Frühgeburtsrisiko und PAR-Behandlungserfolg
PD Dr. Dr. Christiane Gleissner, Universität Mainz, berichtete auf Anfrage des Dentista Club, zu dessen wissenschaftlichem Beirat sie gehört, über die eindrucksvollen Ergebnisse der Studie [siehe unten], die einen Zusammenhang von Frühgeburtsrisiko und dem Erfolg einer PAR-Therapie nahelegen.
Insgesamt wurden 872 Frauen untersucht, bei 160 Frauen wurde eine Parodontalerkrankung diagnostiziert und mit Scaling sowie Wurzelglättung behandelt. Nach der PAR-Behandlung wurde bei einer erneuten parodontalen Untersuchung das Behandlungsergebnis als „erfolgreich“ oder „nicht erfolgreich“ klassifiziert. Gleissner: „Bei den parodontalgesunden Frauen kam es in 7,2 Prozent der Fälle zu einer Geburt vor der 35. Schwangerschaftswoche, dagegen in 23,4 Prozent der Fälle bei Frauen mit Parodontalerkrankungen.“ Überraschend deutlich waren die Ergebnisse, wenn nach dem Therapieerfolg differenziert wurde. Gleissner: „Bei den Frauen mit erfolgreich behandelter Parodontitis entbanden 45 termingerecht; in vier Fällen kam es zu einer Frühgeburt. Bei den 111 der insgesamt 160 Frauen, die auf die PAR-Therapie schlecht oder nicht ansprachen, endeten 69 Schwangerschaften mit einer Frühgeburt, nur 42 dieser Schwangeren entbanden termingerecht. Wenngleich die Details dieser Untersuchung noch nicht publiziert sind, zeigen diese Daten doch, dass eine frühzeitige umfassende parodontale Betreuung in der Schwangerschaft das Risiko einer Frühgeburt deutlich senken kann.“
Orale Mikroorganismen in der Gebärmutter gefunden
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Studie eines Wissenschaftlerteams aus Ohio [siehe ganz unten]: Entgegen der gängigen Auffassung, intrauterine Infektionen, die zu Frühgeburten führen (können), seien die Folge aufsteigender Infektionen des unteren Genitaltrakts, entdeckte man hier mit verfeinerten Messmethoden orale Bakterienarten bei intrauterinen Infektionen. Gleissner: „Die Autoren gingen nun – im Tierversuch – der Hypothese nach, dass intrauterine Infektionen auch durch die hämatogene Translokation oraler Mikroorganismen von der Mundhöhle zur Gebärmutter verursacht werden können. Dazu wurde trächtigen Mäusen eine geringe Menge Speichel oder mit subgingivaler Plaque von Parodontitispatienten versetzte Kochsalzlösung in eine Schwanzvene injiziert. 24 Stunden nach der Injektion wurde die Plazenta entnommen und untersucht. Dabei wurden in den Plazenten der mit Speichelbakterien infizierten Mäuse vor allem Mischinfektionen durch Neisseria spp., Streptococcus spp. und Veillonella spp. nachgewiesen. Ähnliche Ergebnisse fanden sich bei den Plazenten der mit subgingivalen Bakterien infizierten Mäuse: Hier wurden vor allem Mischinfektionen durch Neisseria spp., Aggregatibacter segnis und Streptococcus spp. nachgewiesen.“ Alle in den Plazenten nachweisbaren Mikroorganismen konnten auch im infektiösen Agens nachgewiesen werden. Gleissner: „Des Weiteren zeigte der Vergleich mit dem Infektionsmaterial eine Anreicherung bestimmter Bakterienarten in der Plazenta, wie für A. segnis oder Peptostreptococcus stomatis, die im Ausgangsmaterial nur in sehr geringer Zahl, in der Plazenta aber in hoher Zahl gefunden wurden. Die Forscher werten dies als Beleg dafür, dass die Mundhöhle eine wesentliche Quelle intrauteriner Infektionen darstellt, der in der bisherigen Ursachenforschung nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet wurde.“ sp/pm
Quelle: Jeffcoat, M., Parry, S., Sammel, M., Macones, G. (2010) Risk of preterm birth is reduced with successful periodontal treatment. AADR Annual Meeting, Washington, DC, March 3–6, 2010, Abstr. # 690, unterhttp://iadr.confex.com/iadr/2010dc/webprogram/Paper127734.html
Quelle: Fardini, Y., Chung, P., Dumm, R., Joshi, N., Han Y.W. (2010) Transmission of diverse oral bacteria to murine placenta: evidence for the oral microbiome as a potential source of intrauterine infection. Infection and Immunity, Apr. 2010: 1789-1796.