Erfolgreiche Personalauswahl in der Zahnarztpraxis

Effizient – bedarfsorientiert – nachhaltig

sg
Bei der Auswahl ihres Praxispersonals können sich Praxisinhaber nur selten um langwierige Auswahlverfahren und zeitaufwändige Bewerbungsgespräche kümmern. So treffen sie ihre Personalentscheidungen oft aus dem Bauch heraus. Langfristig gesehen verschwenden sie damit Mühe, Zeit und Geld, weil das Ergebnis allenfalls dazu taugt, kurzfristige Engpässe zu überbrücken. Sinnvoller ist ein klares, auf nachhaltige Lösungen ausgerichtetes Konzept, das alle Komponenten der Personalsuche auf die Bedürfnisse der Praxis abstimmt.

1. Das Anforderungsprofil

Ganz gleich, ob das Team umbesetzt oder vergrößert werden soll – um eine erfolgreiche Personalauswahl durchzuführen, ist neben einer guten Vorbereitung vor allem eine klare und strukturierte Vorgehensweise wichtig. Es ist zunächst zu fragen: Wie sollte das Idealbild der zukünftigen Mitarbeiterin aussehen? Die Beantwortung dieser Frage geht selbstverständlich weit über die gängige Definition einer Berufsbezeichnung wie „Zahnarzthelferin“ hinaus. Dazu sollten in einem ersten Schritt detailliert die Anforderungen, die das Stellenprofil aufweisen soll, festgelegt werden. Danach werden dann die spezifischen Fähigkeiten bestimmt, die die neue Mitarbeiterin in jedem Fall benötigt, um den zukünftigen Aufgaben gerecht werden zu können. Eine Konzentration auf Verhaltensweisen, die man beobachten und überprüfen kann, empfiehlt sich.

Eine solche Vorgehensweise erleichtert später die Beurteilung der Bewerberinnen.

2. Die besondere Anzeige

Eine hoch motivierte Fachkraft antwortet in der Regel nicht auf eine standardisierte Stellenanzeige. Deshalb ist darauf zu achten, dass alle relevanten Anforderungskriterien in der Anzeige genau und unmissverständlich aufgelistet sind. Zusätzlich kann das Inserat im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten auch dazu genutzt werden, um auf die Besonderheiten der Praxis einzugehen, Spezialisierungen hervorzuheben, das Team kurz vorzustellen oder die besondere Lage der Praxis zu beschreiben. Eine Stellenanzeige, die auf professionelle Weise die Praxis, die vakante Stelle und die Bewerberin anspricht, wird auch ihr Ziel erreichen: Es werden sich vor allem qualifizierte Kandidatinnen bewerben.

3. Die eingegangenen Unterlagen

Was vielen nicht bewusst ist: Der Auswahlprozess beginnt schon mit dem Öffnen des Umschlags und der ersten oberflächlichen Sichtung der eingegangenen Bewerbungsunterlagen. Die Qualität und äußere Beschaffenheit des eingesandten Materials gibt bereits erste Hinweise auf die Persönlichkeit der Bewerberin: Wurde auf äußere Präzision, Übersichtlichkeit und Sauberkeit geachtet? Ist die Mappe schlicht oder überladen? Wie wurden die Dokumente angeordnet? Der erste bewusste Blick fällt meist auf das Foto, durch das eine „kommunikative“ Verbindung zwischen der abgebildeten Person und dem Betrachter hergestellt wird und das nicht selten unbewusste Ablehnungs- oder Zustimmungsprozesse in Gang setzt. Aber Vorsicht: Hier sollte man nicht zu schnell urteilen, sondern sich stattdessen lieber mit den objektiv überprüfbaren Daten befassen.

• Das Anschreiben

Besondere Aufmerksamkeit sollte dem Anschreiben gewidmet werden. Sind die Formulierungen dynamisch, kurz, informativ? Handelt es sich um ein Standard- Anschreiben oder antwortet die Bewerberin individuell und gezielt auf Ihre Stellenanzeige? Geht die Bewerberin aktiv auf ihre Fähigkeiten ein und stellt sie verständlich den Nutzen heraus, den sie durch ihre Mitarbeit für die Praxis hat?

• Der Lebenslauf

Welche Informationen können dem Lebenslauf entnommen werden? Ist er übersichtlich, ordentlich, gewissenhaft strukturiert? Hier können Parallelen zur Arbeitsweise der Bewerberin gezogen werden. Was sagt der Lebenslauf über den beruflichen und persönlichen Werdegang der Bewerberin, ihre Vorerfahrungen und die Häufigkeit ihrer Arbeitsplatzwechsel aus?

