammt er aus der Forstwirtschaft und besagte, dass Bäume nicht schneller gefällt werden dürfen als andere nachwachsen.

Übertragen auf die gesamte Wirtschaft heißt es, dass die Teilnehmer am wirtschaftlichen Leben sehr sorgsam mit den Ressourcen umgehen sollten. Nachhaltige Fonds beinhalten dementsprechend alle möglichen Werte. Der größte Teil dieses Geldes fließt in Themenfonds. Sie beschäftigen sich zum Beispiel mit Bereichen wie Solarenergie, Wasser oder Windkraft. Die meisten setzen sich aus Technologieaktien zusammen. Andere wiederum schließen Rüstungsproduzenten aus, nehmen aber Autohersteller wie Toyota mit rein.

Der Women’s Equity Fund investiert in Unternehmen, die die Gleichberechtigung der Frauen auf ihrem Banner tragen. Andere Fonds wiederum haben sich der Ethik verschrieben und sind religiös oder sozial orientiert. So beschäftigen nachhaltig arbeitende Unternehmen mehr Frauen als andere. Sie haben häufig spezielle Förderprogramme, die Frauen den Zugang zu technischen Berufen und in Führungspositionen ebnen soll. Voraussetzungen dafür sind eine ordentliche Kinderbetreuung und familienfreundliche Arbeitszeiten. Hervorgetan haben sich in diesem Bereich der Autobauer BMW und die Telekom.

Weltweit sozial

Unternehmen, die als nachhaltig gelten, realisieren solche Ziele nicht nur in ihren Herkunftsländern, sondern auch in den Weltregionen, in denen sie tätig sind. Sie zeichnen sich dort nicht nur durch ökonomische und ökologische Qualität aus, sondern auch durch soziales Engagement. Analysten und Fondsgesellschaften, die sich diesem Thema verschrieben haben, sammeln die Angaben mithilfe von Fragenkatalogen.

Ermittelt wird unter anderem die Zufriedenheit der Mitarbeiter. So hat BMW sich verpflichtet, in seinen Werken weltweit gültige Vereinbarungen zum Arbeitsrecht zu berücksichtigen. Dazu gehören verschiedene internationale Vereinbarungen zum Beispiel der Global Compact der Vereinten Nationen und die Vereinbarungen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO.

Aber auch breiter aufgestellte Nachhaltigkeitsfonds finden ihre Investoren. Das Tempo, mit dem der Markt wächst, erschwert den Interessenten die Wahl.

Ihr Augenmerk richten die Analysten ebenfalls auf Korruption und Diskriminierung. So ist der Walldorfer Software-Produzent förderndes Mitglied bei Transparency International.

Ein Logo als Indiz

Doch bleibt es für private Anleger weiterhin schwer, an alle diese Indizien zu gelangen und mit unzureichenden Information die richtige nachhaltige Anlage zu wählen. Wie komplex und entsprechend schwierig zu fassen der Bereich der nachhaltigen Geldanlage ist, zeigen die Bemühungen von Eurosif, dem europäischen Dachverband der Investmentforen und anderen Institutionen.

Paschen von Flotow, Leiter der Sustainable Business Institute der European Business School in Oestrich-Winkel meint: „Alle Standardisierungsversuche auf der Ebene der Erfassung der sozialen und ökologischen Performance von Unternehmen machen Sinn, auch wenn alle angesichts der Komplexität der Aufgabe unbefriedigend sind.“ Anleger, die mit ihrem Geld Sinnvolles bewirken wollen, können sich auf den ersten Blick an dem im vergangenen Jahr geschaffenen Transparenz-Logo orientieren. Fonds, die dieses Logo tragen, verpflichten sich, die strengen Leitlinien von Eurosif zu erfüllen. Sie müssen Anleger und Verbraucher ehrlich und korrekt informieren, so dass diese die Praxis und die Politik des jeweiligen Fonds verstehen können. Das Logo wird nur für ein Jahr vergeben. Danach müssen die Gesellschaften ihre Angaben aktualisieren.

Trotz der strengen Auflagen werden interessierte Verbraucher sich auch in Zukunft intensiv mit der Auswahl bei Ökofonds beschäftigen müssen. Eine Harmonisierung der Kriterien für Nachhaltigkeit ist nicht geplant. Allein am Beispiel Verhütungsmittel scheiden sich die Geister: Die Einen rechnen ihre Produktion als Plus an, weil sie helfen, die Weltbevölkerung zu begrenzen und ihre Armut zu bekämpfen. Aus Sicht der Kirchen aber sind sie tabu und gelten als absolut negativ.

Sechs Punkte für den Check

Wer neu in die nachhaltige Geldanlage einsteigt, dem hilft es schon zu wissen, ob der Fonds in den Klimaschutz investiert oder ethisch orientiert ist. Dazu hat Eurosif eine Checkliste erarbeitet, die eine Eingrenzung erlaubt. Es werden sechs Bereiche überprüft: Personal, Umweltschutz, Kunden und Zulieferer, Menschenrechte, Engagement und Unternehmensführung. Entscheidend aber ist, wie die Fondsgesellschaften diese Kriterien umsetzen. Und daran scheiden sich die Geister wieder .

Es gibt zwei Strategien:

• Negativauswahl

Hierbei wählen Fondsmanager Aktien nach dem Ausschlussprinzip, also zum Beispiel keine Firmen, die mit Atomkraft arbeiten. Ebenso wenig Firmen, die in Ländern produzieren, in denen es Kinderarbeit gibt und die Menschenrechte missachtet werden.

• Best in class-Prinzip

Bei dieser Positivauswahl entscheiden sich die Fondsmanager für Aktien von Unternehmen, die bestimmte Kriterien erfüllen. Das heißt, es werden Firmen innerhalb eines bestimmten Sektors miteinander verglichen. Die Firma die am besten abschneidet, findet ihren Platz in dem jeweiligen Fonds. Dabei kann es aber passieren, dass in einem Nachhaltigkeitsfonds Aktien von Öl- oder Autoproduzenten auftauchen. Das bedeutet, dass sie nachhaltiger als der Rest ihrer Branche arbeiten, auch wenn das auf den ersten Blick nicht zu erkennen ist. Beispiele dafür liefert der Dow Jones Social Index DJSI. Gegründet von dem Schweizer Reto Ringger, der auch Chef der nachhaltigen Vermögensverwaltung Sustainable Asset Management SAM ist, versammeln sich in diesem Index aus den weltweit 2 500 größten Unternehmen diejenigen 313, die in ihren Branchen die besten ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Leistungen bringen. Da reibt sich so mancher ökologische Idealist die Augen, wenn er in den SAM-Fonds Werte wie die Lufthansa findet. Für SAM macht das Sinn, weil die Lufthansa ihre Maschinen besser auslaste als andere Wettbewerber. Ebenso hat Toyota seinen Platz im Index, weil der Autoproduzent mit dem Modell Prius das erste serienmäßig verkaufte Hybrid-Modell auf den Markt gebracht hat. Total fördert neue Energien und produziert sauberen Treibstoff. Ebenso agiert der Konzern vorbildlich, was die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter am Arbeitsplatz angeht.

Ökonomie mit Ökologie

Dass sich ökologisches Wirtschaften und soziales Engagement bei den Mitarbeitern und in der Gesellschaft für Unternehmen und Anleger auszahlen, beweist die Performance des DJSI. Verglichen mit seinem Start in 1996 hat der Index den Vergleichsindex MSCI World immer übertroffen. Zwar haben auch die Ökofonds in der Krise gelitten, doch liegen sie immer noch gut im Rennen.

Fonds, die sich an diesem Index ausrichten sind zum Beispiel SAM Sustainable Leaders. Außerdem gibt es einen Indexfonds von iShares, der den DJSI Euro Stoxx 40 abbildet.

Aktien der Natur

Wer strengere Regeln für seine Geldanlage fordert, findet sie bei den Werten, die zum Natur-Aktien-Index gehören. Er besteht seit 1997 und hat im Verlauf der Jahre sowohl den Dax als auch den MSCI stets geschlagen. Allerdings hat die Krise auch ihm Dämpfer verpasst. Welche Unternehmen in den NAI aufgenommen werden, entscheidet ein Gremium aus Wissenschaftlern und Vertretern von Umwelt- und Menschenrechtsgruppen. Sie wählen ausschließlich Unternehmen, die weltweit ökologisch, sozial und ethisch korrekt arbeiten. Die Produkte dieser Firmen müssen dauerhaft und grundlegend zur Lösung ökologischer und sozialer Probleme beitragen.

