PKV – ab in die Irre?
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
wie tickt eigentlich die PKV? Wohin geht ihre strategische Ausrichtung: weiterhin zur Vollversicherung im doch bis dato immer als „bewährt“ erklärten dualen System – also hier PKV und dort GKV? Oder liegen die künftig höheren Renditen der Versicherungs-Aktien(!!)-Gesellschaften im bisher eher schnöden Zusatzversicherungsgeschäft?
Gut möglich, dass die Herren in den Top-Etagen der Top-Krankenversicherer sich selbst noch nicht einig sind. Gut möglich, dass der Vorsitzende des PKV- Verbands, Volker Leienbach, diese Richtungsleere nun selbst beackern will.
Manche im Wortsinn „Merkposten“ der letzten Monate zeichnen ein Bild der PKV, das zunehmend die Nähe der GKV sucht, die Ziele der GKV übernimmt und die Positionen der GKV zu eigenen modelliert.
Da gibt es den „ständigen Beobachter“ der PKV beim G-BA, dem obersten Steuerungsorgan unserer Gesetzlichen Krankenversicherung, der gern um seine Meinung und damit um die Haltung seines Dienstherrn gefragt sein will (und wird). Da gibt es die Forderungen der PKV an die Politik, nicht nur bei den anstehenden geplanten Einsparungen im Arzneimittelbereich auch mit einbezogen zu werden.
Da gibt es ganz besonders die vehemente Forderung nach einer Öffnungsklausel bei den anstehenden Novellierungen von GOZ und GOÄ, um – so Leienbach – endlich auch „über Preise, Menge und Qualität“ mit uns Ärzten und Zahnärzten „verhandeln“ zu können (das PKV-Budget lässt grüßen!).
Und schließlich und wohl nicht zuletzt holt die PKV die Keule beim auszugestaltenden Basistarif heraus. Verbunden und verbündet mit den Beihilfefinanzierern aus Bund und Ländern wird die PKV ultimativ: Sie will eine Absenkung der Vergütung für zahnärztliche Leistungen deutlich unter den bisherigen, gesetzlich vorgesehenen zweifachen GOZ-Satz.
Bei der Ärzteschaft hat man das schon durchgezogen. Die rechtlich fragwürdige disparitätische Besetzung in einem möglichen Basistarif-Schiedsverfahren (eine Erblast aus Ulla Schmidts Zeiten) ist der PKV heute höchst willkommen. Den Vertretern der KZBV (beziehungsweise KBV) stehen PKV und Beihilfeträger gegenüber, hinzu kommen BMF und BMG und drei Unparteiische.
Nur vordergründig geht es der PKV dabei um eine für sie kostengünstige Regelung für die ja nur vergleichsweise kleine Zahl der Basistarifversicherten. Vielmehr will sie mit der angestrebten Absenkung die Wert-Relation von GOZ und BEMA neu justieren. Erwartete Ausgabensteigerungen bei einer im Punktwert erhöhten neuen GOZ wären aufgefangen – die Zahnärzteschaft hätte es letztlich selbst finanziert.
Kein Wunder, dass sich mittlerweile Ärzte und Zahnärzte in die Rolle des billigen Jakobs, ja gar des nützlichen Idioten gedrängt fühlen. Die Politik weiß mittlerweile, dass das Vertrauensverhältnis von Ärzten und Zahnärzten zur PKV so gestört ist, dass sie keine Aufgaben zur gemeinsamen Abwicklung und Problemlösung mehr zu übertragen braucht.
Bei der PKV offenbar vergessen oder verdrängt: Zu Zeiten der Großen Koalition klingelten im BMG schon die Sterbensglöcklein der PKV. Wir sogenannten Leistungserbringer waren seinerzeit willkommene (und gesuchte) Helfer zur existenziellen Atemspende. Diese hat auch dazu beigetragen, dass es die PKV-Vollversicherung, den dualen Weg in unserem Gesundheitssystem, noch gibt und dass die PKV wieder zu Kräften kam. Heute steht die PKV – frisch aus der Mucki-Bude – als muskelspielender Türsteher vor dem GKV-System.
Es ist schon paradox: die dem PKV-Aktionär verpflichtete Renditegier übernimmt die Geschäftsphilosophie der solidarisch finanzierten GKV. Durchökonomisiert und bematisiert mutiert die PKV zum Raiffeisen-Hedgefonds. Welche Wandlung! Wie tickt die PKV? Nicht richtig!
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Dr. Jürgen FedderwitzVorsitzender der KZBV