Die Mannschaft ist der Star
Dr. Jens Rowold von der Westfälischen Wilhelm-Universität in Münster hat in einer aktuellen Studie verschiedene Führungsstile überprüft. Sein Ergebnis: Arbeitsleistung, Arbeitszufriedenheit und die Bindung der Mitarbeiter an ein Unternehmen sind sehr abhängig vom gelebten Führungsstil. Den größten Erfolg verspricht der Führungsstil, den Rowold als „Austauschbeziehung“ bezeichnet. Die Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter ist dabei gezeichnet von Vertrauen und gegenseitiger Wertschätzung – neben der Motivation durch die Führungskraft die Basis für ein erfolgreiches Team. Hierfür muss die Kommunikation offen und authentisch sein. Zahnarzt und Mitarbeiterin wissen zudem um die jeweiligen Stärken.
Zahnarzt als Allrounder mit Führungsaufgaben
Der langfristige Erfolg im Team beginnt bei der Führungskraft Zahnarzt. Er sollte – so schwierig das auch ist – als Allrounder agieren. Dazu zählt, dass er neben seiner Tätigkeit als Zahnarzt auch Praxismanager ist, der den direkten Patientenkontakt pflegt, seine Mitarbeiter führt sowie Personalentscheidungen trifft. Dies bedingt, dass er sein eigenes Verhalten reflektiert und einen Führungsstil etabliert.
Zentrale Fragen einer solchen Selbstbild-Analyse können beispielsweise sein: „Wer bin ich, was will ich und wie kann ich es erreichen? Welche Mitarbeiter habe ich, wie schätze ich ihr Verhalten ein und wie kann ich das Team optimal aufstellen?“
Bei aller gebotenen Skepsis vor einer fahrlässigen Einengung, aber denkbar wäre etwa, Mitarbeiter grob in Kategorien einzuteilen, die jeweils für einen vorherrschenden Charaktertyp stehen, wie es das sogenannte DISG-Modell (siehe Infokasten) anbietet. Das Modell unterscheidet die vier Verhaltensdimensionen
• D = Dominant• I = Initiativ• S = Stetig• G = Gewissenhaft,
wobei „Mischtypen“ eher die Regel als die Ausnahme sind.
Die vier Verhaltensdimensionen D-I-S-G
• Menschen mit dominantem Verhaltensstil (D) sind motiviert, Probleme zu lösen und schnell Ergebnisse zu erzielen. Sie mögen Herausforderungen und stellen sich schnell auch einer unangenehmen Verantwortung.
• Menschen mit initiativem Verhaltensstil (I) sind motiviert, andere zu überzeugen und zu beeinflussen. Sie sind offen und drücken ihre Gedanken und Gefühle meist optimistisch aus. In der Praxis können Sie Patienten und Kolleginnen unter anderem mit Ihrer kommunikativen Art begeistern.
• Menschen mit stetigem Verhaltensstil (S) sind motiviert, ein berechenbares Umfeld zu schaffen. Sie sind geduldige und gute Zuhörer. Oft wird der Wert dieser „Arbeitsbienen“ erst bemerkt, wenn sie einmal fehlen. Sie werden oft unterschätzt.
• Menschen mit gewissenhaftem Verhaltensstil (G) sind motiviert, hohe Standards zu erreichen. Sie achten auf Präzision und Genauigkeit. Prinzipien, die von diesen Mitarbeitern aufgestellt werden, können fast blind übernommen werden, wenn es auch manchmal „zu viel des Guten“ ist.
Mit dem Bewusstsein um die verschiedenen Verhaltenstypen und ihre spezifischen Merkmale können Zahnärzte im Laufe der Zeit schnell erkennen, welcher Persönlichkeit sie sich gerade gegenübersehen und wie sie ihr eigenes Verhalten bestmöglich auf sie abstimmen. Dieser Lernprozess erfordert, manchmal auch über den eigenen Schatten zu springen und Rückschläge einzustecken. Dennoch empfiehlt sich diese Vorgehensweise, um im Team Vertrauen aufzubauen, die Mitarbeiter zu optimalen Leistungen zu motivieren und Patienten ein wertschätzendes Gefühl vermitteln zu können.
Auch die einzelnen Teammitglieder können anhand des DISG-Modells ihre eigenen Stärken und Schwächen sowie Ziele und Motivationsanreize analysieren und definieren. Mit dem Wissen um die verschiedenen Verhaltenstypen können sie nicht nur sich selber, sondern auch die anderen Teammitglieder besser einschätzen. Weshalb sagt Mitarbeiterin A nicht, was sie wirklich will und schweigt im Teammeeting? Wieso ist Mitarbeiterin B immer so beliebt? Und weshalb macht Mitarbeiterin C so oft „dusselige“ Fehler?
