Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
„Kinder kriegen die Leute immer“ soll Erstund Altbundeskanzler Konrad Adenauer gesagt haben, wenn familienpolitische Schwarzdenker in den frühen Tagen der Republik an einer gesunden Zukunft Deutschlands zweifelten. Damit lag er definitiv falsch.
Heute steckt Deutschland in einer nahezu ausweglosen Situation: Die soziodemografische Schieflage ist zumindest für die nächsten 50 Jahre vorbestimmt. Mit Verrentung der letzten Baby-Boomer wird unser sozialpolitisches System wohl endgültig aus den alten Fugen geraten. An den Folgen werden Generationen von Politikern herumbasteln. Die Ausmaße dieses Dramas für die medizinische Versorgung und ihre Versicherungssysteme werden zur Zeit ausgelotet. Vorschläge, wie reagiert werden muss, gibt es, wirkliche Patentrezepte sind aber nicht greifbar.
Versorgungspolitisch wird das noch drastischer, wenn man den eigentlich segensreichen, aber durchaus kostenintensiven medizinischen Fortschritt in diese Rechnung einbezieht. Es ist logisch: Für immer mehr ältere, zunehmend multimorbide Menschen ist auch immer mehr zu bewältigen.
Das alles schreit nach dringenden Kurskorrekturen. Und es bleibt auch nicht ohne Konsequenzen für das Berufsbild des Zahnarztes der Zukunft. Offene Fragen gibt es mehr als genug:
Wie wird sich das vom Gesetzgeber als entlastendes, weil als qualitätssteigernd und kostendämpfend empfundene Instrument „Wettbewerb“ im System auf die Arbeit des Zahnarztes von Morgen auswirken? Wie flexibel gestaltet sich der Arbeitsalltag des zunehmend von Frauen gewählten Berufs in einer von der Diversifizierung der Praxisformen geprägten Versorgungslandschaft von Morgen? Welche Herausforderungen schafft die mehr und mehr notwendige interdisziplinäre Verschränkung von Allgemein- und Zahnmedizin für das Berufsbild des Zahnarztes? Was bedeutet das für die konsiliarische Zusammenarbeit zwischen Zahnärzten und anderen Fachdisziplinen?
Vieles davon lässt sich natürlich – noch – nicht schwarz auf weiß beantworten. Dennoch: Ein gut analysiertes Heute erlaubt schon den realistischen Blick auf die Tätigkeit von Morgen und Übermorgen.
Klar ist aber auch: Die Vorbereitung auf ein funktionables Morgen muss heute angegangen werden. Die Zeit läuft.
Mit freundlichem Gruß
Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur