Adhäsivtechnik im Wurzelkanal
Zur Rekonstruktion wurzelkanalbehandelter, koronal stark zerstörter Zähne werden zunehmend Glasfaserstifte verwendet. Vor deren Eingliederung muss eine sorgfältige Stiftpräparation verbunden mit einer mechanischen und chemischen Wurzelkanalwandreinigung erfolgen. Können jedoch die in der Endodontie gebräuchlichen Chemi-kalien die Adhäsivtechnik beeinträchtigen?
Für diese In-vitro-Untersuchung erfolgte bei 48 extrahierten, humanen Prämolaren eine Aufbereitung und Füllung des Wurzelkanals. Nach dreitägiger Wasserlagerung wurde die Guttapercha aus dem koronalen Kanalbereich (8 mm tief) wieder mechanisch entfernt (DT Light-Post-System; Bisco) sowie das geschaffene Lumen vorbehandelt und gereinigt: in Gruppe 1 (n = 12) mit Wasser (10 ml), in Gruppe 2 mittels Phosphorsäureätzung (35 Prozent, 30 s) und anschließender Wasserspülung (10 ml) sowie in den Gruppen 3 und 4 mit EDTA (17 Prozent, 5 ml), NaOCl (5,25 Prozent, 5 ml) und Wasser (10 ml). In der Gruppe 4 erfolgten diese Spü-lungen jedoch mithilfe von Ultraschall (Piezon master 400; EMS).
Zwei Zähne jeder Gruppe wurden für die Begutachtung der Oberflächenreinigung mithilfe des Rasterelektronenmikroskops vorgehalten. Bei der Gruppe 1 waren noch eine dicke Schmierschicht und Wurzelfüllungsreste zu erkennen. Dahingegen zeigten sich in Gruppe 2 bereits zahlreiche freigelegte Dentintubuli, während bei den Proben der Gruppen 3 und 4 eine vollstän-dige Entfernung der Schmierschicht und weit eröffnete Dentintubuli beobachtet werden konnten.
Bei den verbliebenen zehn Zähnen pro Gruppe erfolgte daraufhin die Insertion der Glasfaser-stifte (DT Light-Post, Größe 3) mit dem dualhärtenden Kom-posit Clearfil DC Core Automix (Kuraray) entweder unter Verwendung des lichthärtenden Zweikomponenten-Zweischritt-adhäsivsystems Clearfil SE Bond oder des dualhärtenden Zweikomponenten-Einschrittsystems Clearfil DC Bond (n = 5); beide sind selbstkonditionierend. Letzteres wurde allerdings – obwohl dualhärtend – ebenfalls wie das SE Bond einer Lichtpolymerisa- tion unterzogen, da aus anderen Studien bekannt ist, dass nicht reagierte saure Monomere der Adhäsive die Aushärtung von dual- oder rein chemisch härtenden Kompositen beeinträchtigen können.
Für die Messung des Haftverbunds wurden alle Zähne senkrecht zur Zahnachse in jeweils sechs etwa 1 mm dicke Scheiben (unterteilt in drei apikale und drei koronale) zersägt, wodurch pro Untergruppe 30 Probekörper entstanden, anhand derer der Push-out-Test (Zwick-Universalprüfmaschine) und nachfolgend die Analyse des Versagensmodus (Lichtmikroskop) vorgenommen werden konnten.
Die Push-out-Kräfte wurden ausschließlich durch die Art der Vorbehandlung, jedoch nicht durch das Adhäsivsystem signi- fikant beeinflusst, wodurch die weitere Ergebnisdarstellung hinsichtlich der beiden Adhäsive gepoolt erfolgte. Vor allem im apikalen Bereich zeigten sich deutliche Unterschiede. Dort wurden in den Gruppen 1 (6,96 ± 3,35 MPa) und 3 (6,52 ± 5,29 MPa) signifikant kleinere Kräfte gemessen als in den Gruppen 2 (12,04 ± 3,77 MPa) und 4 (10,42 ± 4,13 MPa). Ein Versagen innerhalb der Stifte wurde generell nicht beobachtet. Nach Phosphorsäureätzung (Gruppe 2) waren signifikant weniger Frakturen zwischen dem Dentin und der Adhäsiv-Komposit-Schicht zu beobachten.
Folglich wirkt sich eine vorherige Ätzung der Wurzelkanalwand (Gruppe 2) günstig aus, wohingegen ein Belassen der Schmierschicht (Gruppe 1) trotz der Verwendung selbstkonditionierender Adhäsivsysteme den Haft-verbund beeinträchtigt. Reste von NaOCl und EDTA im Wurzeldentin hemmen die Polymerisa-tionsreaktion (Gruppe 3); scheinbar können sie jedoch durch eine abschließende Spülung mit Wasser unter Verwendung von Ultraschall wirkungsvoll entfernt werden.
Quelle: Zhang L, Huang L, Xiong Y, Fang M, Chen J-H, Ferrari M. Effect of post-space treatment on retention of fiber posts in different root regions using two self-etching systems. Eur J Oral Sci 2008;116:280-286.
Dr. Jörn NoetzelCharité -Universitätsmedizin BerlinCharitéCentrum 3 für Zahn-,Mund- und KieferheilkundeAbteilung für Zahnerhaltungskundeund ParodontologieAßmannshauser Str. 4-6D-14197 Berlinjoern.noetzel@charite.dewww.kons-paro.charite.de