• Die Arbeitszeugnisse

Was sagen die Arbeitszeugnisse über die Bewerberin aus? Belegen sie die im Lebenslauf angeführten Angaben? In welchen Bereichen hat die Bewerberin bisher gearbeitet? Wie wurden ihre Leistungen von ihren bisherigen Arbeitgebern beurteilt? Da hier allerdings oft „versteckte Formulierungen“ über die Qualität der geleisteten Arbeit benutzt werden, sollte dieser nur schwer überprüfbaren Bewertung nicht zu viel Gewicht beigemessen werden. Konzentration verdienen eher die hervorgehobenen Eigenschaften. Sind diese mit dem Profil der zu besetzenden Position identisch oder nicht?

Fragen, die sich während der Durchsicht der Unterlagen ergeben, sollten umgehend notiert werden, um sie im persönlichen Gespräch zu klären.

4. Klassifizierung der Bewerber

Als nächster Schritt sollten die Kandidatinnen nach Eignung für die zu besetzende Position klassifiziert werden. Hier empfiehlt sich die ABC-Klassifizierung: Nur die interessantesten Bewerberinnen (A) kommen sofort in die nächste Runde, andere (B) werden für eine eventuelle spätere Berücksichtigung erst einmal behalten, C-Bewerbungen gehen sofort zurück.

5. Das erste Telefonat

Mit den A-Bewerberinnen, die am besten geeignet scheinen, sollte nun ein intensives telefonisches Vorauswahlgespräch geführt werden. Dieses Telefonat wird einen ersten Eindruck über die Kontaktfähigkeit und die kommunikative Kompetenz der Bewerberin am Telefon vermitteln. In dieser Phase können schon entscheidende Informationen für oder gegen eine Kandidatin sprechen. Nach Abschluss aller geführten Telefonate wird dann mit den aussichtsreichsten Bewerberinnen ein persönlicher Vorstellungstermin vereinbart.

Das Vorstellungsgespräch

Ein gelungenes Bewerbungsgespräch zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass Praxischef und Bewerberin nach dem Gespräch sagen können, ob sie generell an einer künftigen Zusammenarbeit interessiert sind: Die Bewerberin sollte sich ein detailliertes Bild von ihrem zukünftigen Arbeitsplatz gemacht haben, und umgekehrt sollte der Praxischef nun die persönlichen und fachlichen Fähigkeiten der Bewerberin kennen, um so die richtige Entscheidung treffen zu können.

1. Die Vorbereitung

Ein Interview-Leitfaden, mit dessen Hilfe die wichtigsten Stellenanforderungen „abgefragt“ werden können, hilft, mit gezielten Fragen die einzelnen Fähigkeiten bei der Bewerberin zu überprüfen. Vor allem aber sollten vor Gesprächsbeginn folgende Punkte unbedingt verinnerlicht werden:

• Die Bewerberin reden lassen. Das Verhältnis sollte 80:20 sein, das heißt, 80 Prozent der Gesprächsanteile sollte die Bewerberin haben, 20 Prozent der zukünftige Chef.

• Viel fragen! Vor allem offene Fragen, die die Gesprächspartnerin dazu einladen, möglichst viel von sich preiszugeben. Was sind ihre Einstellungen, Wünsche, Erwartungen?

• Erst dann selbst reden, wenn die Bewerberin ihre bisherige berufliche Laufbahn detailliert geschildert hat. Erst dann auch die Anforderungskriterien für die vakante Position nennen – sonst stellt sich die Kandidatin bei ihren Antworten darauf ein.

• Keine inhaltliche Diskussion mit der Bewerberin führen. Neutral bleiben.

• Alle Bewerberinnen anhand desselben Interview-Leitfadens in der gleichen Reihenfolge befragen.

• Kritisch sein, die emotionale Distanz zur Gesprächspartnerin wahren.

• Präzise, unausweichliche Fragen verschaffen einen genauen Eindruck von der zukünftigen Mitarbeiterin. Durch kritische Fragen (wie etwa „Warum sollten wir uns gerade für Sie entscheiden?“) kann die Reaktion der Bewerberin in Grenzsituationen und Stresszuständen getestet werden.

• Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Gesprächsatmosphäre: Die Bewerberin soll sich wohl – und nicht bedroht – fühlen. Daher sollte eine weitestgehend ungezwungene, lockere Stimmung geschaffen werden, die der Bewerberin von Anfang an das Gefühl gibt, willkommen zu sein. Das hat zum einen die Folge, dass sie sich öffnet und ohne Scheu detailliert von sich erzählt. Darüber hinaus wird ein positives Image der Praxis vermittelt, das durch die Bewerberin nach außen wieter getragen wird – unabhängig davon, ob sie als zukünftige Mitarbeiterin in Frage kommt oder nicht.

2. Die zielgerichtete Durchführung

Folgender Gesprächsrahmen hat sich bei der Durchführung von Bewerberinnen-Interviews bewährt:

• Das Warm-up: mit einfachen Fragen, die einen lockeren Einstieg ermöglichen und erst einmal gar nichts mit dem Beruflichen zu tun haben, in das Gespräch starten. (Beispiele: „Haben Sie gut hierher gefunden?“, „Haben Sie ohne Probleme einen Parkplatz bekommen?“ )

• Das fachliche Gespräch kann mit der Bitte begonnen werden, die Bewerberin möge ihren beruflichen Werdegang skizzieren und ihre derzeitige Tätigkeit nach Art und Aufgabengebiet, Entscheidungskompetenz, Verantwortung und konkretem Tagesablauf genau erläutern. Gegebenenfalls kann auch nach dem Grund für den Stellenwechsel gefragt werden.

• Der Interview-Leitfaden dient der Orientierung, mit ihm können die Fähigkeiten der Bewerberin überprüft werden. Ruhig auch nach konkreten schwierigen beruflichen Situationen fragen und wie die Bewerberin in der Vergangenheit damit umgegangen ist.

• Passt die Bewerberin in das vorhandene Team? Hier spielen zum großen Teil auch die persönlichen und beruflichen Ziele der neuen Mitarbeiterin eine entscheidende Rolle, ihr familiärer Hintergrund, ihre Hobbys, die Gehaltsvorstellungen.

• Erst jetzt sollte die Bewerberin genauer über die vakante Position, die eigene Praxis, das Leistungsspektrum, die praxisinternen Besonderheiten, die Unternehmensziele und die Philosophie der Praxis informiert werden.

• Zum Abschluss des Gesprächs sollte eine Vereinbarung getroffen werden. Wer informiert wann die andere Partei? Kommt es auf der Seite der Praxisleitung kurzfristig zu einer Entscheidung oder wird ein erneuter Gesprächstermin anberaumt?

• Achtung: Während des Interviews sollte noch keine Beurteilung vorgenommen werden. Stattdessen sollten lediglich aufmerksam und wertfrei Eindrücke gesammelt werden. Entscheidende Punkte, wichtige Antworten und maßgebliche Ausführungen der Bewerberin werden in Stichworten notiert. Dieses Verfahren bewirkt zum einen, dass unterschiedliche Bewerberinnen sehr gut miteinander verglichen werden können, zum anderen, dass man während der gesamten Auswahlphase ein Höchstmaß an Objektivität bewahrt.

3. Die Auswertung

Nach Beendigung aller Auswahlgespräche sollten nun die persönlichen Notizen herangezogen und durch eine persönliche Bewertung ergänzt werden. Indem man etwa benotet, inwieweit die Fähigkeiten der Bewerberinnen mit dem Anforderungsprofil der Stelle übereinstimmen, kann man schnell die Spreu vom Weizen trennen und objektive Ergebnisse erhalten. Bleiben hier immer noch zwei bis drei Kandidatinnen in der Hauptauswahl, sollten diese Bewerberinnen für eine endgültige Entscheidung noch ein zweites Mal befragt werden – an einem praxisfremden Ort oder via Telefon. Wenn am Ende keine der Bewerberinnen richtig überzeugt hat, kann zur Sicherheit noch eine weitere Anzeige geschalten werden. Das ist in jedem Fall besser, als aus der Not heraus eine Kandidatin einzustellen, hinter der man nicht hundertprozentig steht. Eine auf diesem Wege selbst oder durch einen externen Profi durchgeführte Personalauswahl sorgt für klare, nachvollziehbare Entscheidungen. Sie hilft letztlich, nicht nur Zeit und Geld zu sparen, sondern auch Unzufriedenheit und Unruhen innerhalb des gesamten Praxisteams und der Patientenklientel zu vermeiden.

Werner Gink / Jochen KriensMainzer Str. 57-5955411 Bingen

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