Zahnärzte setzen weiterhin auf Ausbildung
Es lässt sich aber aus demografischen Gründen auch eine Abnahme von Bewerbern beobachten (- 14 Prozent im Vergleich zu 2008). Diese Entwicklung lässt erkennen, dass ab 2010 ein deutlicher Rückgang bei den Jahrgangszahlen der Jugendlichen, die für die Aus-bildung zur Verfügung stehen, eintreten wird. Die Partner des Nationalen Ausbildungspakts stehen jedoch in diesen auch wirtschaftlich schwierigeren Zeiten zu ihrer Paktzusage, jedem ausbildungswilligen und -fähigen Jugendlichen ein Ausbildungsangebot zu machen.
Die Daten der Bundesagentur für Arbeit zeigen, dass dies gelingt, denn die Paktverpflichtungen wurden im Jahr 2009 mit der Einwerbung von insgesamt 60 000 neuen Ausbildungsplätzen und 37 500 neuen Ausbildungsbetrieben erfüllt. Unter den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen bei den Freien Berufen befinden sich über 6 000 gänzlich neue und damit zusätzliche Ausbildungsplätze in Praxen, Kanzleien und Apotheken, die zuvor nicht ausgebildet haben. Ende September 2009 gab es so, wie im Vorjahr, mehr unbesetzte Berufsausbildungsstellen als unversorgte Bewerber. Das starke Engagement der Paktpartner – die Freien Berufe sind dort aktiv beteiligt – hat sich ausgezahlt.
Kein Einbruch
Das Zwischenergebnis bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen zum 30. September 2009 stellt sich in den zwei großen Wirtschaftsbereichen wie folgt dar: In Industrie und Handel wurden 311 825 Ausbildungsverträge, das sind 9,2 Prozent weniger als im Vorjahr, und im Handwerk 143 121 Ausbildungsverträge abgeschlossen, was einem Rückgang um 6,1Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht.
Bei den Freien Berufen – dem drittgrößten Ausbildungsbereich der deutschen Gesamtwirtschaft – wurden 42 675 Verträge abgeschlossen, ein Minus von 2,9 Prozent im Vergleich zu 2008. Dabei fällt der Rückgang in den neuen Bundesländern etwas geringer aus als in den alten Bundesländern. Somit haben die Freien Berufe ihr Vorjahresergebnis mit Stabilität gehalten. Es bestätigt sich aber auch der Trend, dass neben der allgemeinen Wirtschaftskrise bei den Freien Berufen die demografische Entwicklung der Schulabgängerzahlen ursächlich für die seit Jahren rückläufige Entwicklung der Ausbildungsverträge ist. „Viele der angebotenen Ausbildungsstellen bleiben unbesetzt, da es an Bewerbern im Allgemeinen und an qualifizierten Bewerbern im Besonderen fehlt“, so Dr. Michael Sereny, Präsident der ZÄK Niedersachsen und für zahnärztliche Mitarbeiterinnen zuständiges Vorstandsmitglied der BZÄK sowie Mitglied des Beirats zur Begleitung des Bundesverbands der Freien Berufe am Nationalen Ausbildungspakt.
Die Zahl von neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen für Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA) ist 2009 im Vergleich zum Vorjahr leicht zurückgegangen (siehe Abbildung). So wurden bundesweit zum 30. September 2009 insgesamt 11 631 Ausbildungsverträge für ZFA neu abgeschlossen (ABL: 10 324; NBL: 1 307). Gegenüber dem Vorjahr haben die Ausbildungszahlen damit im Durchschnitt um 1,37 Prozentpunkte abgenommen (ABL: –1,69 Prozent; NBL: +1,37 Prozent). Ausgehend von einer geringen Grundgesamtheit ist in den neuen Bundesländern damit eine moderate Zunahme der Ausbildungsleistung zu erkennen.
Die Zahlen der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge variieren in den einzelnen Kammerbereichen um den Durchschnittswert. Stabile Werte finden sich unter anderem in Niedersachsen, Brandenburg, Sachsen und dem Saarland. Zugewinne gab es in Thüringen, Berlin, Hamburg, Bayern und Schleswig-Holstein. Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Bremen und Rheinland-Pfalz und weitere Regionen hatten hingegen Verluste zu verzeichnen (siehe Tabelle).
Die Freien Berufe, hier vor allem die Zahnärzte, haben unter Integrationsgesichtspunkten im Vergleich aller Ausbildungsbereiche den höchsten Anteil von Lehrlingen mit Migrationshintergrund. In den Berufen Zahnmedizinische Fachangestellte und Medizinische Fachangestellte liegen die Aus-länderanteile deutlich höher (über neun Prozent) als im Durchschnitt aller Ausbildungsberufe (fünf Prozent). Zudem werden Lehrstellen in den Freien Berufen zu weit über 90 Prozent mit Frauen besetzt. Auch sind Lehrlinge, die in Freien Berufen gelernt haben, anschließend weniger stark von Arbeitslosigkeit betroffen als in anderen Branchen.