Die Informationen beschafft Imug, eine Researchfirma in Hannover. Firmen, die Gentechnik in der Landwirtschaft einsetzen, Frauen diskriminieren, Kinderarbeit dulden oder die Menschenrechte anderweitig verletzen, haben keine Chance. Bislang haben es nur 30 Unternehmen in den NAI geschafft.

Im Unterschied zum Dax oder MSCI World setzt sich der NAI ausschließlich aus sogenannten Small Caps – also kleineren Unternehmen – zusammen. Ihr Wert hatte sich in der Vergangenheit besonders gut entwickelt. Allerdings sind sie in der Krise noch anfälliger als die großen Dax-Konzerne.

Zu den Fonds, die sich streng nach dem NAI ausrichten, gehört der Green Effects NAI Wertefonds für private Anleger. Auch andere Fonds, die sich an die strengen NAI-Regeln halten, haben in den vergangenen Jahren gut abgeschnitten. Zu ihnen gehört der Ökovision der Düsseldorfer Versiko AG und der Pioneer Funds – Global Ecology. Beide sind über zehn Jahre alt. Während das Volumen des NAI-Wertefonds mit 60 Millionen eher klein ist, verzeichnen die beiden anderen rund 400 beziehungsweise 350 Millionen Euro.

Auch die deutsche Börse setzt auf Öko. Seit knapp zwei Jahren gibt es den ÖkoDax, in dem sich zehn Werte versammeln. Sie konzentrieren sich auf Sonnen-, Wind- und Bioenergie.

Zwar gibt es inzwischen viele Versuche, nachhaltige Geldanlage zu definieren, gelungen ist es bis jetzt noch nicht. Doch in einem Punkt sind sich alle Experten einig. Nachhaltige Geldanlage bedeutet nicht einen Verzicht auf Rendite. Das bestätigt auch eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und der Universität Stuttgart über Portfolios langfristig orientierter Stiftungen. „Bemerkenswert ist allerdings, dass die Performance umso besser wird, je stärker die Nachhaltigkeitskriterien bei der Aktienauswahl und der Portfoliozusammensetzung berücksichtigt werden“, erläutert Mitautor Michael Schröder vom ZEW.

Ein weiteres interessantes Ergebnis der Studie: Der strenge NAI schneidet besser ab als der umfassendere DJSI. Allerdings blieben auch die nachhaltigen Anlagen nicht von der Krise verschont. Sie büßten ebenfalls einen Teil ihrer Werte ein. Doch Anleger, die sich für diese Geldanlagen entscheiden, sind sowieso eher langfristig orientiert. Sie sitzen die Krise aus. Dieser Meinung ist auch Robert Hassler, Chef von Oekom-Research, Ratingagentur für Nachhaltigkeit in München: „Nachhaltiges Investment wird gestärkt aus der Krise hervorgehen. Denn die Anleger werden zum gesunden Menschenverstand zurückfinden. Diese Art, Werte zu schaffen, ist nicht profitorientiert, sondern langfristig angelegt.“ Mit dieser Einstellung hätte es die Krise vielleicht nicht gegeben. Für Hassler ist eines der heißesten Themen „die Synchronisation von Finanz- und Realwirtschaft“. Wenn das gelingen sollte, würde es wohl das Ende aller Finanzkrisen bedeuten.

Das Augenmerk auf die Gesamtquote

Für alle, die in Zukunft auf Nachhaltigkeit setzen wollen, hält Verbraucherschützer Niels Nauhauser noch Tipps bereit: „Bei Investmentfonds ist immer entscheidend, dass eine gute Entwicklung der Börsen auch tatsächlich beim Anleger ankommt und nicht durch hohe Managementkosten aufgezehrt wird. Daher ist es sinnvoll, bei der Auswahl eines Nachhaltigkeitsfonds auf die Gesamtkostenquote zu achten. Mehr als zwei Prozent jährlich sollten es nicht sein.“ Außerdem warnt er davor, große Teile des Vermögens in einen eng gesteckten Fonds, wie Alternative Energien, zu investieren. Kriselt die Branche oder fallen Subventionen weg, hat der Anleger das Nachsehen. Außerdem muss niemand, der ökologisch denkt, sein ganzes Geld in nachhaltige Geldanlagen investieren – ein Teil davon reicht.

Marlene Endruweitm.endruweit@netcologne.de

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