Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
„Die Zitrone ist ausgequetscht, ... das Sparen ist ausgereizt.“ Dieses Zitat stammt von Horst Seehofer. Was Bayerns Ministerpräsident vor zwölf Jahren als damaliger Bundesgesundheitsminister über das deutsche Gesundheitswesen äußerte, dürfte gegenwärtig in der Politik nur noch wenige interessieren – ihn selbst eingeschlossen.
Zur Zeit bewegt ganz anderes: Europas Nationen, allen voran Griechenland, kämpfen gegen den finanziellen Untergang. Der Euro, lange Zeit das Symbol einer starken Währungsunion, wackelt auf historischem Niedrigniveau, der Bundesfinanzminister diktiert seinen Ressortkollegen Pauschalsparsummen, die nur noch eins signalisieren: Das Geld ist alle.
Der mit dem Ziel, liberales Gedankengut in ein System einzubringen, das Nachhaltigkeit äußerst dringend benötigt, angetretene Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler stemmt sich nach wie vor gegen die Versuche, das Projekt Gesundheitsprämie vom Tisch zu wischen. Auch wenn er auf dem Deutschen Ärztetag in Dresden keinen Zweifel an der Knappheit der Kassen ließ: Rösler scheint zutiefst überzeugt, dass ohne diese Prämie – und sei sie auch noch so klein – das Finanzierungsproblem der gesetzlichen Krankenversicherung nicht lösbar ist. Er will den Hebel umstellen, und sei es auch nur als symbolischer Akt für mehr Nachhaltigkeit.
Aufgabe der Heilberufe kann in diesem Zusammenhang nur sein, – und das wurde auf dem Deutschen Ärztetag ja auch getan – die spezifischen Probleme des „Sub-Systems“ Gesundheitswesen aufzuzeigen. Die aktuellen Debatten, ob um eine Priorisierung medizinischer Leistungen, ob zur Über-/ Unterversorgung von Stadt und Land, ob zur wachsenden Schere zwischen ärztlichem Können und dessen Finanzierbarkeit, zeigen auf, wie gefährlich es für die Menschen auf Dauer wird, wenn die Unterfinanzierung des Systems nicht ausgebremst wird. Es geht nicht nur um den Vorwurf einer Zwei- oder Mehrklassenmedizin und das schon jetzt absehbare Minus der gesetzlichen Krankenversicherung im kommenden Jahr. Es geht um den Fortbestand einer humanen Gesundheitsversorgung im Deutschland der kommenden Jahrzehnte. Wer meint, das mit Minderfinanzierung regeln zu können, handelt mit – noch dazu ausgequetschten – Zitronen.
Mit freundlichem Gruß
Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur