Kühlen Kopf bewahren
Die Griechen brauchen Hilfe. Jeder kann sein Scherflein dazu beitragen. Deutsche Steuerzahler werden es zwangsweise tun, wenn die Griechen die Kredite nicht zurückzahlen können. Wer mehr geben will, kauft bei der Financial Times Deutschland ein meerblaues T-Shirt mit der Aufschrift „Hellas Angel“. Fünf Euro vom Kaufpreis überweist das Blatt nach Athen. Das Konkurrenz- Organ Handelsblatt forderte am 3. Mai ebenfalls zur Solidarität mit den Hellenen auf und bat seine Leser: „Liebe Leser, kauft griechische Anleihen!“ Unterstützt wurde das Fachblatt dabei von RWE-Vorstandchef Dr. Jürgen Großmann, dem ehemaligen Bundesfinanzminister Hans Eichel und Werder-Bremen-Aufsichtsrat Willi Lemke. Das Echo war riesig, die Meinungen geteilt. Die Zocker griffen zum Telefon, um ihre Order an die Bank los zu werden, die Vorsichtigen schüttelten mit dem Kopf.
Zu diesem Zeitpunkt rentierten griechische Papiere mit einer Laufzeit von eineinhalb Jahren mit neun Prozent. Andreas Beck, Geschäftsführer des Instituts für Vermögensaufbau in München, sah in diesem Angebot auch eine gute Chance für private Anleger: „Diese kurz laufenden Papiere waren auch für private Anleger sehr attraktiv.“ Institutionelle Anleger wie Pensionsfonds dürfen sie aufgrund des schlechten Ratings nicht kaufen, weil die amerikanische Rating-Agentur Standard & Poor’s die Papiere auf den Non-Investment-Grade BB heruntergestuft hatte. „Allerdings“, schränkt Beck seine Empfehlung ein, „verfügen private Anleger in der Regel nicht über die notwendigen Informationen, die Voraussetzung für ein Engagement in Anleihen sind. Der Markt ist sehr kompliziert.“ Nur Eingeweihte finden sich dort zurecht.
Sparmaßnahmen wegen hoher Verschuldungsgrade
Gelegenheiten zum Zocken wird es in diesem Jahr wahrscheinlich noch reichlich geben. Dafür werden die Märkte sorgen. Kehrt jetzt dank der finanziellen Unterstützung der EU und des Internationalen Währungsfonds Ruhe bei den Griechen ein und sinken die Zinsen, zu denen die Hellenen am Markt Geld aufnehmen können, werden sich die Finanzakrobaten auf die nächsten Kandidaten wie Spanien und Portugal stürzen. Bislang haben allerdings beide Länder noch keinen Finanzierungsbedarf angemeldet. Sollte es jedoch dazu kommen, muss die EU mit weitaus größeren Problemen fertig werden als bei Griechenland. Bereits drastische Sparmaßnahmen beschlossen hat Irland, das ebenfalls zu den PIIGS-Staaten (Portugal, Irland, Italien, Griechenland, Spanien) gehört. Außerhalb der Euro-Zone beeinflusst Großbritannien als wichtiges EU-Mitglied die Finanzmärkte entscheidend. Die Verschuldung auf der Insel wächst rasant. Welche Maßnahmen die am 6. Mai gewählte neue Regierung ergreifen wird, wird sich zeigen. Nicht zuletzt sorgt die gigantische Verschuldung des amerikanischen Staatshaushalts für weltweite Besorgnis. Noch kaufen vor allem die Chinesen US-Staatsanleihen, die immer noch mit AAA benotet sind.
Zweifler gehen davon aus, dass die Ratingagenturen sich an eine Neubewertung nicht trauen, weil eine Abstufung dramatische Auswirkungen auf das gesamte Wirtschaftsgefüge hätte.
Explodierende Kreditaufnahmen
Noch schlechter sieht die Bilanz der Japaner aus. Dort beträgt die Verschuldung inzwischen das Doppelte der jährlichen Wirtschaftsleistung. Dagegen wirken die deutschen Zahlen moderat. Waren es im letzten Jahr noch 3,2 Prozent, werden es in 2010 wohl 5,5 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung.
Anleger, die nicht darauf vertrauen wollen, dass die EU-Mitglieder auf Dauer in der Lage sein werden, ihren Not leidenden Partnern unter die Arme greifen zu können, verzichten auf Länderanleihen. Andreas Beck meint, dass die große Zeit der Länderanleihen vorbei ist. Dank der Finanzkrise haben sich auch Staaten wie Deutschland hoch verschuldet. Ein Konzept, wie die Berliner Regierung Schulden in Höhe von insgesamt 1,7 Billionen Euro abbauen will, gibt es nicht. Die Rede ist nur von einem Stopp der Neuverschuldung. Ex-Finanzminister Peer Steinbrück hatte es beinahe geschafft, hätte ihm die Krise nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht. Seitdem explodiert die Kreditaufnahme.
