Klarer Rahmen für die Patientenmobilität
Ziel des Kommissionsvorschlags ist es, einen allgemeinen Rahmen für eine sichere, hochwertige und effiziente grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung in Europa zu schaffen (siehe auch zm 15/2008, Seite 76 bis 77). Den Ansatz, im Hinblick auf die Patientenmobilität einen klaren Rahmen zu definieren, begrüßt die Bundeszahnärztekammer. Nach ihrer Auffassung hätte sich der Vorschlag auf eine Kodifizierung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs beschränken können. Jedoch, so die BZÄK, sei der Ansatz ein wichtiger Schritt für die Freizügigkeit im Binnenmarkt, was vor allem für Patienten wichtig sei, die in ihrem Heimatstaat nicht behandelt werden könnten, sowie für Patienten in Grenzgebieten.
Besonderheit in der Zahnmedizin
Eine Sondersituation ergibt sich im Bereich Zahnmedizin, wie die BZÄK herausarbeitet. In der Regel befinde sich der Patient bei seinem Zahnarzt in einem langjährigen Behandlungsverhältnis, denn zahnmedizinische Versorgung sei entsprechend dem präventionsorientierten Ansatz lebensbegleitend. Die genaue Kenntnis des Mundgesundheits- und allgemeinmedizinischen Gesundheitszustandes, der Fertigkeiten und Fähigkeiten zur Erhaltung seiner Mundgesundheit und der Erwartungshaltung des Patienten an die zahnmedizinische Versorgung, basierend auf einem engen Vertrauensverhältnis zwischen Zahnarzt und Patient, seien Grundlagen einer adäquaten präventiven und therapeutischen Betreuung. Einzelne Behandlungsmaßnahmen bedürften einer unbedingten Einbindung in eine Langzeitversorgung und oftmals einer umfangreichen Vor- und Nachsorge.
Als positiv erachtet es die BZÄK, dass laut Kommissionsplänen das Recht desjenigen Mitgliedstaates zur Anwendung kommen soll, in dem eine Gesundheitsdienstleistung in Anspruch genommen wurde. Sie begrüßt außerdem das Ziel der Kommission, die Patientensicherheit zu fördern.
Notwendig sei laut Auffassung der Zahnärzteschaft, dass die vorrangige Verantwortung der Mitgliedstaaten für ihr Gesundheitssystem gemäß dem Subsidiaritätsprinzip bei allen Maßnahmen der Europäischen Union und ihrer Organe beachtet werde. Dies müsse auch in der Richtlinie angemessen widergespiegelt werden. Zu beachten sei zudem, dass grenzüberschreitende Gesundheitsdienstleistungen nach allgemeiner Einschätzung nur rund ein Prozent aller Gesundheitsdienstleistungen in der Europäischen Union ausmachten. Deswegen erscheine es nicht verhältnismäßig, dass die Kommission in so weitem Umfang Regelungen im Bereich des Datenaustausches oder der Qualitätssicherung vorschlage.
Im einzelnen nimmt die BZÄK Stellung zu folgenden für die Zahnärzteschaft wesentlichen Punkten und schlägt Änderungen zum EP-Berichtsentwurf vor:
Zuständigkeit der Behörden des Behandlungsmitgliedstaats (Art. 5):
• Die Erbringer von Gesundheitsdienstleistungen im Behandlungsmitgliedstaat sollten Patienten über „Behandlungsoptionen“ und „mögliche Ergebnisse“ informieren können, nicht jedoch über „Behandlungen“ und „Ergebnisse“, wie von der Kommission vorgeschlagen.
• Die Europäische Kommission sollte keine Leitlinien zur Erreichung klarer Qualitäts- und Sicherheitsstandards erarbeiten. Die Überwachung der Qualitätssicherung müsse in den Händen der Mitgliedstaaten und der dort zuständigen Gremien bleiben.
Nationale Kontaktstellen (Art. 12):
• Die Aufgaben der nationalen Kontaktstellen sollten laut Auffassung der BZÄK auf ein realistisches Maß begrenzt werden. Es sollten objektive Informationen allgemeiner Art für die Patienten bereitgestellt werden, zum Beispiel Qualitätsberichte. Es dürften keine Empfehlungen zu den Leistungserbringern bereitgestellt werden (Rankings), um den Wettbewerb nicht zu behindern.
• Die Einrichtung eines Netzes von nationalen Kontaktstellen wird von der Zahnärzteschaft abgelehnt; es bestehe auch kein Grund, der Kommission Entscheidungsbefugnisse darüber einzuräumen, welche Daten innerhalb dieses Netzes ausgetauscht werden sollten.
Referenznetze (Artikel 15):
• Referenznetze sollten freiwillige Zusammenschlüsse zum Austausch wissenschaftlicher Erfahrungen sein mit dem Ziel, die Möglichkeiten der Gesundheitsversorgung von Patienten mit seltenen Krankheiten zu verbessern.
• Bei den Referenznetzwerken sei auf die Kompetenz der Mitgliedstaaten verwiesen, eine Unterstützung im Bereich der seltenen Krankheiten sollte vorgesehen werden.
• Es sei nicht Aufgabe der Kommission, eine Liste spezifischer Kriterien und Bedingungen zu erstellen, welche die Referenznetze erfüllen müssen.