Das Bewusstsein über unterschiedliche Verhaltensstile fördert den respektvollen Umgang miteinander und legt somit den Grundstein für einen vertrauensvollen und reibungslosen Praxisalltag, den man auch im Außenverhältnis gegenüber Patienten spüren kann.
Die richtige Mischung
Es gibt weder den einzig wahren oder richtigen Führungsstil. Noch gibt es die perfekte Mischung von DISG-Persönlichkeiten. In Zahnarztpraxen finden sich häufig alle Typen des DISG-Modells wieder. Zwar können sowohl der Zahnarzt als auch die Mitarbeiter ihr Verhalten ändern und sich in ihren Fähigkeiten weiterbilden, jedoch lässt sich die Persönlichkeit wohl nicht grundlegend ändern. Für den Erfolg der Praxis ist es daher wichtig, die verschiedenen Positionen den einzelnen Persönlichkeiten zuzuweisen.
Der überwiegend dominante Persönlichkeitstyp sucht Herausforderungen und besondere Aufgaben. Er möchte sich messen, seine Ideen in der Praxis umsetzen und entsprechend anerkannt werden. Dominante Mitarbeiter arbeiten häufig für Chefs, die ihnen Freiräume lassen, eventuell auch zum „Laisser-faire“-Führungsstil neigen und die Führung leicht aus der Hand geben.
Initiative Mitarbeiter zeichnen sich durch gute und kreative Ideen aus und streben nach den Positionen mit besonderer Aufmerksamkeit. Sind bei Ihnen dominante oder gewissenhafte Verhaltensstile geringer ausgeprägt, benötigen Sie Unterstützung in der Umsetzung ihrer Ideen.
Stetige Mitarbeiter sind die Vertrauensoasen einer Praxis. Sie werten wenig, sind ausgleichend und haben stets ein offenes Ohr. Die ehemalige Berufsbezeichnung „Helferin“ ist für die stetige Mitarbeiterin ebenso bezeichnend wie jene Beispiele: Die Kollegin muss einen früheren Bus bekommen und ein anderer muss dafür länger arbeiten? Kein Problem, die Stetige springt ein. Wer geht zum ängstlichen oder auch anspruchsvollen Patienten? Logisch! Stetige Mitarbeiter sind zwar eher zurückhaltend und wirken oft schüchtern. Wenn es um bekannte und bewährte Abläufe geht, ist auf die stetige Persönlichkeit als Zahnarzt oder Teammitglied Verlass. Ihr Engagement sollte auch gelobt werden, denn auf ihre Loyalität kann man sich verlassen.
Gewissenhafte Mitarbeiterinnen arbeiten als Qualitätsmanager. Um die hohe Qualität nicht zu gefährden, haben sie wiederkehrende Prinzipien in ihre Arbeitsweise integriert und fordern deren Einhaltung nachdrücklich. Diese Mitarbeiter sind häufig an der Rezeption und in der Verwaltung eingesetzt. Sie wahren die Qualitätsstandards zum Beispiel in der Dokumentation und Abrechnung und sind sehr verlässlich.
Stellen richtig besetzen
Um die Treffsicherheit bei der Personalauswahl zu erhöhen, wenn es um eine Stellen-Neubesetzung geht, bietet es sich an, das DISG-Modell anzuwenden. Möglicherweise kann man so Missverständnisse und teure Fehlbesetzungen im Bewerbungsverfahren verringern. Die Segmentierung der Persönlichkeitsmerkmale ermöglicht dem Zahnarzt, Mitarbeiter einzustellen, die das bestehende Team optimal ergänzen und zur Führungskraft sowie zur offenen Stelle passen.
Wollen Sie frischen Wind in Ihre Praxis bringen und benötigen zur Unterstützung eine Mitarbeiterin die „freundlich Klartext“ mit Patienten und Kolleginnen reden kann, sollten Sie im Bewerbungs- oder auch Referenzgespräch nach dominant-gewissenhaften Verhaltensstilen suchen. Das Stellenprofil lässt sich, auch gemeinsam mit dem Team, klar beschreiben und ermöglicht eine schnelle und effiziente Bewerberauswahl. Ist es beispielsweise wichtig, dass die gesuchte fachärztliche Assistentin hohen Wert auf die präzise Ausführung der Behandlung legt, um gesundheitliche Schäden zu vermeiden, oder ist es wichtiger, dass sie etwa bei der Prophylaxe den Kunden gegenüber auch als gute Beraterin von außervertraglichen Leistungen auftritt? Mit Hilfe des DISG-Modells können speziellen Anforderungen verifiziert werden, so dass die Stellenanzeige optimal formuliert werden kann. Neben den erforderlichen fachlichen Kompetenzen können auch persönliche Stärken abgefragt werden, die über allgemeine „Teamfähigkeit“ und „Selbstständigkeit“ hinausgehen.
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