Dass Deutschland sich noch einer guten Bonität erfreut, liegt an der vergleichsweise stabilen Wirtschaft. Dazu Beck: „Die Bonität eines Staates basiert auf seinem Steuermonopol. Darüber partizipiert er an der privaten Wirtschaft. Sie gibt dem Staat die Möglichkeit der Refinanzierung.“
Attraktive Zinsen bei Festgeldkonten
Die derzeitigen Wirtschaftsdaten sprechen also für ein Halten der Bundesanleihen. Für einen Neukauf eignen sich Papiere mit einer Laufzeit von bis zu zwei Jahren. Sie rentieren derzeit mit 0,8 Prozent – weniger als die Inflationsrate. Diese liegt bei 1,1 Prozent. Das Verhältnis kann sich umkehren, wenn Deutschland gezwungen wird, noch mehr Stützungsmaßnahmen für Partnerstaaten zu finanzieren. Dann werden sich die Käufer von Bundesanleihen nicht mehr mit den niedrigen Konditionen zufrieden geben. Wer bereits kleine Positionen von Länderanleihen der PIIGS-Staaten in seinem Depot hat, kann erst einmal abwarten. Erst wenn die Situation sich verschlechtert, raten Experten zum Verkauf.
Die meisten privaten Anleger halten keine einzelnen Anleihen, sondern Anteile an Rentenfonds. Wie hoch die darin enthaltenen Risiken sind, zeigt ein Blick in den Jahresbericht der Fonds. Besitzen sie griechische Anleihen, können die Manager gezwungen sein, die Papiere zu verkaufen, wenn die Fonds-Vorgaben ein Non-Investment-Rating wie die Note BB nicht erlauben. Generell aber laden die derzeit sehr niedrigen Zinsen nicht zu einer längerfristigen Investition in festverzinsliche Wertpapiere mit langen Laufzeiten ein. Da lohnt es sich eher, das Geld vorübergehend auf einem Festgeld- oder Tagesgeldkonto zu parken. Manche Institute locken mit attraktiven Zinsen. So bietet zum Beispiel Oyak Anker, Mitglied im Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken, für Tagesgeld 1,75 Prozent. Stolze 2 Prozent schreibt die ING-Diba ihren Neukunden gut, Altkunden müssen sich mit 1,5 Prozent begnügen. Zinsexperten wie Horst Biallo von Biallo.de und Max Herbst von fmh rechnen nicht vor dem Winter mit anziehenden Zinsen. Dann allerdings auch mit einer steigenden Inflationsrate.
So mancher Anleger fürchtet sich nicht nur vor der Überschuldung, sondern vor allem vor anziehenden Verbraucherpreisen als einer möglichen Folge. Er möchte seine Spargroschen vor dem Wertverfall schützen. Infrage kommen für ihn vor allem Sachwerte. Dazu gehören in gewissem Sinn auch Aktien von erstklassigen Unternehmen wie zum Beispiel Bayer, Deutsche Telekom oder Siemens. Auf Bank- und Versicherungsaktien sollten Investoren wegen der unbekannten Länderengagements verzichten. Besser streuen lassen sich Risiken mit weltweit investierenden Aktienfonds.
Zu den beliebtesten Sicherheitswerten zählen Immobilien. Die Konditionen sind derzeit so günstig wie selten. Die Preise für das steinerne Investment bewegen sich auch für gute Objekte in realistischen Regionen. Zahnärzte, die mit einem Haus für Wohnung und Praxis liebäugeln oder mit dem Gedanken an ein Mietobjekt spielen, sollten die Gunst der Stunde nutzen. Die Zinsen für Hypotheken liegen nahe den historischen Tiefstständen, so dass Bauherren sich jetzt langfristige Kredite sichern sollten. Laut dem Biallo-Index Baufinanzierung kosten Immobilienkredite mit 20 Jahren Laufzeit nur noch 4,28 Prozent – zwei Prozentpunkte weniger als vor zehn Jahren.
Wie immer in Krisenzeiten hebt der Goldpreis ab. Dieses Mal dauert sein Höhenflug – mit einigen Zwischentiefs – schon zehn Jahre. Rangierte er Anfang 2000 unter 300 Dollar je Feinunze, liegt er zurzeit (Anfang Mai) mit 1 190 Dollar auf dem neuen Höchststand. Eugen Weinberg, Rohstoffexperte bei der Commerzbank, rechnet mit weiteren Steigerungen. Viele Berater empfehlen deshalb den Kauf des gelben Metalls, um sich vor Inflation und Staatspleiten zu schützen. Finanzexperte Andreas Beck hält von diesem Rat nichts: „Meiner Meinung nach liegt der realistische Wert für eine Unze Gold bei 300 Dollar, der Rest ist Spekulation. Die Leute kaufen Gold, obwohl sie es nicht brauchen. Das ist ein sich selbst bestätigender Prozess – typisch für eine Blase.“ Und Blasen platzen irgendwann.
Portfolio möglichst breit streuen
Verbraucherschützer Niels Nauhauser rät dazu, nur einen kleinen Teil des Vermögens zur eigenen Beruhigung in Gold zu investieren und den Rest möglichst breit zu streuen. Diversifizierung lautet das Rezept für ein krisensicheres Depot. Der größte Teil des Vermögens gehört in sichere Anlagen für die Altersvorsorge, auch wenn die Zinsen derzeit nicht sehr attraktiv sind. Für Anschaffungen und plötzliche Ausgaben steht etwa das Zwei- bis Dreifache des Monatseinkommens auf dem Tagesgeldkonto zur Verfügung. Ein kleiner Teil fließt in hoch rentierliche Investitionen. „Ein optimales Portfolio ist eine ausbalancierte Einheit, die gleichermaßen Chancen und Absicherung bietet“, beschreibt Nobelpreisträger Harry Markowitz seine Portfoliotheorie von 1952. Sie bewährt sich noch heute.
Marlene Endruweitm.endruweit@netcologne.de