Hepatitis C in der Zahnmedizin
In den USA infizieren sich jährlich 20 000 Menschen mit dem Hepatitis-C-Virus. Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation sind es weltweit 170 Millionen Menschen pro Jahr. Die akute Infektion mit HCV verläuft meist unspezifisch mit Fieber und reduziertem Allgemeinbefinden. Bei jedem vierten Patienten tritt ein Ikterus auf. In 80 Prozent der Fälle geht die akute Infektion in einen chronischen Zustand über; Leberzirrhose und Leberzellkarzinome können die Folge sein. Spontane Heilungen sind selten. Die antivirale Therapie mit Interferon-alpha und immunmodulierenden Medikamenten (Ribavirin) ist teuer und nur bedingt effektiv. Kombinationstherapien versprechen eine Heilung lediglich in bis zu 50 Prozent der Fälle. Der Hauptinfektionsweg erfolgt über kontaminiertes Blut. Bei 40 Prozent der Infizierten ist die Ursache jedoch unbekannt. Daher werden auch andere Infektionswege vermutet. Die Infektion mittels Speichel wird hierbei kontrovers diskutiert. Bekannt ist, dass das Virus durch Bissverletzungen und bei Primaten durch Speichelkontakt übertragen werden kann. Personen, die im Gesundheitswesen arbeiten, sind durch den alltäglichen Umgang mit Körperflüssigkeiten und das bestehende Verletzungsrisiko durch Nadeln oder andere scharfe, kontaminierte Instrumente einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt. Die vorliegende Studie aus Tel Aviv untersuchte die serologische Epidemiologie der HCV-Antikörper bei Zahnärzten und die Auswirkung von Maßnahmen zum Infektionsschutz in der täglichen Behandlungspraxis.
An der Studie nahmen 301 Zahnärzte teil. In den nach Ermessen der Teilnehmer ausgefüllten Fragebögen wurden demografische Eigenschaften sowie Risikofaktoren evaluiert. Außerdem wurden Angaben über die zahnmedizinische Berufsausübung und über die Verwendung von Schutzkleidung und Hygienemaßnahmen (Handschuhe/Schutzbrille / Kittel / Sterilisation) abgefragt. Bei jedem Teilnehmer wurden acht Milliliter venöses Blut entnommen. Der Nachweis von HCV-Antikörpern fand mit Hilfe eines enzymgekoppelten Immunadsorptionstests statt. Bei positiven Seren wurde zur Absicherung des Ergebnisses ein weiterer enzymgekoppelter Immunadsorptionstest durchgeführt.
66,4 Prozent der 301 Studienteilnehmer waren Männer, 23 Prozent waren Spezialisten unterschiedlicher Fachrichtungen, 113 emigrierten bereits vor 1985 nach Israel, 133 machten ihr Examen vor 1985. (1986 wurden erstmals Richtlinien zum Thema Infektionsschutz veröffentlicht.) Die Teilnehmer gaben folgende Risikofaktoren für eine HCV-Infektion an: Bei 59,1 Prozent wurde in der Vergangenheit ein operativer Eingriff vorgenommen, 83,1 Prozent gaben an, regelmäßig zahnmedizinischoperative Eingriffe durchzuführen und 52,6 Prozent hatten im Vorfeld HCV-infizierte Patienten behandelt. Die Befragung ergab, dass Zahnärzte, die in Asien oder in Ost-Europa ihre Approbation erworben hatten, regelmäßiger einen Mund- und Nasenschutz trugen als Zahnärzte aus den USA, Israel oder West-Europa. Bei anderen Schutz- und Hygienemaßnahmen bestanden statistisch keine Unterschiede. 99,3 Prozent der Befragten gaben an, während der Behandlung Handschuhe zu tragen. Die Häufigkeit des Tragens von Mundschutz und Kittel lag bei Zahnärzten, die vor 1985 ihre Approbation erhalten hatten, bei der Befragung weit unter dem Durchschnitt. Zwei Proben mussten auf Grund von technischen Fehlern bei der Bewertung ausgeschlossen werden. Eine Blutprobe war HCV-Antikörper-positiv. Der seropositive Zahnarzt war drogenabhängig (i.v.). Er behandelte bis zu 70 Prozent Emigranten, von denen einige Hepatitis-C-positiv waren und gab an, des Öfteren subkutane Verletzungen erlitten zu haben. Die Infektion war ihm zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt. Operative Eingriffe und das Arbeiten mit Kindern oder in öffentlichen Kliniken zeigten in dieser Studie keinen Einfluss auf das Risiko, sich mit dem HCV zu infizieren.
Das Wissen über auf dem Blutweg übertragene Infektionen hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Dies führte zu einem erhöhten Einsatz von Schutzbekleidung und Hygienemaßnahmen am Arbeitsplatz. Dadurch lassen sich Studienergebnisse erklären, die feststellen, dass Zahnärzte, welche einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, bei Beachtung der Präventionsmaßnahmen seltener eine HCV-Infektionentwickeln als die Allgemeinbevölkerung. Daher gibt die Tatsache, dass nicht alle Studienteilnehmer angaben, regelmäßig Handschuhe, Kittel, Mund- und Nasenschutz zu tragen, Anlass zur Sorge. Entscheidend für die Risikominimierung ist nicht zuletzt auch die den heutigen Ansprüchen genügende Sterilisation und Desinfektion der Instrumente. Um eine Übertragung des HCV und anderer Infektionskrankheiten zu vermeiden, müssen die Richtlinien zum Infektionsschutz streng befolgt werden.
Quelle: Ashkenazi M., Fisher N., Levin L., Littner M.M. Seroepidemiologigy of hepatitis C antibodies among dentists and their self-reported use of infection control measures. Community Dent Health 2009; 26: 99-103.