Umdenken erforderlich
„Ich beobachte seit Längerem, wie sich unser Gesundheitswesen in ein mehr und mehr staatlich reguliertes System verwandelt, in dem die freiberufliche Berufsausübung zunehmend eingeschränkt, wenn nicht gar abgeschafft werden soll“, erklärt der für den Bereich Ausbildung zuständige Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, Dr. Dietmar Oesterreich. So sei auch infolge der Gesundheitspolitik der letzten Jahre die Ausbildungsleistung der Praxen zurückgegangen. Die politische und unternehmerische Verantwortung der zahnärztlichen Kolleginnen und Kollegen, sich für die Ausbildung einzusetzen, wurde durch Interventionen des Staates in die Wirtschaftsabläufe der Zahnarztpraxen politisch und wirtschaftlich behindert. Die so geschaffenen Unsicherheiten aufgrund möglicher negativer Auswirkungen politischer Entscheidungen auf den Betrieb, Beispiele sind der Gesundheitsfonds sowie die Behandlungspflicht zu festen, reduzierten privaten Gebührensätzen im Basistarif der PKV, lassen Praxen im Bereich Ausbildung verhalten reagieren. Oesterreich führt aus, dass „die Wahlentscheidung am 27. September für eine CDU/CSU- und FDP-Regierung deshalb eine wichtige Weichenstellung in der Gesundheitspolitik bedeutet. Der Trend zur Verstaatlichung der ambulanten Patientenversorgung scheint durch diesen Richtungswechsel gebrochen. Wir erwarten nun für die Zahnarztpraxen eine Entlastung von bürokratischen Eingriffen, die längst überfällige Anhebung der Honorare von Ost- auf Westniveau, die Abschaffung der Budgets sowie eine leistungsgerechte zukunftsorientierte Honorierung.“
Perspektivisch rückläufige Ausbildungszahlen haben ihren Grund aber auch in der mangelnden Ausbildungsreife der Jugendlichen. Die Praxen können Defizite beim Lesen, Rechnen, Schreiben und in der Sozialkompetenz nicht allein auffangen. Hinzu kommen wahrscheinliche „Fehllenkungen“ der Jugendlichen durch staatliche Programme.
„Ein Fachkräftemangel in unseren Praxen ist also vorprogrammiert, wenn wir nicht schnell handeln“, erklärt Sereny. Um diesem künftigen Fachkräftemangel vorausschauend entgegenzuwirken, folgten deshalb die Delegierten auf der Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer im November 2009 einem Antrag, der den BZÄK-Vorstand auffordert „eine Neuordnung der beruflichen Ausbildung zur Zahnmedizinischen Fachangestellten zu initiieren“.
„Damit werden geeignete Maßnahmen eingeleitet, um einen qualifizierten und am Bedarf der zahnärztlichen Praxen in Deutschland orientierten Mitarbeiterinnen-Nachwuchs zu gewährleisten“, führt Sereny weiter aus. So werden auch in Zukunft die mehr als 55 000 niedergelassenen Zahnärzte ein fester Bestandteil des wirtschaftlichen Mittelstands in Deutschland und der viertgrößte Arbeitgeber im Gesundheits-wesen bleiben. Schon heute sind sie Arbeitgeber für rund 326 000 Menschen und mit einem Anteil von über 80 Prozent einer der wichtigsten für Frauen in Deutschland. Zahnarztpraxen sollen auch zukünftig nach wie vor ein bedeutender Arbeitsplatzgarant und ein Motor der beruflichen Ausbildung in Deutschland bleiben.
Dr. Sebastian ZillerLeiter der Abt. Prävention und Gesundheitsförderung der BZÄKChausseestrasse 1310115 Berlin
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2008 (N)
2009 (N)
Prozentuale Veränderung zum Vorjahr (%)
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Bundesländer (Kammerbereiche)
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Baden-Württemberg
1 690
1 599
–5,38
\n
Freiburg
363
355
–2,20
\n
Karlsruhe
428
385
–10,05
\n
Stuttgart
584
599
2,57
\n
Tübingen
315
260
–17,46
\n
Bayern
2 293
2 394
4,40
\n
Berlin
456
506
10,96
\n
Brandenburg
165
165
0,00
\n
Bremen
142
130
–8,45
\n
Hamburg
277
311
12,27
\n
Hessen
919
875
–4,79
\n
Mecklenburg-Vorp.
149
110
–26,17
\n
Niedersachsen
1 178
1 168
–0,85
\n
Nordrhein-Westfalen
2 903
2 755
–5,10
\n
Nordrhein
1 514
1 487
–1,78
\n
Westfalen-Lippe
1 389
1 268
–8,71
\n
Rheinland-Pfalz
539
501
–7,05
\n
Koblenz
215
179
–16,74
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Pfalz
173
188
8,67
\n
Rheinhessen
89
73
–17,98
\n
Trier
62
61
–1,61
\n
Saarland
116
114
–1,72
\n
Sachsen
271
273
0,74
\n
Sachsen-Anhalt
152
116
–23,68
\n
Schleswig-Holstein
445
477
7,19
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Thüringen
97
137
41,24
\n
Gesamt:
11 792
11 631
–1,37
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